Table Of ContentWas hat den großen Erfolg dieses Kinderbuches begründet? Hier
wird einmal die Vorherrschaft der Erwachsenen gebrochen. Das
Kind siegt auf der ganzen Linie. Das kleine Mädchen Pippi
triumphiert über Einbrecher, Lehrerinnen und Schutzleute. Es kann,
was es möchte, es darf sogar zu Bett gehen, wann es ihm gefällt. Es
ist so herrlich unerzogen, wie Kinder es sich nur wünschen. Es bricht
dem beharrlichen Ernst der Großen und den Stieren die Hörner ab
und macht furchtlos die Welt zur Spielwiese. Es lügt so wunderbar,
daß man es darum beneiden möchte. Nein, es lügt nicht: ihm gehört
die arglose Phantasie, die erst das Leben bunt und glänzend macht
und die ermöglicht, was uns Erwachsenen so schwerfällt: das Land
ohne Grenzen. Es ist die Internationale der Kinder. Pippi führt sie an.
Die Welt
Diese kleine rothaarige Pippi ist ein Geschenk des Himmels für
unsere Kinderstuben.
Frankfurter Rundschau
Da müssen die Schweden daherkommen und uns zeigen, wie man
das köstlichste Kinderbuch der Welt macht! Sie haben uns mit dieser
Pippi Langstrumpf die echteste, hinreißendste, fröhlichste Gestalt
geschenkt, die wir in der Kinderbuchliteratur kennen, diese Neun-
jährige mit der Stärke einer Riesin (ist es nicht der Wunsch aller
Kleinen, stark und groß wie die Erwachsenen zu sein? „Sie war so
furchtbar stark, daß es in der ganzen Welt keinen Schutzmann gab,
der so stark war wie sie Sie konnte ein ganzes Pferd hochheben,
wenn sie wollte, und das wollte sie!“), Pippi, die allein in der Villa
Kunterbunt voll Schätzen wohnt und tun darf, was sie will! Unsere
Kinder werden sie ins Herz schließen und mit heißen Backen von
ihren Abenteuern hören. Wir sagen Pippi Langstrumpf Unsterb-
lichkeit und Weltruhm voraus.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
In der modernen Kinderliteratur nimmt „Pippi Langstrumpf“ eine
Sonderstellung ein. Selten hat ein Kinderbuch das Herkömmliche so
völlig überwunden und die Schranken einer gewissen nationalen
Gebundenheit, die in der Art des Humors, der Phantasie, der
Themenstellung zum Ausdruck kommt, so gründlich beiseite
geräumt, wie dieses.
Pippi, dieses bemerkenswerte Kind mit den mohrrübenroten
Rattenschwänzchen, den Sommersprossen und der lustigen
Kostümierung stammt zwar aus Schweden, ist aber so urtümlich, daß
sie das Kind der Welt schlechthin verkörpert. Ihre ungewöhnlich
lebensvolle, humorige Erscheinung ist überall da zu Hause, wo ein
Kind staunend, beglückt oder ganz einfach herzlich lachend sich in
ihr wiederfindet.
Man sagt, die Gestalt Pippi Langstrumpf sei „originell“. Das
stimmt, aber sie ist es in einem tiefen und sehr bedeutsamen Sinne.
Mit genialer Einfühlung und sicherem schöpferischen Griff hat die
schwedische Dichterin Astrid Lindgren eine Kindergestalt ge-
schaffen, die bei aller Ursprünglichkeit ganz transparent ist, die das
Genie des Kindes, die ganze sprudelnde Lebendigkeit, die Offenheit
und Durchlässigkeit seiner Seele unmittelbar darstellt.
Die unverwüstliche Vergnügtheit, mit der Pippi allein und von
niemandem gehindert in der „Villa Kunterbunt“ ihr Pferd auf der
Veranda versorgt und ihre absonderlichen Kuchen backt, die
unerschöpfliche Phantasie, die sie unter die „Sachensucher“ gehen
läßt oder die aus einem Marktbesuch ein herrliches und aufregendes
Fest macht, ziehen nicht nur Thomas und Annika – die beiden
Nachbarskinder – in ihren Bann. Thomas und Annika – jedes Kind
der Welt weiß sofort Bescheid! Man kennt sich schon. Ein bißchen
befangen, brav und den Erwachsenen wohlgefällig stehen sie „hinter
dem Zaun“ – das ist die eine Seite. Pippi aber hat den Mut, Pippi hat
die Kraft, Pippi kann alle Wünsche und Träume, die sie selber mit
sich herumtragen, spielend verwirklichen, sie verfügt über die ganze,
ungehemmte Gläubigkeit ihrer eigenen Kinderseelen.
