Table Of ContentVerlustquellen in der Industrie
von
Prof. Dr. F. Henzel
•
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
ISBN 978-3-663-03174-1 ISBN 978-3-663-04363-8 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04363-8
In das vorliegende Werk "Verlustquellen in der Industrie"
ist "Der Betriebsvergleich"
aus dem Lieferungswerk DIE HANDELSHOCHSCHULE einbezogen.
Copyright by Springer Fachmedien Wiesbaden 1951
Ursprünglich erschienen bei Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1951
Vorwort
Die Lage auf den Weltmärkten stellt unsere durch Kriegs- und Nachkriegs
schäden schwer betroffene Industrie heute vor schwierige Aufgaben. Die Ent
stehung neuer Industrien im Ausland und die starke Entwicklung derjenigen,
die schon vorher bestanden, haben in vielen Fällen zu einer wesentlichen Ver
schärfung der Konkurrenzlage und im Zusammenhang damit zu unzulänglichen
Preisen geführt. Preise hängen aber stets mit Kosten zusammen. Sie bauen auf
diesen auf oder werden doch von ihnen beeinflußt, bzw. finden von der Kosten
seite aus ihre Beurteilung. Und so handelt es sich letzten Endes nicht mehr um
eine Konkurrenz der Preise, sondern um eine solche der Kosten und der Wirt
scha~tlichkeit. Wenn es gelänge, auf die Kosten maßgeblich einzuwirken, wären
in der Frage der Wettbewerbsfähigkeit die Schwierigkeiten wesentlich geringer.
Damit entsteht nunmehr das Problem, Wege und Möglichkeiten zu einer Senkung
der Kosten und damit einer Steigerung der Leistung zu finden. Das bedeutet aber,
daß man zunächst einmal aufmerksam werden muß und zu der Erkenntnis
kommt, daß die Kosten zu hoch sind und wo, bei welchen Leistungen und an
welchen Stellen, und um welche Kosten es sich dabei im einzelnen handelt. Dieses
Wissen um die tatsächlichen Gegebenheiten, die Fehler- und Verlustquellen, ist
aber nur möglich auf Grund eingehender betriebsvergleichender Untersuchungen
am praktischen Objekt und eines sich dann anschließenden Erfahrungs
austausches.
Wege und Möglichkeiten dafür aufzuzeigen, ist der Zweck der vorliegenden
Arbeit. Sie ist das Ergebnis langjähriger praktischer Erfahrung auf dem Gebiete
des Betriebsvergleiches.
Henzel
Frankfurt a, M., im Juni 1951
Inhaltsverzeichnis
Seite
I. Das Wesen des Betriebsvergleiches . . . . 9
1. Der Zweitvergleich oder Selbstvergleich 9
2. Der Zwischenvergleich . . . . . . . . . 9
H. Die geschichtliche Entwicklung des Betriebsvergleiclnes 10
1. Der laufende Betriebsvergleich in der Industrie 10
2. Der laufende Betriebsvergleich im Handel . . . 14
3. Der einmalige Betriebsvergleich in der Industrie 15
4. Der einmalige Betriebsvergleich im Handel 16
IH. Die Durchführung des Betriebsvergleiches
ErfGrdernisse und Erfahrungen. . . . . 18
1. Anlässe und Träger des Betriebsvergleiches 18
2. Die Arten des Vergleiches . . . . . . . . . 20
3. Die Erfordernisse des zwischenbetrieblichen Leistungsvergleiches 24
4. Die eigentliche Durchführung . . . . . . . . . . . . . 30
Die Daten, die im einzelnen aufgenommen werden sollen 31
Der Werkstoffeinsatz im Vergleich 33
Der Arbeitseinsatz im Vergleich . . . . . . . . . 37
Die Gemeinkosten im Vergleich . . . . . . . . . 48
Unterschiede in der Behandlung der Gemeinkosten 50
Verlustquellen und Maßnahmen zu ihrer Beseitigung 51
IV. Methoden und Ergebnisse betriebsvergleichender Untersuchungen auf
Grund der Bilanz und Erfolgsrechnung . . . . . . . . 54
Beispiel eines Betriebsvergleiches in Metallgießereien 69
Betriebsvergleich auf der Basis der Kosten . . . 77
Interner Vergleich der Gesamtkosten eines .Jahres 78
Externer Vergleich der Kostenträger . 78
Interner Vergleich der KostensteIlen 82
Interner Vergleich der Kostenarten . 83
Kostendifferenzen aus dem kalkulatorischen Weg 83
