Table Of ContentISSN 1862-4154
Preis: € 5,–
Ausgabe 4.16
echt unecht
SCHWERPUNKT: BILD & MEDIUM
WIE DIE vISUELLE KoMMUNIKa TIoN fUNKTIoNIERT
UND W aRUM WIR DaS WISSEN SoLLTEN
Upgrade 3
WAS WIR GERN MACHEN,
Editorial
MACHEN WIR GUT.
Liebe Leserin, lieber Leser,
wer Klarheit über eine Sache bekommen will, verschafft sich
ein Bild davon. Angeblich sagt es mehr als tausend Worte. In
unserem zunehmend digitalen Zeitalter erlebt das Bild einen
ÜBERZEUGEN
Höhenflug, angefacht durch die Verbreitungs- und Kommuni-
kationsmöglichkeiten der sozialen Medien im Internet.
SIE SICH SELBST
Wie die Wissenschaft zeigt, war die Gefahr der Manipulation
am Bild und durch das Bild in Verbindung mit den digitalen
33 WWOOCCHHEENN GGRRAATTIISS Medien noch nie so groß wie heute. Was Wissenschaftlichkeit
auszeichnet, ist, Methoden und Inhalte kritisch auf ihre Validität
LLEESSEENN zu prüfen und beispielsweise im Fall der Bildwissenschaft die
Macht des Bildes zu verstehen und zu analysieren. Das sollte
der Gesellschaft bzw. uns als Medienkonsumentinnen und
-konsumenten im Alltag helfen, kritisch und aufgeklärt mit den
Mag. Friedrich
großen Mengen an visuellen Inhalten im Informationszeitalter
FauLhaMMer
umzugehen.
Rektor der Die aktuelle Ausgabe von upgrade beleuchtet in diesem
Donau-Universität Krems Zusammenhang das Verhältnis von Bild und Medium, zeichnet
den Aufstieg der visuellen Kommunikation nach, e rläutert, was
die Bildwissenschaft dazu sagt, zeigt, wie visuelle Kommunika-
tion durch zeitgemäßes Informationsdesign für die Gesellschaft
nutzbar gemacht werden kann, wie die Medizin mit bildgeben-
den Verfahren umgeht, welche Bedeutung das Bild für die Er-
innerungskultur hat und welche Chancen sich durch Daten-
visualisierung für den Journalismus ergeben. Wie leicht wir
bewusst durch Bilder getäuscht werden, führt uns die Bild -
s tre cke „Wenn Bilder täuschen“ der aktuellen Ausgabe vor Au-
gen – mit Beispielen quer durch die Geschichte bis zur Gegen-
wart, von Bildern aus Diktaturen bis zu westlichen Demokratien.
Viel Freude bei der Lektüre wünscht
Alle Ausgaben von upgrade
gibt es auch im Internet:
er www.donau-uni.ac.at/upgrade
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DIE REDAKTION DES JAHRES DiePresse.com/testabo ms/
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gewählt von renommierten Journalisten für das Ranking des Fachmagazins Wir schreiben seit 1848 ersität Kr Ihr Friedrich Faulhammer
„Der Österreichische Journalist“ Univ
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Wir fragen nach, recherchieren, analysieren und kommentie- o: D
ren – unabhängig, präzise, verantwortungsvoll. Dafür wurden Fot
wir zum 3. Mal in Folge zur Redaktion des Jahres gewählt.
upgrade 4/2016
5
_Schwerpunkt_Bild & Medium
Inhalt
Schwerpunkt: Bild & Medium
3 editorial
18 Übersicht
48 alumni-club
50 Kunst & Kultur 7
51 campus News Kommentar: Was Marcus hebein meint
52 Trends & Termine Trotz visuellem Hype, Text bleibt unschlagbar
53 Buchtipps 9
54 Vorschau/impressum Wir sind im Bilde
„Lost in Visualisation“?
15
die Macht des Bildes
Im Gespräch mit Oliver Grau
21
auf der Jagd im datendschungel
Kostensenker Informationsdesign
25
die dunkle Seite des Mondes
Was gegenseitige Verständigung braucht
29
durchblick mit Folgen
Wie bildgebende Verfahren die Medizin verändern
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na erinnerungskultur 2.0
en „Wenn Bilder täuschen“.
n: vi Nicht jedes Foto ent- Wie Bilder den Blick auf die Vergangenheit prägen
o
ulati spricht 1:1 dem abge- 37
nip bildeten Original. Das gilt Journalistischer datendrang
ma für jene der politischen Wohin die Entwicklung geht
o
Fot Propaganda und ebenso
m / für soziale Medien.
