Table Of ContentNOTIZEN ZUR VORLESUNG LINEARE ALGEBRA
WERNERBALLMANN
Dies ist ein vorla¨ufiges Skript zur Vorlesung Lineare Algebra. Ich werde nicht mit
derVorlesungSchritthaltenko¨nnen. EswirddeshalbimmerwiederErga¨nzungenzum
Skriptgeben,ausserdemwerdeichimmerwiederKorrekturenvornehmenmu¨ssen.
IchbedankemichbeiFrauPratoussevitchunddenHerrenHarrach,Kouris,Kru¨ger,
Ro¨tzelundSchlippefu¨rwertvolleHinweiseundKorrekturvorschla¨ge.
1. WORUM GEHT ES?
Dazu werde ich vielleicht spa¨ter etwas mehr schreiben. Zuna¨chst sollten Sie an
lineare Gleichungen denken. Es wird sich dabei aber nicht um zwei Gleichungen
in zwei Unbekannten handeln, sondern um Gleichungen in Unbekannten. Sie
du¨rfensich und großvorstellen. Waskannman u¨berdieLo¨sungsmengensolcher
Gleichungssystemesagen? WanngibtesLo¨sungen? GibtesmehralseineLo¨sung?
Anfangenwerde ichmiteinem Verfahren aus der Kryptographie,dem sogenannten
RSA-Verfahren. Auf dem Weg zu seiner Herleitung werden wir einige Begriffe ken-
nenlernen, die grundlegend fu¨r die Lineare Algebra sind, insbesondere die Begriffe
Gruppe, Ring und Ko¨rper. Einige der Resultate geho¨ren zur elementaren Zahlentheo-
rie. Ichhoffe,SiehabenSpassanundmitZahlen.
2. WAS ICH VORAUSSETZE!
Ich nehme an, dass Sie in der Schule die u¨blichen Zahlbereiche kennengelernt
haben. Zur Sicherheit und weil es in der Literatur geringfu¨gige Differenzen in den
Bezeichnungen gibt, za¨hle ich hier die Zahlbereiche zusammen mit den von mir ver-
wendetenBezeichnungenauf:
(1) dienatu¨rlichenZahlen ,
(2) dieganzenZahlen ,
(3) dierationalenZahlen , alsodieMengeallerBru¨cheganzerZahlen,
(4) diereellenZahlen , die“ZahlenaufderZahlgeraden”.
Die reellen Zahlen werden in der Vorlesung zur Analysis genauer untersucht. Viel-
leicht haben Sie in der Schule auch schon die Menge der komplexen Zahlen ken-
nengelernt, aber das setze ich nicht voraus. Ich werde die komplexen Zahlen spa¨ter
diskutieren.
AdditionundMultiplikationvonZahlenausdenebengenanntenZahlbereichensind
Verknu¨pfungen, die zwei gegebenen Zahlen und ihre Summe bzw. ihr Produkt
Date:March7,2002.
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zuordnen,
bzw.
SummeundProduktgenu¨gendenIhnensicherbekanntenRegeln,
AssoziativgesetzderAddition,
AssoziativgesetzderMultiplikation,
KommutativgesetzderAddition,
KommutativgesetzderMultiplikation,
Distributivgesetz.
Wie u¨blich schreibe ich das Produkt zweier Zahlen einfach als anstelle von .
Ferner benu¨tze ich die Ihnen sicher auch gela¨ufige Konvention .
Der Doppelpunkt vor dem Gleichheitszeichen deutet an, dass ich die linke Seite der
Gleichung durch die rechte Seite definiere. Ferner halte ich mich an die Konvention
“PunktgehtvorStrich”.
Die reellen Zahlen stellen wir uns nach der Gro¨ße angeordnet vor: Fu¨r
schreibe ich wenn positivist. Analog benu¨tze ich die Symbole und
. Ich nehme an, dass Sie mitdieser Schreibweise schon vertraut sind. Fu¨r ist
der Betrag von gegeben durch falls bzw. falls .
Fu¨r gilt:
(1) ;sogar ,falls ,
(2) ,
(3) (Dreiecksungleichung).
