Table Of ContentVeroffentlichungen cler Schmalenbach-Gesellschaft, Band 29
OBER D1ENSTSTELLENGL1EDERUNG
1M GROSSBETR1EBE
von
Prof. Dr. Eugen Schmalenbach
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
ISBN 978-3-663-01065-4 ISBN 978-3-663-02978-6 (eBook)
DOI 10.10071978-3-663-02978-6
Alle Rechte vorbehaiten: © '959 Springer Fachmedien Wiesbaden
Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher VerIag, Kiiin und Opladen '959
Softcover reprint of the hardcover 1 st edition '959
Einbandentwurf: Heinrich Wehmeier. Gesamtherstellung: WeiB 8< Zimmer AG, M.GIadbach
VORWORT
Trotz der Widrigkeiten, die unserem verstorbenen Altmeister der Betriebs
wirtschaftslehre Professor Dr. Eugen Schmalenbach und seiner Familie durch
das nationalsozialistische Regime entstanden, entwickelte er bis in die letzten
Kriegsjahre hinein eine auBerordentlich ergiebige wissenschaftliche Tatig
keit. Dabei blieb es ihm leider versagt, seine Arbeiten zu veroffentlichen und
damit der betriebswirtschaftlichen Lehre und Praxis in der in einer freien
Gemeinschaft liblichen und moglichen Weise kundzutun. Seine im Jahre 1941
geschriebene Abhandlung "Ober Dienststellengliederung im GroBbetriebe"
verfaBte er aus einem besonderen AnlaB:
Schmalenbach wollte eine Diskussionsgrundlage flir einen Arbeitskreis schaf
fen, der auf seine Anregung hin im Mai 1942 aus Mitgliedern der Schmalen
bach-Vereinigung unter meiner Leitung gebildet wurde. Er war der Ansicht,
daB die Ausweitung der betriebswirtschaftlichen Lehre auf das organisato
rische Gebiet eine dringende Notwendigkeit sei und daB organisatorische
Probleme am besten in der Gemeinschaftsarbeit zwischen Wissenschaft und
Praxis we iter entwickelt werden konnten. Der genannte Arbeitskreis hat
diese Aufgabe in monatlichen Sitzungen bis heute zu losen versucht und die
Ergebnisse in den Schriften "Unternehmungsorganisation", "Konzernorgani
sation" und "Leitungsorganisation" inzwischen veroffentlicht. In dem Vor
wort dazu hat der Arbeitskreis auf die Abhandlung Schmalenbachs als
Grundlage seiner Untersuchungen hingewiesen.
Bei den inzwischen zahlreicher gewordenen Veroffentlichungen liber betrieb
liche Organisationsfragen halten es die Mitglieder des Arbeitskreises flir an
gebracht, die Ausflihrungen Schmalenbachs in ungeklirzter und unverander
ter Fassung der breiten tlffentlichkeit als Sonderband der Veroffentlichungen
der Schmalenbach-Gesellschaft zug1inglich zu machen; atmet sie doch die
Klarheit der Gedanken, den intuitiven und urtlimlichen Geist Schmalenbachs
in einer Frische aus, die zeitunabhangig ist. Die Schrift enth1ilt flir die Wei
terentwicklung der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre und Praxis
noch vielseitige Anregungen.
Essen, im Juli 1959 Krahe
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INHALT
I. Abhangigkeiten der Betriebsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 9
a) Abhangigkeit von der Geschichte des Betriebes ............... 10
b) Ab'hangigkeit von Verhaltnissen der Oberleitung ............ 15
c) Abhangigkeit von den verfiigbaren Kraften ................. 18
II. Allgemeine Gesichtspunkte der Dienststellengliederung .......... 21
a) Obere und untere Dienststellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 21
b) Stahsdienststellen und zentrale Dienststellen ................ 22
c) Unmittelbare und mittdbare Dienststellen .................. 26
d) Langs- und Durchschnittsgliederung der Dienststellen . . . . . . . . .. 27
e) Die Gliederungseinfliisse ................................. 33
1. Funktion ............................................ 33
2. Objekt .............................................. 35
3. Kundschaft .......................................... 37
4.0rtliche Lage ........................................ 40
5. Beherrschbarkeit ...................................... 41
f) Tendenzen der Funktionsverlagerung ...................... 42
g) Gleichschaltung von Anordnungsrecht und Verantwortung ..... 44
h) Unmittelbares und mittelbares Anordnungsrecht ............. 47
i) Allgemeines und funktionales Anordnungsrecht .. . . . . . . . . . . .. 52
k) Inhalt der Verantwortung ............................... 56
III. Dienststellen und Oberleitung ........................... . . .. 59
a) Endastung der Oberleitung ............................... 59
b) Kontaktbediir.fnis der Oberleitung ......................... 64
IV. Dienststellen und Dienststellenleitung ........................ 67
a) Groge und Beherrschbarkeit der Dienststellen ............... 67
b) FunktJionen der oberen Dienststellenleiter
und Funktionserleichterungen ............................. 68
c) Entlastung der oberen Dienststellenleiter .................... 75
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d) Richtpunkte fiir Dienststellenleiter ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 78
e) Regelung der Kompetenzen und die Dienstanweisungen ....... 90
f) Betriebstantiemen ....................................... 92
g) Stellvertrewng der Dienststellenleiter ...................... 97
h) Dienstgradpflege ........................................ 99
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I. ABHi\NGIGKEITEN
DER BETRIEBSORGANISATION
DaB die Organisation der Betriebe in verschiedenen Geschaftszweigen und
bei verschiedenen Betriebsgro pen sehr verschieden ist, ist allgemein bekannt.