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W e n n BIl d e r T ä uSc h e n desk.c GInesrtaadgera Pmh outnods hCoop. ,l a den Rubriken
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ur gerade dazu ein, selbst
ne / pict dlicieh kaebigt ezbu ilvdeert feä lWscihrke-n. 40 internationale Kooperationen
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A Die Stabsstelle für
Sowjetunion über Deutschland. Moskau ließ nachträglich N Andrea Ghoneim – Spezialistin für ePortfolios
KC Kommunikation der
beide Uhren – eine aus den USA – an den er: Donau-Universität Krems 46
Handgelenken des helfenden Cov wünscht eine spannende alumni-Porträt
Soldaten wegretuschieren. S.4); Suche. Der Fotograf Dieter Brasch
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MeinUng 7
_Schwerpunkt_Bild & Medium
Nicht alles wird Video
Der Hype um visuelle Formate hat seine Berechtigung. Emotionale
Aspekte können über Bild und noch viel stärker über Video kommuni-
ziert werden. In der Informationsvermittlung ist Text aber unschlagbar.
Kommentar von Marcus Hebein
o unübersichtlich viele As- produzierbar ist (und: solange gewisse
pekte des aktuellen, weltwei- Qualitätsstandards ihre Gültigkeit behalten).
ten Medienwandels auch sein Und trotzdem hat der Hype um visuelle
mögen, eines scheint in die- Formate seine Berechtigung. Nach wie vor
sem Prozess eine beständige gilt nämlich, dass sich neben der reinen In-
Konstante zu sein: Bild, und formationsvermittlung (eine Domäne von
längst auch Video, spielen in Text) zusätzliche, etwa emotionale Aspekte
MarcuS heBeiN
dieser Umbruchphase eine entscheidende, besser über Bild und noch viel stärker über
immer wichtigere Rolle. Aber Redaktionen Video vermitteln lassen. Das „Was?“ ist oft Marcus Hebein (46)
ist stellvertretender
können es auch übertreiben, denn einige die Domäne des Textes, das „Wie?“ ist das
Chef redakteur der
Grundregeln in der Anwendung von visuel- Feld der visuellen Formate Bild und Video.
APA – Austria Presse
len Formaten haben trotz neuer Technolo- Fallbeispiel? Ein aktueller, überraschen-
Agentur und leitet
gien ihre Gültigkeit nicht verloren. der Rücktritt eines Politikers nach einem außerdem den Bereich
Es gibt kaum einen Medienmanager Fehltritt. Das reduzierte „Was?“ bei dieser APA-Multimedia. Er war
(auch hierzulande), der auf die Frage nach Story ist längst via Text auf Medienportalen z udem verantwortlich
den strategischen Zukunftsfeldern seines und in Social Media-Kanälen geklärt, bevor für den Aufbau der
Video-Redaktion der
Verlages oder Medienhauses nicht „Ausbau inhaltlich starkes Video-Material verfügbar
Nachrichtenagentur.
der Video-Aktivitäten“ ganz weit nach vorne ist.
setzen würde. Man könnte meinen, Online- Wenn es dann aber um die ersten State-
Medien, egal über welchen Ausspiel kanal, ments und Reaktionen geht, beginnt die
werden künftig beinahe nur mehr aus Bild Zeit von Bild & Video. Die erste Pressekon-
und aus Video-Clips bestehen. ferenz des Betroffenen will der User nicht
W e n n BIl d e r T ä uSc h e n
Allerdings vergessen dieselben Medien- nur wegen der reinen Statements sehen,
manager in ihren Prognosen: Wenn es etwa sondern da sind auch die Reaktion und
um Informationsvermittlung geht (und gera- emotionale Verfassung interessant, die zu
de journalistische Publikationen haben die- hohen Abrufzahlen führen.
sen Anspruch), ist Text oft wesentlich besser Gerade um aus den heutigen techni-
Heroengeste:
dafür geeignet, als es Bild oder Video je sein schen Bild- und Video-Möglichkeiten auch
Aus dem vermutlich im Jahr 1942
werden. Der Ausgang von Wahlen, ein paar attraktive Formate produzieren zu können,
entstandenen Foto wurde der Halter des Pferdes
Statements von Politikern, die aktuellen sind erfahrene Redaktions- und Produkti-
nachträglich entfernt, um den italienischen
Diktator Benito Mussolini heroischer Fußball-Ergebnisse sind für den User auf onsteams notwendiger denn je. Und Redak-
erscheinen zu lassen. seinem Bildschirm oder seinem mobilen De- tions-Manager, die wissen, in welcher Situ-
vice via Text wesentlich schneller und kom- ation welche Formate für den Leser, Seher
A fortabler konsumierbar, als es ein Video- oder User sinnvoll sind. Gieskannen-Strate-
S
N
A Clip je sein wird. Abgesehen vom Umstand, gien à la „Alles wird Video“ werden dabei
o:
ot dass Text wesentlich schneller und einfacher kaum zu Erfolgen führen.
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Wir sind iM Bilde 9
_Schwerpunkt_Bild & Medium
Wir sind im Bilde
Menschen lieben Bilder. Seit der Erfindung der Fotografie
gibt es deshalb immer mehr zu schauen, in den digitalen
Medien haben die Bilder dem Text den Rang abgelaufen.
Sind wir bald „Lost in Visualisation“?
