Table Of ContentUniversităt Bielefeld, Fakultăt fiir Mathematik
Projektgruppe Fernstudium
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer
ISBN 978-3-662-12436-9 ISBN 978-3-662-12435-2 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-12435-2
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© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1971, 1972
Urspriinglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1972
Library of Congress Catalog Card Number: 77-171871'
Inh alt
1
Das Konzept
12
Mengen
3
Relationen
4
Abbildungen
5
Das Umkehrproblem
6
Schaltwerke
7
Schaltalgebra-Boolesche Algebra
a
Mathematische Methoden
9
Aussagenlogik-Boolesche Algebra
riO
Aquivalenzrelationen
11
Zerlegungen
12
Der Anzahlbegriff
tl3
Die nati.irlichen Zahlen
rl4
Die ganzen Zahlen
rl5
Die rationalen Zahlen
-
Ruckblick und Ausblick
Mathematisches
Vorsemester
Texte
DasKonzept
113
D A S K 0 N Z E P T
Aufgaben und Ziele
In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, daB im Fach Mathematik der Ober
gang zwischen Schule und Universitat mit besonderen Schwierigkeiten verbun
den ist. Verantwortlich fur diese Schwierigkeiten ist in erster Linie der un
terschiedliche m e t h o d i s c h e A n s a t z in Schule und Universi
tat.
In der Schule betreibt man Mathematik unterstUtzt durch eine vorhandene und
im Mathematikunterricht geschulte A n s c h a u u n g (Geometrie, Kurven
diskussionen, Vektoren, Trigonometrie usw.).
Bei hoher entwickelten mathematischen Theorien, wie sie schon wahrend der er
sten Semester auf der Universitat gelehrt werden, sind BegrUndJngen und Be
weise ausgehend von Grundannahmen (Axiome) oder schon bewiesenen Satzen mit
Hilfe streng k o d i f i z i e r t e r Be we i s v e r fa h r en zu
rtihren.
Eine wichtige Voraussetzung fUr die Arbeit des Mathematikers ist es daher,
die T h e o r i e zu fixieren, in der er gerade arbeitet, das hei8t, Grund
annahmen, von denen er ausgeht, anzugeben. Die Aussage, dieser oder jener
mathematische Satz sei wahr oder falsch, ist nicht sinnvoll, ohne die mathe
matische Theorie zu nennen, in der dieser Satz seinen Platz einnimmt.
DemgegenUber ist in der Schulmathematik nur selten von Theorien die Rede, in
die sich ein bestimmter mathematischer Sachverhalt einordnet. GrUnde las
sen sich leicht angeben; es sind im wesentlichen zwei Theorien, auf denen die
Schulmathematik basiert: Zahlen und Raum Man verrtigt in diesen Berei
11 11 11 11•
chen Uber die Anschauung, die gewisse Sachverhalte als zutreffend erkennen
1a8t und bestimmte SchlUsse als richtig einzusehen hilft. Die Notwendigkeit,
Axiome und zulassige Schlu8weisen zu fixieren, scheint daher nicht gegeben.
Soweit die Universitaten in ihren Anfangervorlesungen aus der Schule bekannte
411
Gebiete wiederholen. beschranken sie sich darauf, sie unter den oben ange
ruhrten Gesichtspunkten zu behandeln ohne jedesmal die GrUnde rur den Wech
1
sel des methodischen Ansatzes transparent zu machen.
Haufig gewinnt der Student so den Eindruck. daB von ihm "unsinnige" Dinge
verlangt werden.
-- Er soll Sachverhalte beweisen. die er (auf Grund seiner Anschauung) rur
vollig klar halt (und deren Richtigkeit wahrend 13jahrigen Schul
sein~r
zeit nie angezweifelt wurde).
Er soll Beweise, die er in der Schule (mit Hilfe der Anschauung) geruhrt
hat (Evidenzbetrachtungen). als Pseudobeweise erkennen.
Neben solchen "Wiederholungen" in verschiedenen Gebieten werden in den An
fangssemestern neue Inhalte angeboten. die oft weit von dem entfernt zu sein
scheinen. was man in der Schule unter Mathematik verstanden hat.
Aus systematischen GrUnden wird in den ersten Semestern Stoff behandelt, der
sich spater als unerlaBliches "Handwerkszeug" bei der Behandlung komplizier
ter mathematischer Sachverhalte erweist. Da die Motive rur dieses Vorgehen
dem Studenten nur selten mitgeliefert werden, kann er die Bedeutung dieser
Theorien nicht erfassen und ist leicht bereit, sie als "unnUtze Spielerei"
abzutun, oder aber er findet SpaB an diesen "Spielereien" und verzichtet dar
auf, nach tieferliegenden Motiven zu fragen.
