Table Of ContentRoland R. Rücke! · Lokalredakteure
Gesellschaft und Kommunikation
Eine Schriftenreihe, herausgegeben von
Peter R. Hofstätter, Harnburg
Günter Kieslicht, Salzburg · Joachim H. Knoll, Bochum
Peter Meyer-Dohm, Bochum · Franz Ronneberger, Nürnberg
Franz Schneider, Müheben · Karl Gustav Specht, Nürnberg
Band 20
Für die Herausgabe verantwortlich: Prof. Dr. Franz Ranneberger
Roland R. Rückel
Lokalredakteure
Eine vergleichmde Rollenanalyse
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Gedruckt mit Hilfe der Stiftung Wissenschaft und Presse
ISBN 978-3-531-05056-0 ISBN 978-3-322-85877-1 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-85877-1
n 2
© 1975 Springer Fachmedien Wiesbaden
Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmBH Opladen
Satz: Margit Seifert, Erkrath
Druck und Buchbinderei: Lengericher Handelsdruckerei, Lengerich
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Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.
Vorwort des Herausgebers
Mit der roHenanalytischen Untersuchung des Lokalredakteurs setzt Roland Rücke!
ein Forschungsprogramm des Instituts für Politik-und Kommunikationswissenschaft
der Universität Erlangen-Nürnberg fort, das sich auf die Kommunikatoren der Mas
senkommunikation und die Entstehung von publizistischen Aussagen bezieht. (Vgl.
die Veröffentlichungen von Manfred Rühl und Ilse Dygutsch-Lorenz in dieser Schrif
tenreihe.) In den medienpolitischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre haben
die Lokalteile von Tageszeitungen ständig eine Aufwertung erfahren: sie gelten heute
als die unangefochtene Domäne der Presse im Tätigkeits- und Leistungsvergleich sämt
licher Massenmedien. Diese Bedeutungssteigerung steht jedoch im Widerspruch zum
Ansehen der Lokalredakteure innerhalb der Zeitungen und der Medien insgesamt.
Darüber wird zwar alJerorts geklagt, doch ein Wandel dieser EinstelJungen scheint sich
nur zögernd zu vollziehen.
Soweit die ältere Zeitungswissenschaft an der Erforschung von Entstehen und
Fortwirken von Einstellungen in der Presse überhaupt beteiligt war, muß sie sich vor
werfen lassen, die Lokalredaktion vernachlässigt zu haben. Mit der vorliegenden Un
tersuchung soll dieses Versäumnis aufgeholt werden. Rücke! beteuert mit Recht, daß
er in der vorhandenen Literatur so gut wie keine Hilfe für seine Arbeit finden konnte.
So muß auch diese Untersuchung wie schon die Arbeiten von Manfred Rühl und Ilse
Dygutsch-Lorenz zunächst mit der systematischen Sammlung von Material, also mit
Deskription beginnen. Hierzu wurden zeitaufwendige Beobachtungen in fünf Lokal
redaktionen angestellt. Rücke! benützte dabei die bereits für solche Untersuchungen
bewährte Methode der umfassenden protokollierenden Beobachtung mit anschließen
den offenen Interviews aller Lokalredakteure.
Der an "handfesten" Ergebnissen interessierte Leser mag sich darüber ärgern. daß
er sich zunächst durch einen nicht kleinen theoretischen Teil hindurcharbeiten muß;
er wird vieHeicht den Sinn dieser begrifflichen Anstrengung nicht ohne weiteres erken
nen. Mit Sicherheit handelt es sich um l'art pour l'art. Die Suche nach umfassenden
und partiellen Theorien für das Verständnis der Medienkommunikation bedeutet nicht
mehr und nicht weniger als die Chance, allgemeingültige Aussagen über Entstehung,
Inhalt und Wirkung publizistischer Äußerungen zu machen. Während dies in anderen
Feldern des sozialen Handeins längst zur Selbstverständlichkeit gehört - man denke
an so spektakuläre Fälle wie die Wahlforschung und Wahlprognose -, hinkt die Kom
munikationswissenschaft noch erheblich nach. Rühl hat 1969 die funktionale System
theorie in die Kommunikatorforschung eingeführt. um sie organisationswissenschaft
lich auszumünzen. Dygutsch-Lorenz arbeitete mit den Theorien der Organisationsso
ziologie. Rücke! versuchte. einen weiteren Schritt zu tun: Er verbindet einige Grund-
auuaumen der funktional-strukturellen Systemtheorie mit den sozialen Rollentheorien.