V. Verlustquellenforschung durch Betriebsvergleiche
Grundsätzliche Betrachtungen . . . . . . . . . . 87
1. Die Arten der Verlustquellen . . . . . . . . . . . . . . . 87
2. Verlustquellenforschung durch innerbetrieblichen Vergleich . . . . . 90
3. Verlustquellenforschung durch zwischenbetrieblichen Vergleich 91
4. Branchendurchschnittsziffern in ihrer Bedeutung dafür . . . . ., 92
Praktische Forschung und ihre Ergebnisse . . . . . . . . 107
1. Betriebsvergleich bei der Herstellung von Lagerschalen 107
2. Betriebsvergleich bei der Herstellung von Zahnrädern 114
3. Betriebsvergleich bei der Bearbeitung von Kurbelwellen 117
4. Betriebsvergleich bei der Bearbeitung von Leichtmetallgußstücken 117
5. Betriebsvergleich bei der Herstellung von Ankerachsen 120
6. Betriebsvergle'ich bei der Herstellung eines Gehäuses 121
7. Betriebsvergleich in Graugießereien . . . . . 124
8. Betriebsvergleich in Leichtmetallgießereien .. . . . . . 125
9. Betriebsvergleich in Metallwalzwerken . . . . . . . . 135
10. Betriebsvergleich beim Pressen u. Ziehen von Leichtmetall-Halbzeug 138
11. Zweiter Betriebsvergleich beim Pressen von Leichtmetallprofilen 155
VI. Erfahrungsaustausch als notwendige Folge 159
Schlußwort.. . . . . . 169
Schrifttum. . . . . . . 171
Anhang, Tabellenwerk . 172
Einführung
Wie bereits zum Ausdruck gebracht, setzt sich die vorliegende Arbeit zum Ziel:
Verlustquellen in der Industrie aufzuzeigen und damit Möglichkeiten zu ihrer
Beseitigung zu schaffen. Der Erfolg muß dann notwendig eine Verringerung
der Kosten sein und damit eine Verminderung der auf ihnen aufbauenden
Preise. Als Mittel dazu, solche Verlustquellen aufzufinden, kann allein
der Be tri e b s ver g lei c hinFrage kommen, bei dem die Betriebe entweder
in sich selbst für die einzelnen Perioden verglichen werden oder besser noch mit
anderen Betrieben gleicher oder ähnlicher Art.
Die Arbeit befaßt sich im wesentlichen mit dieser zweiten Art, dem zwischen
betrieblichen Vergleich.
Werden dabei die Betriebe im einzelnen eingehend untersucht, so ergibt sich
für die gesamte Fertigung eines jeden Werkes oder auch nur für einen bestimmten
Ausschnitt aus der Produktion ein klares Bild über die Art und Durchführung der
Fertigung und über die Eignung des Produktionsapparates für die gestellten
Aufgaben. Man erhält so eine Vorstellung von den Schwächen und Stärken,
sowie auch von den besonderen Verhältnissen im Hinblick auf Rohstoffver
brauch, benötigte Arbeitszeiten, Kostenstruktur und Kapitalbedarf. Auf diese
Weise ist es dann möglich, ein Leistungsbild jedes einzelnen Betriebes zu
gewinnen.
Dieses Bild ist aber zunächst noch einseitig. Es bedarf ergänzend der Bewertung
und des Maßstabes zu seiner Beurteilung. Dazu genügt aber die fachmännische
Betrachtung allein nicht, es ist dafür vielmehr der Vergleich mit dem Leistungs
bild anderer Betriebe erforderlich. Werden solche Leistungsbilder mehrerer
Betriebe nebeneinander gestellt und miteinander verglichen, dann ergibt sich
erst die Möglichkeit zu erkennen, welches die be s t e n Verfahren sind und wo
die günstigsten Verhältnisse vorliegen. Und dann kann und wird sich daran ein
E r f a h run g sau s tau s chanschließen, und es werden sich. daraus für den
einzelnen Betrieb die Verlustquellen, ihre Ursachen und Wirkungen zeigen und
die Möglichkeiten zu ihrer Beseitigung ergeben.
So steht also der B e tri e b s ver gl e ich am Anfang aller Maßnahmen zu einer
Leistungssteigerung. Die folgenden Betrachtungen werden sich deshalb zunächst
1,1it dem Betriebsvergleich an sich und seinem Wesen befassen. Anschließend
wird die praktische Durchführung von Betriebsvergleichen behandelt, sowie
ihre Erfordernisse, und über die Erfahrungen berichtet,. die auf diesem Gebiet
vorliegen.