Wir werden an einigen Stellen benu¨tzen, dass der Betrag einer ganzen Zahl ist,
soferndieZahl ist.
MitHilfe des Betrags wird der Abstandreeller Zahlen definiert: der Abstandvon
zu ist nach Definition . Der Begriff des Abstands spielt in der Analysis eine
sehrwichtigeRolle.
Eines der wichtigen Beweisprinzipien der Mathematik ist die vollsta¨ndige Induk-
tion. Einepra¨gnanteFormulierungdiesesPrinzipsnenneich
PrinzipdeskleinstenSu¨nders1: EinenichtleereMengenatu¨rlicherZahlenhatein
kleinstesElement.
1Fu¨rdiesenNamenbeansprucheichkeinePriorita¨t.
NOTIZENZURVORLESUNGLINEAREALGEBRA 3
3. RECHNEN MIT GANZEN ZAHLEN
Wir befassen uns nun zuna¨chst mit den ganzen Zahlen. Quelle und Referenz fu¨r
diesenAbschnittsindKapitel1undderersteAbschnittausKapitel2in[RU].
3.1. SATZ (Ku¨rzungsregel). Seien mit und . Dannist .
Beweis. Wegen ist . Wegen folgt ,
also .
Wir haben dabei benu¨tzt, dass ein Produkt ganzer Zahlen nur dann sein kann,
wennmindestenseinerderFaktoren ist.
3.2. SATZ (Teilen mitRest). Seien , . Danngibtes eindeutigbestimmte
ganze Zahlen mit , so dass . Falls , so ist auch .
Wirnennen denQuotientenund denRestbeiderDivisionvon durch .
Beweis. Zuna¨chstbeweisenwirdieExistenzvon und . Seidazu
esgibt mit
NachDefinitionist .
Falls ist, so ist und damit . Falls ist, so ist
, weil ist. Damit folgt . Mit dem Prinzip
des kleinsten Su¨nders folgt, dass ein kleinstes Element hat. In weiser Voraussicht
nennenwirdieses . Wegen ist .
Nach Definition von gibt es eine ganze Zahl mit . Falls nun
wa¨re,sowa¨re
und damit . Wegen ist aber , damitha¨tten wir einen
Widerspruchzur Wahlvon . Alsoist und wieverlangt. Ferner
istklar,dass ist,falls ist.
Es bleibt, die Eindeutigkeit von und nachzuweisen. Seien dazu weitere ganze
Zahlen und gegeben mit und . Nach Voraussetzung gilt
und ,alsoist
( ) bzw.
Andererseits ist , also . Falls nun
wa¨re, so wa¨re , denn ist eine ganze Zahl. Damit folgte aber
, imWiderspruchzu( ). Daherist unddamit
alsoauch .
3.3. DEFINITION. Seien . Dann heisst ein Teiler von , wenn es ein
gibtmit . Wirschreibendiesals .
Die isteinSonderfall,alleganzenZahlensindTeilerder . Offensichtlichgilt:
(1) .
(2) dieGleichung hateineLo¨sung .
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(3) und und .
(4) und und bestimmen eindeutig.
MitderKu¨rzungsregelfolgtna¨mlich ,falls .
3.4. RECHENREGELN. Seien . Danngilt:
(1)
(2) und
(3) und ,
(4) und fu¨ralle .
Beweis. (1) .
(2)Falls und ,soist .
(3)Falls und ,soist .
(4)Falls und ,soist .
3.5. SATZ. Sei , ,und einTeilervon . Dannist .
Insbesonderehat ho¨chstensendlichvieleverschiedeneTeiler.
Beweis. Sei der Quotient, . Dann ist . Wegen ist .
Alsoist ,denn . Daher
Wegen ist , es kommenalso ho¨chstensdie Zahlen als Teiler
von inFrage.
3.6.KOROLLAR. Seien positiveganzeZahlen. Fallsdann und ,soist .
Beweis. NachSatz 3.5ist und ,also .
In der Regel beschra¨nkt man sich bei Teilbarkeitsfragen auf positiveganze Zahlen.