„Heutzutage gibt es so gut wie keine literarischen Wunder. Die
Schwedin Astrid Lindgren aber ist eins. Ihre Kinderbücher sind so
voll reiner, bezaubernder Poesie, wie man sie in den zeitgenös-
sischen Romanen und Erzählungen nur schwerlich findet.“
Die Zeit
ASTRID LINDGREN
Pippi Langstrumpf
mit Bildern von Rolf Rettich
Non-profit-ebook by tg/jc
mit reduzierter Bildanzahl
Mai 2004
Kein Verkauf!
Verlag
Friedrich Oetinger
Hamburg
ORIGINALTITEL:
PIPPI LÅNGSTRUMP, PIPPI LÅNGSTRUMP GÅR OM BORD,
PIPPI LÅNGSTRUMP I SÖDERHAVET
AUS DEM SCHWEDISCHEN VON CÄCILIE HEINIG
SCHUTZUMSCHLAG UND ILLUSTRATIONEN VON ROLF RETTICH
1969 ALLE RECHTE FÜR DAS DEUTSCHE SPRACHGEBIET BEI
VERLAG FRIEDRICH OETINGER, HAMBURG
HERSTELLUNG: HAMBURGER DRUCKEREIGESELLSCHAFT
KURT WELTZIEN K. G. HAMBURG
PRINTED IN GERMANY
Inhalt
PIPPI in der Villa Kunterbunt..................................................8
Pippi zieht in die Villa Kunterbunt ein.....................................9
Pippi wird Sachensucher und gerät in eine Prügelei...............17
Pippi spielt Haschen mit Schutzleuten....................................26
Pippi geht in die Schule..........................................................32
Pippi sitzt auf dem Gartenzaun und klettert in den hohlen
Baum.......................................................................................41
Pippi arrangiert einen Ausflug................................................49
Pippi geht in den Zirkus..........................................................58
Pippi wird von Dieben besucht...............................................67
Pippi geht zum Kaffeekränzchen............................................74
Pippi tritt als Lebensretterin auf..............................................84
Pippi feiert Geburtstag............................................................91
PIPPI geht an Bord...............................................................102
Pippi wohnt noch immer in der Villa Kunterbunt.................103
Pippi geht einkaufen.............................................................. 107
Pippi schreibt einen Brief und geht in die Schule – aber nur ein
bißchen..................................................................................122
Pippi macht einen Schulausflug mit......................................130
Pippi geht auf den Jahrmarkt................................................140
Pippi erleidet Schiffbruch.....................................................154
Pippi bekommt Besuch.........................................................171
Pippi veranstaltet ein Abschiedsfest.....................................179
Pippi geht an Bord.................................................................187
PIPPI in Taka-Tuka- Land....................................................195
Pippi wohnt noch immer in der Villa Kunterbunt.................196
Pippi heitert Tante Laura auf................................................206
Pippi findet einen Spunk.......................................................212
Pippi veranstaltet Fragesport.................................................219
Pippi bekommt einen Brief...................................................228
Pippi geht an Bord.................................................................233
Pippi geht an Land................................................................239
Pippi redet ein vernünftiges Wort mit einem Hai.................245
Pippi redet ein vernünftiges Wort mit Jim und Buck...........251
Pippi bekommt genug von Jim und Buck.............................261
Pippi verläßt die Taka-Tuka-Insel.........................................265
Pippi Langstrumpf will nicht groß werden...........................270
PIPPI
in der Villa
Kunterbunt
Pippi zieht in die Villa Kunterbunt ein
Außerhalb der kleinen, kleinen Stadt lag ein alter
verwahrloster Garten. In dem Garten stand ein altes Haus, und
in dem Haus wohnte Pippi Langstrumpf. Sie war neun Jahre
alt, und sie wohnte ganz allein da. Sie hatte keine Mutter und
keinen Vater, und eigentlich war das sehr schön, denn so war
niemand da, der ihr sagen konnte, daß sie zu Bett gehen sollte,
gerade wenn sie mitten im schönsten Spiel war, und niemand,
der sie zwingen konnte, Lebertran zu nehmen, wenn sie lieber
Bonbons essen wollte.