Die Verschiedenheit macht nicht halt bei den technischen Abteilungen; sie
greift auch auf die Verwaltungsabteilungen fiber.
Das Buchhaltungswesen zeigt uns in der Finanzbuchhaltung einiges Oberein
stimmende; die Betriebsbuchhaltungen dagegen weisen die groBten Mannig
faltigkeiten auf, und dies greift in die Material- und Lohnbuchhaltungen hin
fiber. Die Verkaufsabteilungen sind untereinander bei verschiedenen Ge
schaftszweigen oft kaum vergleichbar. Ein wenig gleichartiger ist das Ein
kaufswesen; jedoch auch dieses zeigt sehr abweichende Typen. In den Ge
folgschaftsabteilungen und in der Finanzverwaltung ist es weniger die Ver
schiedenheit der Geschaftszweige als die GroBenverschiedenheit, die die gro
Ben Unterschiedlichkeiten verursacht.
Die Verschiedenheit bewirkt nicht nur eine verschiedene Organisation der
Abteilungen in sich, sondern auch eine Verschiedenheit der Verhaltnisse der
Abteilungen zueinander: Beispielsweise muB eine Einkaufsabteilung in einer
Apparatebauanstalt in hoherem Grade den technischen Abteilungen unter
geordnet sein, als etwa in einer Eisenwarenfabrik. Eine Verkaufsabteilung in
einer Betriebsorganisation der eisenschaffenden Industrie mit ihren vielen
Kartellen steht viel mehr im Hintergrunde als eine Verkaufsabteilung in der
eisenverarbeitenden Industrie.
Nicht nur auBerlich und in ihrem technischen Inhalt sind die Abteilungen un
gleich, sondern auch in ihrem geistigen Gehalt, und dies wirkt sich besonders
auf die Anforderungen aus, die an die Eignung der Abteilungsleiter person
lich gestellt werden.
Diese Mannigfaltigkeit der Formen zeigt, wie abhangig die Organisation ist
von den Besonderheiten des Geschaftszweiges und der BetriebsgroBe. Eine
nicht ebenso bedeutsame aber doch sehr wirksame Abhangigkeit ffihlt der
Organisator bei Anlage der organisatorischen Einrichtungen von den Zeit
verhaltnissen.
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1m Kriege sind schon durch den Personalmangel die Grenzen so sehr verengt,
daB man viele Organisationsarbeiten, die an die Auswahl der Personen ge
knfipft sind, vollig aufgeben und die Zeit abwarten muB, in der die Hem
mungen fehlen.
Einen weiteren wesentlichen Gesichtspunkt hebt Hennig1 hervor. Die Moral
und das VerantwortungsbewuBtsein der Belegschaft ist Wandlungen unter
worfen und der Organisator ist gezwungen, diesen Wandlungen Rechnung
zu tragen.
Innerhalb der Betriebe des gleichen Geschaftszweiges bei gleichen Betriebs
groBen und unter gleichen Zeitverhaltnissen sind die Verhaltnisse selbstver
standlich gleichartiger. Aber wie groB die Unterschiede auch dann noch sein
konnen, haben Betriebsvergleiche gezeigt. Ich habe dabei besonders die Be
triebsvergleiche der Fabriken ffir Oberbauschrauben, die seitens der Iteichs
bahn veranlaBt wurden2 und die von Prof. Kuhn betriebenen sehr interes
santen Betriebsvergleiche in der Zementindustrie im Auge.
Wenn die Kontenrahmenvorschriften ihrem eigentlichen Hauptzweck, dem
Betriebsvergleich, sich zuwenden, werden sich diese Erfahrungen vielfaltig
wiederholen.
Diese Unterschiede, die sich aus den Verschiedenheiten der Geschaftszweige,
der BetriebsgroBen und dem Wandel der Zeit ergeben, werden soweit ich es
beobachten konnte, von den Organisatoren mit Sorgfalt beachtet. Es ist daher
kein AnlaB, fiber sie ausfiihrlicher zu sprechen, als es hier geschehen ist.