JedepositiveganzeZahlenhatdie undsichselberalspositiveganzeTeiler. Die ist
dieeinzigepositiveganzeZahlmitnureinempositivenTeiler.
3.7. DEFINITION. Eine positive ganze Zahl heisst Primzahl, wenn genau zwei
positiveTeilerhat.
DieZahlen sindprim,aber nicht.
3.8. SATZ. Sei , . Dannsind a¨quivalent:
(1) isteinePrimzahl.
(2) Fu¨ralle gilt: oder .
Beweis. (1) (2): Seien . Falls oder ,dann oder ,undwir
sindfertig. Wirnehmendaherjetztan,dass und . OhneBeschra¨nkungder
Allgemeinheitko¨nnenwirauchannehmen,dass und positivsind,also .
Sei nun und . Dann sind , insbesondere .
Daherhat einkleinstesElement, . NachDefinitionvon ist .
Sei . Wir schreiben mit . Wegen , und
folgt . Nun ist wegen der Minimalita¨tvon , daher .
Damitfolgt fu¨rjedes . Insbesonderefolgt ,denn .
NOTIZENZURVORLESUNGLINEAREALGEBRA 5
Nunist eine Primzahl. Esgibtdaher nurzwei Fa¨lle: oder . Imersten
Fall ist Teiler von . Im zweiten Fall folgt , denn und teilt jedes
Elementvon .
(1) (2): Sei mitpositivenganzenZahlen . NachSatz3.5ist
. Mit (2) folgt oder . Im ersten Fall folgt dann analog , also und
damit nach der Ku¨rzungsregel. Im zweiten Fall folgt , also und
damit . Insgesamtfolgt,dass nur und alspositiveTeilerhat.
3.9. SATZ. Sei eineganzeZahl . DannistderkleinsteTeiler von prim.
Der kleinste Teiler von existiert, denn er ist ein kleinstes Element in der
Menge und —dieseMengeistnichtleer,weilsie entha¨lt.
BeweisvonSatz3.9. Wa¨re nicht prim, so ga¨be es mit . Aber dann
wa¨ren und und Teilervon imWiderspruchzurWahlvon .
3.10. SATZ (Euklid). 2EsgibtunendlichvielePrimzahlen.
Wir beweisen etwas mehr: Falls Primzahlen sind, so ist keine dieser
Zahlen Teiler der Zahl . Der kleinste Teiler von ist damit
einevondengegebenenPrimzahlenverschiedenePrimzahl.
Beweis. Seien Primzahlenund . Sei derkleinsteTeiler
von . Nach Satz 3.9 ist prim. Falls fu¨r ein , so wa¨re
aucheinTeilervon . Dannwa¨re abereinTeilervon
imWiderspruchzu .
AlsFolgerungderCharakterisierungvonPrimzahlenweiterobenerhaltenwirdas
3.11. KOROLLAR. TeilteinePrimzahl einProdukt ganzerZahlen,dann
teilt einenderFaktoren.
Beweis. Per Induktion u¨ber : Der Fall ist klar. Falls die Behauptung fu¨r
Faktoren richtig ist und das Produkt ganzer Zahlen teilt, so
teilt nach Satz 3.8 entweder oder . Im ersten Fall teilt nach
Induktionshypotheseeinen der Faktoren , im zweiten Fall den Faktor .
3.12. DEFINITION. Eine Primzahl, die eine ganze Zahl teilt, heißt ein Primteiler
oder Primfaktor von . Eine Darstellung von als Produkt von
PrimzahlenheißteinePrimzerlegungvon .
3.13. BEISPIELE. EinigeeinfacheBeispiele: , , .
3.14. KONVENTION. Das leere Produkt hat Faktoren, wir geben ihm den Wert .
Entsprechendhatdieleere Summe Summanden,wirerteilenihrdenWert .
3.15. SATZ (Hauptsatz der elementaren Zahlentheorie). Jede positive ganze Zahl hat
einePrimzerlegung. BisaufdieReihenfolgederFaktorenistdieseeindeutig.
2Euklidlebteum300v.u.Z.