Beiden Ansätzen gemeinsam ist die konstituierende Bedeutung der Umwelterwartun
gen: Systeme wie einzelne Rollenträger reagieren auf generalisierte Erwartungen, die
sich in der "Struktur" von System und Rolle manifestieren.
Was dies konkret für das Handeln des Redakteurs bedeutet, wie er solche Erwartun
gen tatsächlich in den Herstellungsprozeß umsetzt, das ist der Kern des funktionalen
Problems.
Richtig ist der Ansatz, bei der Definition des Kommunikators nicht von einzelnen
Personen auszugehen, sondernangesichtsder hohen Organisiertheit des redaktionel
len Handeins den vom System Redaktion zur Funktionserfüllung vorausgedachten
Handlungstyp ins Auge zu fassen, also die redaktionellen Verhaltensprogramme und
Handlungsmuster, die der Person Redakteur als "Bündel" von Erwartungen und ge
setzten Entscheidungsprämissen durch die Organisation Redaktion vorgegeben wer
den. Freilich bringt diese Definition für den empirisch vorgehenden Forscher enorme
Schwierigkeiten mit sich, denn unmittelbar zu beobachten ist eben in erster Linie das
tatsächliche Handeln der Redakteure als Personen. Und so enthält der empirisch-de
skriptive Teil der Arbeit auch im wesentlichen die Beschreibungen von Aktivitäten
der Redakteure und ihrer Beziehungspartner.
Die innovative Leistung des Verfassers besteht darin, diese Feststellungen im Hin
blick auf sein theoretisches Konzept wieder zu hinterfragen, um sodann im Verein mit
anderweitig feststellbaren Erwartungen so etwas wie eine Erwartungsstruktur für Lo
kalredaktionen darzustellen. Selbstverständlich klafft hierbei wie nahezu bei allen em
pirischen Untersuchungen noch immer eine erhebliche Lücke zwischen theoretischem
Anspruch und empirisch gesicherten Erkenntnissen. Rücke! ist sich dessen voll be
wußt. Er geht mit aller gebotenen Gründlichkeit auf diese methodische Frage ein und
relativiert die gewonnenen Erkenntnisse. An diesem Punkt könnte eingewendet wer
den, ob es überhaupt das Ziel der Untersuchung sein konnte, solche übereinstimmen
den oder gemeinsamen Strukturen zu finden, oder ob es nicht gerade umgekehrt reiz
voll gewesen wäre, die "typischen" Merkmale unterschiedlicher Lokalredaktionen her
auszuarbeiten. Das würde aber wiederum bedeuten, eine Vergleichsebene zu besitzen.
Woran soll man messen?
Das erhobene Material selbst bietet eine Fülle an neuen Einsichten in die Arbeits
gebiete unterschiedlicher Lokalredaktionen: Mitglied einer Redaktionsgemeinschaft,
Nebenausgabe einer Regionalzeitung, Lokalressort der Regionalzeitung, Lokalressort
der überregionalen Zeitung, Lokalressort der Boulevardzeitung. Geordnet ist das Ma
terial jeweils nach Umweltbeziehungen: Personal, andere Ressorts, Verlag, Informa
toren, Publikum, andere Massenmedien, Presserecht und dem redaktionellen Entschei
dungsprozeß. Aus dieser Gliederung geht bereits deutlich hervor, daß es dem Verfas
ser jeweils auf die Beziehungen zu den Um weiten angekommen ist. Und so finden wir
in der Analyse jeweils wieder für die fünf Typen getrennt die von Rühl aufgefundenen
formalisierten Regeln, die sich als Antworten auf bestimmte Erwartungen ihrer Um
welten darstellen, die Rücke! bestätigen und erweitern konnte: Zustimmung zu den
Redaktionszwecken, Anerkennung der Entscheidungsrechte der Redaktionsleitung,
Informationsverarbeitung nach dem Entscheidungsprogramm, Identifikation mit der
Redaktion, Ausschluß der Konkurrenzmitarbeit bzw. Genehmigungspflicht für Neben-
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tätigkeit, Wahrung der redaktionellen Diskretion, Orientierung am relevanten Recht,
Erreichbarkeit und Einsatzbereitschaft außerhalb der Dienstzeit.