Zusammenfassend konnte man sagen, daB der Student auf der einen Seite von der
Schule nicht auf die Art, wie man in der Universitat Mathematik betreibt,
vorbereitet ist, die Universitat sich auf der anderen Seite nicht die MUhe
macht. ihn von der Schule "abzuholen", das heiBt. ihn in das neue Methoden
bewuBtsein einzufUhren und das Stoffangebot der ersten Semester ausreichend
zu motivieren. Ergebnisse dieses Bruches zwischen Schule und Universitat
sind- au6er einem ganz erheblichen Abschreckungseffekt vor dem Mathematik
studium - hohe Studienabbrecherzahlen, sowie eine betrachtliche Studienzeit
verlangerung, da sich die Auswirkungen der Anfangsschwierigkeiten bis in hohe
Semester bemerkbar machen.
Diese Tatsachen gewinnen angesichts des groBen Bedarfs an Mathematikern in
allen Bereichen der heutigen Industriegesellschaft und vor allem angesichts
des groBen Mangels an Mathematiklehrern immer mehr an Gew1cht. Wichtiger noch
erscheinen uns die fUr den Studenten personlichen Folgen dieser Situation.
die oft Enttauschungen und Entmutigungen mit sich bringen.
Seit einigen Jahren werden auf vielen Ebenen Anstrengungen unternommen. diese
Schwierigkeiten an der Nahtstelle zwischen Schule und Hochschule abzubauen
(kleine Obungsgruppen, einfUhrende Vorlesungen, Arbeitsgemeinschaften in den
Schulen). In diesem Zusammenhang sind Aktivitaten zu nennen, die dazu ge
fUhrt haben, in Nordrhein-Westfalen sechs- bis achtwochige "Vorkurse" ein
zurichten fur Abiturienten, die vorhaben, Mathematik zu studieren.
Leider erlaubt es das AusmaB, das diese Vorkurse in NRW bereits angenommen
haben, auf die Dauer nicht. daB sich die Universitaten mit ihrer beschrankten
personellen Ausstattung auch weiterhin stark bei der inhaltlichen Vorberei
tung und DurchfUhrung solcher Veranstaltungen engagieren.
Es ist daher notwendig, auf diesem Gebiet und selbstverstandlich auch auf al
len anderen, WO sich ahnliche Schwierigkeiten herausgestellt haben, den Ein
satz neuer Medien (z.B. TextbUcher, Lehrbriefe, Fernsehen, Rundfunk, Film)
zu erproben.
Das Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen hat aus diesem Grund zu Beginn
des Jahres 1970 eine Gruppe von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Fakultat
fUr Mathematik an der Universitat Bielefeld mit der "Erforschung didaktischer
Moglichkeiten von Fernstudiengangen im Medienverbund auf dem Gebiete der Ma
thematik" betraut. Diese Arbeitsgruppe hat in Zusammenarbeit mit dem West
deutschen Fernsehen einen Studiengang im Verbund der Medien F e r n s e -
hen. schriftliches Begleitmaterial, Tu-
t o r i a 1 s mit dem Ti tel MATHEMATISCHES VORSEI'4ESTER projekti ert und
im Herbst 1970 erstmalig erfolgreich durchgefuhrt.
Ziel des MATHEMATISCHEN VORSEMESTERS ist in erster Linie, die Schwierigkei
ten, die sich beim Obergang von der Schule zur Universitat ergeben, soweit
wie moglich zu Uberwinden. Seine Absicht ist daher nicht so sehr, Stoff zu
vermitteln, sondern die Teilnehmer in die Lage zu versetzen. Methoden, Fra
gestellungen und Ergebnisse der Hochschulmathematik kennenzulernen und ihre
Bedeutung einzusehen.
An Hand einiger ausgewahlter Problembereiche wird versucht:
Das typisch methodische Vorgehen der Mathematik zu verdeutlichen, insbe
sondere den Teilnehmern eine Einsicht zu vermitteln in die Prinzipien
der Exaktheit, die Struktur des Abstraktionsvorganges (Erkennen von Ge
meinsamkeiten, Denkokonomie, Verdeutlichung von Zusamrnenhangen) und die
Entwicklung von Mathematik.
Die Motive fur einzelne Methoden sichtbar zu machen, z.B. die Notwendig
keit und Okonomie axiomatischen Vorgehens aufzudecken.
Die inner- sowie auBermathematische Bedeutung des behandelten Stoffes zu
k1 a ren • z • B• :
Zusamrnenhange zwischen verschiedenen Bereichen der Mathematik zu er
lautem.
Zusammenhange zwischen Mathematik und ihren Anwendungen aufzuzeigen.
Insbesondere zu verdeutlichen, daB die Wahl einer bestimmten Theorie
sich nicht nur mit mathematischen Methoden begrUnden laBt.
Jeder, der sich entschlieBt, Mathematik zu studieren, sollte sich schon vor
Beginn seines Studiums darUber klar werden, daB Mathematik zielgerichtet zur
Bewaltigung gesellschaftlicher und individueller Aufgaben eingesetzt werden
kann. Nur dadurch kann er wahrend seines Studiums seine eigene Motivation,
Probleme, die ihm gestellt werden, und Ergebnisse seiner und anderer Arbei
ten in ihrer ganzen Tragweite erfassen und beurteilen.