Das ist wichtig, damit von vornherein alle die Fehler vermieden werden, die sich
aus der praktischen Durchführung oft ergeben, und die in so vielen Fällen zu
emem Scheitern der Betriebsvergleiche führen oder dazu, daß seine Ergebnisse
nicht den gewünschten Erfolg haben und der aufgewendeten Arbeit entsprechen.
Die Ausführungen werden zeigen, welche Schwierigkeiten dabei entstehen. Diese
werden durchaus verständlich, wenn man bedenkt, daß es sich dabei ja um die
Untersuchung der innersten LE'bensvorgänge einer Unternehmung und deren
Beurteilung handelt, die ein hohes Maß betriebswirtschaftlicher und technischer
Erfahrung voraussetzt. So werden gewissermaßen zunächst Handwerkszeug und
Grundlagen für die Durchführung geschaffen.
In einem weiteren Abschnitt werden dann betriebsvergleichende Untersuchungen
auf Grund der Bilanz und Erfolgsrechnung am praktischen Material behandelt.
ferner Kostenarten-, Kostenträger-und Kostenstellenvergleiche und ihre Brauch
barkeit zur Beurteilung wirtschaftlicher Erscheinungen.
Der zweite Hauptteil ist der speziellen Ver 1 u s t q u e 11 e n f 0 r s c h 1..1. n g
gewidmet. Hier sind die Betrachtungen im wesentlichen auf den technischen
Betriebsvergleich abgestellt. Dabei wurde das Zahlenmaterial aus 11 in der
Praxis durchgeführten Betriebsvergleichen dargestellt und ausgewertet. In
diesen Ergebnissen zeigt sich so recht die Bedeutung des Betriebsvergleiches
für die Beurteilung wirtschaftlicher Vorgänge. denn die Unterschiede in den
Arbeitszeiten und in den Kosten sind so enorm, daß man sich fragen muß, wie
dabei ein Wettbewerb überhaupt möglich ist.
Der letzte Teil der Arbeit befaßt sich abschließend mit dem Erfahrungsaustausch
als einer notwendigen Folge der bisherigen Erkenntnisse und mit den Möglich
k€iten zur Beseitigung der Verlustquellen.
Der Betriebsvergleich
I. Das Wesen des Betriebsvergleiches
Seinem Wesen nach ist der Betriebsvergleich die sachgemäße Weiterentwicklung
der Betriebsstatistik. Die enge Berührung zwischen bei den zeigt sich schon in der
Erkenntnis, daß als ein wesentliches Merkmal der Betriebsstatistik das Ver··
gleichsmoment bezeichnet werden muß, das sich aus Gründen der Beurteilung von
Erscheinungen und der Kontrolle von Vorgängen und Verantwortungsbereichen
ngibt. In dieser Wesensverwandtheit zeigt sich aber auch, daß für den Betriebs
vergleich auch innerhalb der Unternehmung Möglichkeiten gegeben sind und daß
ihm eine besondere Bedeutung beizumessen ist. Grundsätzlich sind zwei Arten
von Betriebsvergleichen zu unterscheiden:
1. Der Zeitvergleich oder Selbstvergleich1)
Dabei handelt es sich im Prinzip um ein ein z i g e s B e t r ach tun g s -
ob j e k t, bei dem Zustände zu mehreren Zeitpunkten oder Vorgänge innerhalb
mehrerer Perioden miteinander verglichen werden. Solche Vergleiche können
,~ich auf die Unternehmung im ganzen beziehen: z. B. bei den Bilanzposten (siehe
die Beispiele S. 58 und S. 60), den Ziffern der Erfolgsrechnung, Umsätzen,
Rentabilität, Liquidität usw. Sie können sich aber auch auf jede kleinste Tätigkeit
an den einzelnen Arbeitsplätzen erstrecken und dabei auf sämtliche Merkmale,
die Gegenstand der Betriebsstatistik sind. Sie werden dabei zu Leistungs
vergleichen, Kostenvergleichen, Zustandsvergleichen, usw.
Solche Zeitvergleiche als Vergleiche eines bestimmten Betrachtungsobjektes mit
~lch selbst (daher auch Selbstvergleich genannt) zu verschiedenen Zeiten sind an
sich im Hinblick auf das Erkennen wesentlicher Dinge schon sehr wertvoll, aber
sie haben den Nachteil, daß unter Umständen der Maßstab zur Beurteilung fehlt,
da man ja auch "Schlendrian mit Schlendrian" vergleichen kann. Dieser Nachteil
wird wenigstem, zum Teil durch den folgenden Vergleich vermieden.