Es gibt jedoch andere Abhangigkeiten, bei denen der Eindruck genii gender
Beachtung nicht in gleichem MaBe zu beobachten ist. Diese Dinge mochte ich
daher ausffihrlicher behandeln.
a) Abhangigkeit von der Vorgeschichte des Betriebes
Es kommt in unserer Zeit mehr als frfiher vor, daB GroBbetriebe aus dem
Nichts entstehen. Sie haben keine betriebliche Vorgeschichte. GroBe Eisen
werke, groBe Maschinenfabriken, Flugzeugwerke, Benzinwerke, Kunstfaser
werke sind in dieser Weise entstanden.
Es hat sich gezeigt, daB bei diesen Grfindungen organisatorische Kdifte sich
besonders bewahren konnten. Diese faIle gaben dem Organisator Spiel
raum.
Aber trotzdem handelt es sich - auf lange Frist gesehen - urn groBe Gelegen
heitsaufgaben einer Obergangszeit. Der Schwerpunkt der organisatorischen
1 Dr.-Ing. Karl Wilhelm Hennig, Einfiihrung in die betriebswirtschaftliche Organisations
lehre, Berlin 1934, S. 77.
2 Dr. Hellwig, Betriebsvergleidte in der Sdtraubenindustrie, Zeitsdtr. f. handelsw. Forsdtung,
1930, S. 294 ff.
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Betatigung wird nam diesem Obergang wieder bei Betrieben zu suchen sein,
die eine Geschichte haben.
In dies en Betrieben mit einer Geschichte findet die organisatorische Arbeit
vorhandene Betriebe vor, die man nicht unter dem Gesichtspunkt eines allge
meinen Optimums organisieren kann. Man muB das Produkt der Vorge
schichte zu erheblichem Teil als gegeben ansehen. Dies gilt in erster Linie fiir
die technische Organisation.
In einem Werke mit 1800 Arbeitern soUte eine Erweiterung stattfinden und
diese verlangte nicht nur fiir sich selbst eine vor- und weitsichtige Auswahl
des Platzes, sondern auch einige Veranderungen schon bestehender Betriebs
teile. Ich warnte davor, den Bau unter den Eindriici(en des Augenblicks zu
planen, wozu um so eher AnlaB war, als dies friiher offenbar zu sehr ge
schehen war. Die Sachkenner waren darin einig, daB das ganze Werk eine
zersplitterte, uneinheitliche Anlage besitze. Um fiir die Zukunft zu einer
besseren Gesamtgestaltung zu kommen, stimmte die Geschaftsleitung zu, fiir
den ganzen Betrieb bei unverandertem Erzeugungsprogramm eine Idealan
lage zu entwerfen, nicht um diese sogleich entstehen zu lassen, sondern um
den Rahmen fiir weitere Bauprogramme zu geben. Selbstversdindlich war der
Leitung des Werkes nicht unbekannt, daB ein Idealwerk von heute nicht ein
Idealwerk des Jahres 2000 ist, denn bis dahin wird noch mancherlei sich in
Technik und Wirtschaft verandern. Diese Erkenntnis hatte eigentlich AniaB
sein sollen, den Nutzen eines solchen Entwurfs iiberhaupt zu bezweifeln, aber
wir bedachten das damals nicht.
Da ein ~eeigneter, kenntnisreicher Mann zur Verfiigung stand, wurde schon
nach einigen Wochen ein Entwurf vorgelegt. Dies war der Plan A. Eine sehr
schone Arbeit, auch auBerst lehrreich. Den Geschaftsleitern wurde, wie sie
selbst sagten, zum ersten Male vollkommen bewuBt, wie weit die vorhandene
Anlage von einer Idealanlage entfernt war. Aber es blieb, wenn man diesen
Plan sich verwirklicht dachte, kein Stein auf dem anderen. Auch die verfiig
baren Grundstiicke, obwohl reichlich bemessen, hatten fiir den Plan keinen
Platz geboten und es bestand keinerlei Aussicht, das Fehlende an der richtigen
Stelle zu beschaffen.
Man beschloB, die Arbeit mit neuem Plan zu wiederholen. Der neue Plan
sollte die vorhandene Grundstiickslage als ~egeben ansehen. Von den vorhan
denen Bauten sollten alle massiven GeschoBbauten und nicht mobilisierbare
Einrichtungen als gegeben angesehen werden. Das war der Plan B. Er war
von Plan A sehr verschieden. Je doch zeigte sich, daB Plan A eine gute Vor
arbeit fiir Plan B gewesen war.
Dieser Plan B unterschied sich von Plan A dadurch, daB es das praktisch Er
reichbare darstellte, wahrend der Plan A nur ein Wunschtraum war. Selbst
verstandlich dachte man nicht daran, den Plan B nun sogleich auszufiihren
und ein Drittel der Fabrik niederzureiBen. Plan B sollte nur die laufende
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