Bei aller Gründlichkeit der theoretischen Bemühungen und kritischer Behandlung
der erhobenen Daten bleibt diese Untersuchung eine Einzelfallstudie. Rücke) ist weit
davon entfernt, seine Ergebnisse überzubewerten, er schränkt sie im Gegenteil immer
wieder ein. Nichtsdestoweniger haben wir es mit der ersten empirisch vergleichenden
Analyse von konsequent organisationsbezogenen Iokalredaktionellen Kommunika tor
rollen in Deutschland zu tun. Es ist zu hoffen, daß sie stimulierend auf weitere Ar
beiten in diesem Bereich wirkt.
Nürnberg, Juli 1975 Franz Ranneberger
3
Vorwort des Autors
Ich empfinde es als angenehme Verpflichtung, hiermitalljenen Dank zu sagen, die
die Durchführung der vorliegenden Untersuchung unterstützt haben. Mein Dank gilt
in erster Linie Professor Dr. Pranz Ranneberger und Dr. Manfred Rühl, die mir zahl
reiche Anregungen und Hinweise gaben. Den Verlegern, Herausgebern und Chefre
dakteuren, die mir Zugang zu den ausgewählten Lokalredaktionen verschafften, bin
ich für ihr großes Verständnis und freundliches Entgegenkommen sehr verbunden.
Herzlichen Dank schulde ich aber vor allem den Ressortleitern, Redakteuren und
Volontären, die durch ihre Aufgeschlossenheit und bereitwillige Mitarbeit entschei
denden Anteil am Zustandekommen dieser Untersuchung haben.
Bonn, Juli 1975 Roland Rückel
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Inhalt
Einleitung . 9
Erster Teil:
Theoretische Konzeption II
1. Der Lokalredakteur und sein Ressort - das Kommunikatorbild in
Literatur und Forschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II
1.1. Der Kommunikator in der schöngeistigen Literatur ......... . II
1.2. Der Kommunikator in der zeitungs-und publizistikwissenschaft-
lichen Literatur .............................. . 13
1.3. Der Kommunikator in der sozialwissenschaftliehen Literatur 14
2. Problemstellung und theoretische Ansätze ... 17
3. Die systembezogene Rollentheorie ................. . 21
3.1. Diskussion bisheriger Rollenanalysen ................... . 21
3.2. Bildung und Elemente der Systemstruktur. . . . ........ . 23
3.2.1. Mitgliedsrolle . . . . . . . . . . . . . . . .... . 25
3.2.2. Programme ..... . 27
3.2.3. Einzelrollen .... . 28
3.2.3.1. Rangrollen ..... . 30
3.2.3.2. Leistungsrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.3. Rollenanalytisches Untersuchungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Zweiter Teil:
Technische Konzeption und Durchführung 36
1. Hypothesenbildung .......... . 36
2. Wahl und Planung der Forschungstechniken. 37
2.1. Beobachtungsverfahren . 39
2.2. Beobachtungsstrategie 41
2.3. Befragungsverfahren ................ . 43
2.4. Befragungsstrategie ............................... . 44
3. Auswahl der Untersuchungsobjekte . . . . .... . 45
4. Zugang und Einführung .......... . 47
5. Erhebung und Auswertung der Daten .. 48
6. Geltung und Genauigkeit der Ergebnisse 51
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