Früher hatte Pippi mal einen Vater gehabt, den sie
schrecklich geliebt hatte. Ja, sie hatte natürlich auch eine
Mutter gehabt, aber das war so lange her, daß sie sich gar nicht
mehr daran erinnern konnte. Die Mutter war gestorben, als
Pippi noch ein ganz kleines Ding war, das in der Wiege lag und
so furchtbar schrie, daß es niemand in der Nähe aushaken
konnte. Pippi glaubte, daß ihre Mutter nun oben im Himmel sei
und durch ein kleines Loch auf ihr Kind runterschaue, und
Pippi winkte oft zu ihr hinauf und sagte:
„Hab keine Angst um mich! Ich komme schon zurecht!“
Ihren Vater hatte Pippi nicht vergessen. Er war Kapitän und
segelte auf den großen Meeren, und Pippi war mit ihm auf
seinem Schiff gesegelt, bis er einmal während eines Sturmes
ins Meer geweht wurde und verschwand. Aber Pippi war ganz
sicher, daß er eines Tages zurückkommen würde. Sie glaubte
überhaupt nicht, daß er ertrunken sein könnte. Sie glaubte, daß
er auf eine Insel geschwemmt worden war, wo viele Neger
wohnten, und daß ihr Vater König über alle Neger geworden
war und alle Tage mit einer goldenen Krone auf dem Kopf
umherging.
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„Mein Vater ist ein Negerkönig. Es gibt wahrhaftig nicht
viele Kinder, die so einen feinen Vater haben!“ pflegte Pippi
sehr stolz zu sagen. „Und wenn mein Vater sich nur ein Schiff
bauen kann, dann kommt er und holt mich, und dann werde ich
eine Negerprinzessin. Hei hopp, was wird das für ein Leben!“
Ihr Vater hatte dieses alte Haus, das im Garten stand, vor
vielen Jahren gekauft. Er hatte gedacht, daß er dort mit Pippi
wohnen würde, wenn er alt war und nicht mehr auf dem Meer
segeln konnte. Aber dann passierte ja das Dumme, daß er ins
Meer geweht wurde, und während Pippi darauf wartete, daß er
zurückkam, begab sie sich geradewegs nach Hause in die Villa
Kunterbunt. So hieß dieses Haus. Es stand möbliert und fertig
da und wartete auf sie. An einem schönen Sommerabend hatte
sie allen Matrosen auf ihres Vaters Schiff Lebewohl gesagt. Sie
hatten Pippi sehr gern, und Pippi hatte sie auch gern.
„Lebt wohl, Jungens“, sagte Pippi und gab ihnen allen der
Reihe nach einen Kuß auf die Stirn. „Habt keine Angst um
mich. Ich komme schon zurecht.“
Zwei Dinge nahm sie vom Schiff mit. Einen kleinen Affen,
der Herr Nilsson hieß, und einen großen Handkoffer, voll mit
Goldstücken, den hatte sie von ihrem Vater bekommen. Die
Matrosen standen an der Reling und schauten Pippi nach,
solange sie sie sehen konnten. Sie ging mit festen Schritten,
ohne sich umzudrehen, mit Herrn Nilsson auf der Schulter und
dem Koffer in der Hand.
„Ein merkwürdiges Kind“, sagte einer der Matrosen und
wischte sich eine Träne aus dem Auge, als Pippi in der Ferne
verschwunden war.
Er hatte recht. Pippi war ein sehr merkwürdiges Kind. Das
allermerkwürdigste an ihr war, daß sie so stark war. Sie war so
furchtbar stark, daß es in der ganzen Welt keinen Schutzmann
gab, der so stark war wie sie. Sie konnte ein ganzes Pferd
hochheben, wenn sie wollte. Und das wollte sie. Sie hatte ein
eigenes Pferd, das sie für eines ihrer vielen Goldstücke gekauft
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Description:Non-profit-ebook by tg/jc mit reduzierter . „Hab keine Angst um mich! Annika hatte zuerst Angst und wollte nicht, aber als sie sah, wie lustig