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Beweis. Zuna¨chstzeigenwirdieExistenzderZerlegung,undzwarperInduktionu¨ber
die gegebene Zahl : Fu¨r gilt die Behauptung nach der gerade getroffenen
Konvention. Sei nun und die Behauptung richtig fu¨r alle ganzen Zahlen mit
. Sei der kleinste positive Teiler von , der ist. Dann ist eine
Primzahl und fu¨r eine ganze Zahl . Weil sind, ist auch .
Wegen folgt . Nach Induktionshypotheseist
mitPrimzahlen . Damit .
WirzeigenjetztdieEindeutigkeitderZerlegung,diesesMalperInduktionnachder
Anzahl der Primfaktoren: Fu¨r (und auch fu¨r ) ist die Aussage offenbar
richtig. Seinun und
mitPrimzahlen . Sei derkleinstepositiveTeilervon ,der
ist. Nach Satz 3.9 ist prim und teilt daher nach Korollar 3.11 einen der Faktoren
und einen der Faktoren . Nach eventueller Umnummerierung
folgt und . Weil und prim sind folgt , . Mit der
Ku¨rzungsregelerhaltenwir
Mitder Induktionshypothesefolgt unddass die Primfaktoren mit
denPrimfaktoren bisaufdieReihenfolge u¨bereinstimmen.
3.16. KONVENTION. Wir ordnen die Primfaktoren der Gro¨ße nach, gleiche Faktoren
fassenwirzuPotenzenzusammen:
3.17. KOROLLAR. Seien positiveganzeZahlenund
und
die Primzerlegungvon . Dann ist genau dann ein Teiler von , wenn ein Produkt
derForm istmit fu¨r .
Beweis. Es ist klar, dass alle Zahlen der angegebenen Form Teiler von sind. Sei
umgekehrt einTeilervon . UmTrivialita¨tenzuvermeidensei und ,also
mit . Seien und diePrimzerlegungenvon
und . Dannist
einePrimzerlegungvon . WegenderEindeutigkeitdieserist dahervonderangegebe-
nenForm.
Sei wie in Satz 3.15 und die Anzahl der positiven Teiler von . Spielt man
dieverschiedenenMo¨glichkeitenfu¨rdiepositivenTeilervon durch,dannerha¨ltman
ohnegro¨ssereProblemedieFormel .
NOTIZENZURVORLESUNGLINEAREALGEBRA 7
Sei die Summe aller positiven Teiler von . Dann heißt vollkommen, wenn
ist. Beispielesind
Gerade vollkommene Zahlen sind genau die Zahlen von der Form mit
prim. Solche Primzahlen heissen Mersennesche Primzahlen 3. Damit
primist,muss selberauchprimsein. Dasistabernichthinreichend,sieheAbschnitt
3ausKapitel1in[RU]. BeispieleungeradervollkommenerZahlensindnichtbekannt.
3.18. DEFINITION. Seien . Wir nennen einen gro¨ßten gemeinsamen
Teilervon und undschreiben ,wenn
(1) , und .
(2)Falls und , ,so .
Falls und natu¨rliche Zahlen sind mit und , so ist . Also ist
der von und eindeutig. Zu kla¨ren ist die Existenz. Fu¨r alle ist
. Wegen bleibt uns, den Fall
zuuntersuchen.
3.19. SATZ (Euklidischer Algorithmus). Seien positive ganze Zahlen mit .
Setze , underhalterekursivganzeZahlen , ,mit
DanngibteseinenerstenIndex mit ,undesist .
Beweis. Wegen und gibt es einen ersten
Index mit und . Dann ist , also ist ein Teiler von
. Nun ist , daher ist ein Teiler von , falls Teiler
von und ist. Induktivfolgtdamit und . Alsoist eingemeinsamer
Teilervon und .
Sei umgekehrt ein gemeinsamer Teiler von und , also von und . Nun ist
, also ist ein Teiler von , falls Teiler von und ist.
Induktivfolgt .
