Table Of ContentCornelia Herberichs,
Christian Kiening (Hg.)
Literatur ermöglicht die Teilhabe der Lesenden und
erfordert sie zugleich. Sie schafft Tatsachen und verändert
die Wirklichkeit. Sie stimuliert Reflexionsprozesse und
Handlungsvollzüge. Der vorliegende Band beschreibt dies
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in repräsentativen Kapiteln mit Blick auf vormoderne ä
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Texte und ihre Dynamiken. Er spannt den Bogen von der i Literarische
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Spätantike bis zur frühen Neuzeit, von Augustinus bis ti
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Descartes, von der spirituellen Autobiographie bis zum m
jesuitischen Reisebericht. Er zeigt damit zugleich die
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Eigenart und Vielfalt älterer Literatur – und die Verfahren
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aktueller Wissenschaft, sie zum Sprechen zu bringen.
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Literarische Performativität
Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen
Veröffentlichungen des Nationalen Forschungsschwerpunkts
»Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen.
Historische Perspektiven«
Herausgegeben von christian kiening und martina stercken
in Verbindung mit elvira glaser, jürg glauser, martin-dietrich glessgen,
barbara naumann und andreas thier
Band 3
cornelia herberichs, christian kiening (hg.)
literarische Performativität
lektüren vormoderner texte
Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der
wissenschaftlichen Forschung und der Universität Zürich.
Umschlagabbildung: Paternoster-Andacht in einem Sammelband mit
Erbauungsschriften; Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. oct. 37, fol. 1v
© 2008 Chronos Verlag, Zürich
ISBN 978–3-0340-0897–6
Vorwort
Schon Walter Benjamin stellte im Aufsatz über Das Kunstwerk im Zeichen seiner
technischen Reproduzierbarkeit fest: »Die Art und Weise, in der die menschliche
Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt – ist nicht
nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt.« Diese Geschichtlichkeit
manifestiert sich nicht erst im Hinblick auf jene Phasen seit dem 19. Jahrhun-
dert, die einen Begriff von Medien und den mit ihnen befassten Wissenschaften
hervorgebracht haben. Sie reicht so weit zurück, wie es Überlieferung gibt. Sie
ist aber nur zur Geltung zu bringen, wenn man von teleologischen Haltungen
und technologischen Fixierungen Abstand nimmt. Das soll in der Reihe Me-
dienwandel – Medienwechsel – Medienwissen geschehen. Ihr geht es um die
kulturellen Sinnbildungsleistungen des Medialen in seinen historisch-sozialen
Erscheinungsformen und Funktionsweisen. Besonderes Augenmerk gilt den
Situationen, in denen kommunikative Praktiken sich verändern, mediale For-
men Dynamisierung erfahren, Kommunikation und Medialität ausgestellt oder
verhandelt werden. Die Reihe vereinigt Erträge des gleichnamigen interdiszi-
plinären Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS), für den die Universität
Zürich das leading house darstellt. Zugleich bietet sie ein generelles Forum für
mediengeschichtlich einschlägige Arbeiten.
Der vorliegende Band greift eine Blickwendung auf, die sich in den Kulturwissen-
schaften der letzten Jahre vollzogen hat: eine Abwendung von der Ermittlung
fixierter, stabiler Bedeutungen und eine Hinwendung zur Betrachtung der
Dynamiken, mit denen Kulturen Sinn erzeugen – durch Verhandlungen und
Verheißungen, mediale Aufladungen und Selbstüberschreitungen. Derartige
Phänomene begegnen nicht nur in den genuin performativen Künsten. Sie be-
gegnen auch in literarischen Texten und haben in ihnen eine lange Tradition.
Literatur ermöglicht die Teilhabe der Lesenden und erfordert sie zugleich. Sie
schafft Tatsachen und verändert die Wirklichkeit. Sie stimuliert Reflexionspro-
zesse und Handlungsvollzüge. Sie gewinnt ihre spezifische Medialität gerade
dadurch, dass sie die Vermitteltheit dessen, das sie darstellt, aufscheinen lässt.
Der Band beschreibt dies mit Blick auf die ältere Zeit, die nicht zuletzt deshalb
interessant ist, weil in ihr Texte noch nicht als autonome ästhetische Werke,
sondern als dynamische vollzugsoffene Gebilde zu gelten haben. Er gibt einen
repräsentativen Einblick in den Reichtum textueller Dimensionen, den perfor-
mativ orientierte Lektüren sichtbar zu machen vermögen. Die einzelnen Kapitel
decken ein breites historisches und gattungstypologisches Spektrum ab. Sie wid-
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men sich teils sehr bekannten, teils erst zu entdeckenden Texten von der Spätan-
tike bis zur frühen Neuzeit, von Augustinus bis Descartes, von der spirituellen
Autobiographie bis zum jesuitischen Reisebericht. Der Band versteht sich damit
zugleich als Einführung in die Spezifik älterer Literatur – und die Verfahren ak-
tueller Wissenschaft, sie zum Sprechen zu bringen.
Zu danken ist an dieser Stelle den Autorinnen und Autoren, die sich die vor-
geschlagene Perspektive zu eigen machten und es erlaubten, historische Breite
mit interpretatorischer Eindringlichkeit zu kombinieren, den Bibliotheken, die
uns Abbildungsvorlagen lieferten und Reproduktionsgenehmigungen erteilten,
sowie Sabine Chabr, die bei der Korrektur und Vereinheitlichung der Texte be-
hilflich war.
Zürich, im Frühjahr 2008 C. H., Ch. K.
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inhaltsverzeichnis
Einleitung
cornelia herberichs und christian kiening 9
1. Augustinus, Confessiones (um 400)
ulrich johannes beil 23
2. Otfrid von Weißenburg, Evangelienbuch (863/871)
nicola zotz 45
3. Sprachmagische Texte (11./12. Jahrhundert)
christa m. haeseli 63
4. Frau Ava, Johannes und Leben Jesu (um 1120)
aleksandra prica 83
5. Gebete und Benediktionen von Muri (um 1150/1180)
christian kiening 101
6. Minnesang (um 1200)
mireille schnyder 121
7. Wolfram von Eschenbach, Parzival (um 1210)
katharina mertens fleury 139
8. Bonaventura, Itinerarium mentis in deum (1259)
susanne köbele 157
9. Dietrich von der Glezze, Der Borte (um 1270/1290)
susanne reichlin 181
10. Sekte der Minner (um 1300)
susanne brügel 205
11. Das Maastrichter Passionsspiel (um 1300)
carla dauven-van knippenberg 223
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12. Das Klosterneuburger Evangelienwerk (um 1330)
elisabeth meyer 241
13. Elsbeth von Oye, Vita (um 1340)
burkhard hasebrink 259
14. Johannes von Tepl, Der Ackermann (um 1400)
christian kiening 281
15. Heinrich Wittenwiler, Der Ring (um 1410)
christine stridde 299
16. Das Moselfränkische Katharinenspiel (1430/1440)
cornelia herberichs 317
17. Friedrich von Schwaben (14./15. Jahrhundert)
almut schneider 339
18. Historia von D. Johann Fausten (1587)
marina münkler 355
19. William Shakespeare, Hamlet (1600)
elisabeth bronfen 373
20. René Descartes, Meditationes (1641)
benno wirz 389
21. Anton Sepp, Reisebericht (1696)
esther schmid heer 413
Abbildungsverzeichnis 430
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