2. Der Zwischenvergleich
Diese Art von Vergleichen erstreckt sich auf z w e iod e r me h r e re Be
t r ach tun g s 0 b je k t e. Gegenstand des Vergleiches sind wiederum Zustände
und Vorgänge und zwar innerhalb einer Unternehmung zwischen zwei oder
mehreren Tätigkeitsbereichen: ihren Eigenschaften, ihrer Ausstattung, Leistungs
fähigkeit, tatsächlichen Leistung, ihren Kosten u. dgl. Hierher gehört beispiels
weise auch der Vergleich zwischen zwei oder mehreren Verfahren, beispielsweise
auch der Vergleich zwischen zwei oder mehreren Verfahren der Leistungs
erstellung, Absatzwegen usw.
') Die Terminologie Selbstvergleich und Zeitvergleich ist bei Hauck, Der Betriebsvergleich,
Bühl in Baden 1933, entnommen.
9
Dieser Zwischenv ergleich ist der eigentliche Betriebsvergleich. Er spielt zunächst
da eine Rolle, wo innerhalb einer Unternehmung mehrere Betriebe ähnlicher Art
vorhanden sind und damit als Vergleich zwischen mehreren Verkaufsstellen.
Filialen, Werken. Ferner, wenn es sich um eine Gemeinschaft mehrerer Unter
nehmungen unter einheitlicher Leitung handelt, wie dies bei Konzernen der Fall
ist. In allen diesen Fällen ist es durchaus natürlich und auch erforderlich, daß
zum Zwecke der Kontrolle und der Disposition diese mehr oder weniger selb
ständigen Verantwortungsbereiche miteinander verglichen werden. Dabei kann
sich der Vergleich auf alle jene Merkmale und betriebswirtschaftlichen Daten
erstrecken, die bei einem Betrieb oder bei einer Unternehmung wissenswert und
daher Gegenstand der Betriebsstatistik sind oder sein sollten. In einem Konzern
können so mehrere Unternehmungen miteinander verglichen werden, es kann
sich aber auch der Vergleich beispielsweise nur auf bestimmte Teile dieser
Unternehmungen, z. B. Produktion oder Verkauf usw., erstrecken.
11. Die geschichtliche Entwicklung dcs Bctriebsvergleiches
Der Beginn betriebswirtschaftlicher Untersuchungen dieser Art dürfte etwa in
die Zeit nach 1900 fallen. In der geschichtlichen Entwicklung ist dabei zu unter
scheiden zwischen dem einmaligen Vergleich mit dem Ziel, den derzeitigen Zu
stand, beispielsweise eines Industriezweiges, zu ermitteln, und dem laufenden
Vergleich, der periodisch, z. B. monatlich wiederkehrend durchgeführt wird und
mehr oder weniger die Aufgabe der überwachung besitzt. Von beiden Arten
steht im allgemeinen der einmalige Vergleich im Vordergrund des Interesses.
Mit ihm werden sich daher die späteren Ausführungen im wesentlichen zu
befassen haben. Die älteste Form ist dagegen der laufende Betriebsvergleich,
auf den zunächst kurz einzugehen ist.
1. Der laufende Betriebsvergleich in der Indust.rie
Seine Durchführung war in der Vergangenheit an die Existenz wirtschaftlicher
Zweckverbände gebunden, deren Statistik unter der Bezeichnung "Verbandsstati
stik" z. T. recht weit entwickelt war. Das Ausmaß dieser speziellen Art der
Betriebsstatistik ergibt sich aus der besonderen Art der Aufgaben, die einem
Verband übertragen wurden, aus der Intensität, mit der die Verbandsleitung
sich diesen Aufgaben widmete, und aus der Stärke ihrer Position gegenüber
ihren Mitgliedern. "Nur die Statistik macht die Entschlüse der Verbände unab
hängig von Augenblicksstimmungen und dem vordrängenden Einfluß weniger
Abnehmer. Ein Verband ohne Statistik ist ein Dampfkessel ohne Manometer,
ein Seeschiff ohne Kompaß. Das Handeln eines solchen Verbandes ist Hasard
spiel und kann vielfach für den Verband selbst wie für seine Mitglieder ver
hängnisvoll werden."
Vershofeni), der dieses Urteil abgibt, zeigt nun an dem Beispiel der Verbände
der keramischen Industrie, wie weit bei ihr die Verbandsstatistik entwickelt
war und wie dort bereits frühzeitig und aus den Zwecken der Statistik heraus
ein Vergleich zwischen den angeschlossenen Unternehmungen durchgeführt
wurde.
1) Vershofen: Die Statistik der Wirtschaftsverbände.
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