3.20. KOROLLAR. Seien . DanngibtesganzeZahlen mit
Beweis. OhneBeschra¨nkungderAllgemeinheitdu¨rfenwir annehmen. Wir
betrachten den Euklidischen Algorithmus aus Satz 3.19: Nach den Bezeichnungen
dortist
( )
Wegen ko¨nnenwiraufderrechtenSeitevon rekursivjeweils
die Zahl mit dem ho¨chsten Index durch die entsprechende Kombination der zwei
vorherigen Zahlen, na¨mlich und ersetzen. Auf diese Weise erhalten wir
schliesslich mitgeeignetenganzenZahlen und .
3MarinMersenne(1588–1648).
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4. RECHNEN MIT KONGRUENZEN
Sei einebeliebige,aberfestgewa¨hlteganzeZahl. Wirsetzen
(4.1)
dieMengederganzenVielfachenvon . Fu¨r giltoffenbar genau
dann, wenn ein Teiler von ist. Wir sagen dann, ist kongruent zu modulo
und schreiben modulo oder kurz: . Wenn ist, so ist
offenbar genaudann,wenn und beiderDivisiondurch denselben
RestimSinnevonSatz 3.2haben.
4.2. SATZ. Die Relation ist eine A¨quivalenzrelation, siehe Defini-
tion15.1. MitanderenWorten,fu¨ralle ist
(1) ,
(2) ,
(3) und .
4.3. RECHENREGELN. Seien mit und .
Dannist
(1) .
(2) .
Beweis. Esgibt mit und . Daher ist
damit(1). Ferner ist
damit(2).
Zu setzenwirjetzt
(4.4)
dieKongruenzklassebzw. Restklassevon 4. Esgiltimmer ,insbeson-
dere ist . Wichtig in allen Lebenslagen: Das Rechnen mit Kongruenzklassen
isteinfacher alsdasRechnenmitganzenZahlen.
4.5. BEISPIELE. 1) Die Uhrzeit: Das Zifferblatt der Uhr zeigt die Stunden von bis
. Wennesjetzt Uhrist,soistesin Stunden Uhr: In Stundendrehtsichder
ZeigerderUhreinmalvollumseineAchse,erzeigtdannwiederaufdie . Esbleiben
Stundenund . BeiderUhrzeitrechnenwirmodulo . 5 Alsoist
und .
Es ist eine sehr empfehlenswerte U¨bung, die Definitionen und Resultate dieses Ab-
schnittsimBeispielderUhrzeitdurchzuspielen.
4IchhabedieNotationausderVorlesunggea¨ndert, wirdzu .
5WennmannochdenUnterschiedvonVormittagundNachmittagberu¨cksichtigt,dannrechnetman
modulo .
NOTIZENZURVORLESUNGLINEAREALGEBRA 9
2) Die Winkelmessung in Grad: Der volle Kreis hat Grad, bei der Winkelmes-
sungrechnetmandeshalbmodulo .
3) Rechenku¨nstler berechnen auf Zuruf des Datums den zugeho¨rigen Wochentag.
ZurTrickkistegeho¨rtdabeiRechnenmodulo . Fu¨rKomplikationensorgendieunter-
schiedlichen La¨ngen der Monate, Schalttage und die Gregorianische Kalenderreform.
Trotzdem ist das Verfahren nicht besonders schwierig, bei etwas Talent im Kopfrech-
nenkannmanesinwenigenStundenbiszurGesellenpru¨fungbringen. DasVerfahren
wirdaufderHeimatseitevonGregorWeingarterkla¨rt:
www.math.uni-bonn.de/people/gw.
4.6. LEMMA. Seien . Dannist .
Beweis. Wir fu¨hren einen Ringschluss durch, wir wiederholen dabei das Argument
aus dem allgemeineren Satz 15.2: Sei . Dann gibt es ein mit
. Fu¨r ist dann , mithin
. Wir ko¨nnendie Rollen von und vertauschen,also folgtebenso ,
damitinsgesamt . Daher folgtdiezweiteEigenschaftausderersten.
Falls die zweite Eigenschaft gilt, so auch die dritte, den Kongruenzklassen sind
niemalsleer.
Sei nun . Dann gibt es mit . Also ist
unddamit .