Teilnehmer am MATHEMATISCHEN VORSEMESTER sollen so besser abschatzen kon
nen, was es heiBt, Mathematik zu studieren, urn eine begrUndete Entscheidung
fur oder gegen die Wahl des Faches Mathematik schon vor Beginn des Studiums
zu treffen.
Das MATHEMATISCHE VORSEMESTER bietet eine sinnvolle Vorbereitung des Stu
diums und erleichtert dessen Beginn.
Der Kurs beschrankt sich aber nicht darauf, vorhandene Schwierigkeiten zu ak
zeptieren und zu Uberwinden. Es ist weiterhin seine Aufgabe, Schule und Uni
versitat zu didaktischen und inhaltlichen Veranderungen anzuregen, urn die
Kluft zwischen beiden Institutionen zu schlieBen.
11 7
Medienverbund
Nach diesen allgemeinen Erorterungen Uber Aufgaben und Ziele des MATHEMATI
SCHEN VORSEMESTERS gehen wir nun auf die Funktionen und das Zusammenwirken
der einzelnen Medien (Fernsehen, schriftliches Begleitmaterial, Tutorials)
ein.
Fernsehen: Infolge der zeitlichen Begrenzung der Sendungen (16 l/2 Std.)
x
und der dem Fernsehen eigenen flUchtigen Darbietungsart kann dieses Medium
nicht die Hauptlast tragen.
Seine Aufgabe ist es:
Problembewu8tsein zu wecken, das hei8t, Motive fUr die Behandlung der ein
zelnen Stoffgebiete aufzudecken.
Problemstellungen zu verdeutlichen und Losungswege zu skizzieren. Hier bie
tet das Fernsehen die Moglichkeit, schwierige Sachverhalte durch Graphiken
und besonders Trickfilme wirksamer als ein Textbuch zu veranschaulichen.
In didaktischer und fachlicher Hinsicht schwierige Punkte herauszugreifen
und im Gesprach zu klaren.
Abschlie8end Uber die behandelten Themen zu reflektieren, urn Probleme,
Stellenwert und NUtzlichkeit des behandelten Stoffes aufzuzeigen.
In den Sendungen am Samstag werden einzelne Probleme und Fragestellungen
vertieft und Ausblicke gegeben.
Schriftliches Begleitmaterial: Das RUckgrat des MATHEMATISCHEN VORSEMESTERS
bildet das schriftliche Begleitmaterial. Es umfa6t den gesamten lnhalt, bie
tet ihn schon vor der Sendung an und halt ihn wahrend des ganzen Kurses pra
sent. Das macht es UberflUssig, wahrend der Sendung mitzuschreiben.
Urn den Verbund zwischen den einzelnen Medien moglichst eng zu gestalten, ist
das schriftliche Begleitmaterial relativ zu den Sendungen zeitlich geglie
dert.
Jedes Kapitel besteht in der Regel aus dem
"Text v o r der Sendung"
"Text w h r e n d der Sendung" (Telebijgen)
~
"Text n a c h der Sendung"
und Obungsaufgaben.
Zweckder "Texte vor der Sendung" istes,denfolgenden
Abschnitt vorzubereiten, sowie Stellenwert und NUtzlichkeit, soweit dies be
reits moglich ist. aufzuzeigen.
Urn den Zuschauer wahrend der Sendung zur Mitarbeit anzuregen, gibt es "T e -
1 e b o g e n". deren "LUcken" wahrend der Sendung auszufUllen sind.
Die "T e x t e n a c h d e r S e n d u n g" bilden den umfangreichsten
und wichtigsten Teil des Begleitmaterials. Hier werden die in den Sendungen
angesprochenen Probleme weiterverfolgt, exakt formuliert und gelost. Ein
0 b e r b l i c k halt die wichtigsten Ergebnisse fest.
Den jedes Kapitels bilden 0 b u n g s a u f g a b e n (teilweise
Abschlu~
in programmierter Form), die dem Teilnehmer die Gelegenheit bieten, sein Wis
sen zu UberprUfen und sich durch eigene Beschaftigung mit mathematischen Ge
genstanden und Methoden vertraut zu machen. Im Text finden sich wei
au~erdem
tere Obungsaufgaben. die beim Lesen des Textes an der entsprechenden Stelle
bearbeitet werden sollen. Losungen dazu sind am Ende des jeweiligen Kapitels
angegeben. Die mit diesen Obungsaufgaben empfehlen wir dem Le
Besch~ftigung
ser dringend.
Der gewi8 betrachtliche Umfang des schriftlichen Begleitmaterials
erkl~rt
sich aus der Zielvorstellung, nicht nur reines Faktenwissen zu vermitteln.
sondern auch Motive fUr das Vorgehen aufzuzeigen. In dieser Betonung des Mo
tivierens unterschieden sich die Texte des MATHEMATISCHEN VORSEMESTERS von
herkommlichen LehrbUchern.
Der Text ist so ausfuhrlich, daB er weitgehend erarbeitet werden
selbst~ndig