DieMengederKongruenzklassennennenwir modulo undschreibensie
(4.7)
Falls und eine ganze Zahl ist mit , so ist . Dann heisst
Repra¨sentantvon . Fu¨r giltoffenbar: JedederKlassenin istdurchgenau
einederZahlen repra¨sentiert, hatdamit Elemente, .
WirdefinierenjetztAdditionundMultiplikationvonKongruenzklassen: Seien
. Wa¨hle mit , . Setze
(4.8)
DierechtenSeitensindwohldefiniert,d.h.,unabha¨ngigvonderWahlderRepra¨sentanten.
Fallsna¨mlich und weitereRepra¨sentantensind,soist und
,also und mitdenRechenregeln
4.3. Mithin und nachLemma4.6.
DasRezeptfu¨rAdditonundMultiplikationlautetalso: Wa¨hleRepra¨sentanten,bilde
ihre Summe bzw. ihr Produkt, nehme die Kongruenzklasse des Resultats. Damit ist
nichterstaunlich,dassdieRechenregelnfu¨rdasRechnenmitganzenZahlenweiterhin
Bestandhaben.
4.9. LEMMA. Fu¨ralle gilt:
(1) und .
(2) und
(3) und .
(4) Falls , soist .
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Beweis. Wir nu¨tzen aus, dass die entsprechenden Regeln fu¨r das Rechnen mitganzen
Zahlengelten. Seien Repra¨sentanten. Dannist
DenBeweisderrestlichenRegelnlasseichalsU¨bung.
Ich komme jetzt zu der anfangs angeku¨ndigten Anwendung in der Kryptographie,
zum RSA-Verfahren. Das Verfahren beruht auf einem Satz der Mathematiker Fermat6
undEuler7.
4.10. DEFINITION. Wir nennen teilerfremd, falls ist. Fu¨r
sei die Anzahl der zu teilerfremden Zahlen aus . Wir
nennen dieEulersche -Funktion.
ZumBeispielist
4.11. SATZ (Euler-Fermat). Seien teilerfremdepositiveganzeZahlen. Dannist
Dieser Satz entha¨lt den Kleinen Satz von Fermat als Spezialfall: Fermat bewies
Satz4.11unterderVoraussetzung,dass primist. Dannist .
In [RU], Abschnitt 1 in Kapitel 5, findet man einen zahlentheoretischen Beweis
dieses Satzes. Wir werden in unserem Beweis Hilfsmittel aus der Gruppentheorie
verwendenundverschiebendenBeweisdaherandasEndevonAbschnitt6.
Nun zum mathematischen Aspekt des RSA-Verfahrens: Man verschlu¨ssele Nach-
richtenzuna¨chstaufeinegeeigneteWeisemitnatu¨rlichenZahlen. SolcheNachrichten
werdeninderPraxiseinegewisseLa¨ngenichtu¨berschreiten.
Das RSA-Verfahren ist asymmetrisch, das heisst, Sender und Emfa¨nger sind nicht
gleichberechtigt. Der Emfa¨nger wa¨hlt Primzahlen und , die sehr groß sind und auf
jedenFall(viel)gro¨ßeralsdieNachrichten. Ersetzt . Dannist
wiemandurchAbza¨hlenleichtfeststellt. DerEmpfa¨ngerwa¨hltausserdemeineweitere
Zahl , die teilerfremd zu ist. Der Name fu¨r diese Zahl steht fu¨r encryption.
DerpublickeydesEmfa¨ngersbestehtausdenZahlen und . Diesevero¨ffentlichter,
dieSenderderNachrichtenbenu¨tzensie,umihreNachrichtenzuverschlu¨sseln.
Der private key des Empfa¨ngers besteht aus einer ganzen Zahl mit
. EsgibtalsoeineganzeZahl mit .
Der Sender berechnet den Rest von bei der Division durch im Sinne von
Satz 3.2. Dann ist . Diesen Rest sendet er an den Empfa¨nger. Dieser
berechnet dann den Rest von bei der Division durch . Sender und Empfa¨nger
6PierredeFermat(1601–1665).
7LeonhardEuler(1707–1783).