Von Sonja Bettel
ls das Videoportal YouTube ist eine Wortspielerei mit dem
YouTube im Jahr 2005 umgangssprachlichen „tube“ für den Fern-
an den Start ging, seher und kann als „du sendest“ verstanden
konnten sich vermut- werden. Dieses Angebot kam – vor allem bei
lich nur wenige vor- jüngeren, medienaffinen Menschen – sofort
stellen, was man damit Weltbewegendes gut an. Heute hat YouTube nach eigenen An-
machen könnte. Das allererste hochgelade- gaben mehr als eine Milliarde Nutzende.
W e n n BIl d e r T ä uSc h e n
ne Video mit dem Titel „Me at the zoo“ ist Bilder, egal ob bewegt oder still, sind aus
18 Sekunden lang, schlecht belichtet, un- der Information und Kommunikation über
scharf, verwackelt und von schlechter Ton- das Web und mobile Geräte nicht mehr
qualität. Es zeigt Jawed Karim, einen der wegzudenken. Musik wird heute nicht
FotosHop-eFFekt: 2.0) drei Gründer von YouTube, vor einem Ele- mehr über den Kassettenrekorder oder
Flickr-Nutzerin Courtney Rhodes thematisiert mit ihren BY fantengehege, während er sagt, das Coole MTV konsumiert, sondern über YouTube-
Selbstportraits, wie sinnvoll Fotoshop-Bearbeitungen sind: C
“aArst iysto, uth cea nca tmelle,r ia’m’s tnoodta tyo poi cinkt uop n eavtuerrayl daentdai el.v Wenh wileit hit ’sa ggrreeaatt fmora ksoem-uep nsiert (C asenl dheanb eEnle. fWanatse ni ns edi,e nd aAssn fsäien gseon l avnogne YRoüus-- Vteindceoovse –r su, ndda ss ejie mesa bnldo ßm dita sd Beri ldd aeziungese hPölarti--
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piThctuisr eiss ,n ootth ae rg poiocdtu rreepsr, eliskeen tmata ioken- oufp p ahdost, oesthc,o npe reedt oeuxctrhai nhge.l”p. odes liz Tlaunbgew aeuilfi gdeer ru Pnlda tvtfoonr msc hlalencdhetteer,e rw Qaru amlietäistt, gMeend iMuums izku hr inSetelbrlsetgdta hrsatte. llYuonugT,u fbüer ddiieen tV aelrs-
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https://www.flickr.com/photos/pumpkincat210/ ey R als die Urlaubsfilme, die man sich früher im breitung von wissenschaftlichen Vorträgen,
urtn Verwandten- und Freundeswohnzimmer Umweltkampagnen oder politischen State-
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C hatte ansehen müssen. Doch das hielt die ments, liefert Schritt-für-Schritt-Anleitun-
o:
ot Nutzenden nicht ab. gen für das Kochen, Basteln, Stricken,
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10 Wir sind iM Bilde 11
Nähen oder Schminken, dient als Archiv „Der Bildraum „Bilder, die nicht unterschiedlichen Alters mit Bildern kom-
für Fernsehsendungen und vieles, vieles munizieren und wie diese Kommunikation
mehr. Wobei YouTube nicht das einzige hat die Qualität als Illustration mit ihrem Lebensalltag verknüpft ist. Sie
Videoportal ist. Ein Jahr früher wurde stellt dabei fest, dass Bild-Kommunikation
Vimeo (ein Anagram des Wortes movie und einer ‚Zweiten dienen, sondern über Social Media, Web-Plattformen und
ein Wortspiel mit Video und me) von Filme- Instant-Messaging-Dienste keineswegs auf
eVa Mayr machern gegründet, in den vergangenen Natur‘, einer als Informations junge Menschen beschränkt ist. Es hänge Maria SchreiBer
Jahren kamen viele andere Video- und vielmehr von der Lebenslage ab, in der
Dr.in Eva Mayr ist Fotoplattformen dazu, auf denen Bilder vom Menschen medium, sind sich die Menschen befinden. Viele ältere Maria Schreiber ist
Psychologin und arbeitet DOC-team Stipendiatin
veröffentlicht, bearbeitet, verschickt und Menschen würden diese Medien zum Bei-
als Projektleiterin am der Österreichischen
angesehen werden. geschaffenen wie ein Gedicht im spiel nutzen, um mit ihrer Familie, vor al-
Zentrum für Kognition, Akademie der Wissen-
Extrem beliebt ist derzeit Snapchat, ein lem mit ihren Enkeln, in Verbindung tre-
Information und schaften und forscht am
Management an der kostenloser Instant-Messaging-Dienst zur Sphäre.“ Verhältnis zu ten zu können. Institut für Publizistik- und
Donau-Universität Krems. Nutzung auf Smartphones und Tablets. Der Kommunikationswissen-
Aus kognitionswissen- Dienst ermöglicht es, Fotos, die nur wenige einer Erzählung.“ schaft der Universität
schaftlicher Perspektive Sekunden sichtbar sind, an Freunde zu Gerhard Paul aufmerksamkeit besser Wien zu Bildkommunika-
beschäftigt sie sich erregbar tion im digitalen Zeitalter.
versenden. Später kam die Funktion des
mit der Rolle von Infor- Barbara Stafford In ihrer Dissertation
Video-Chats dazu und die Möglichkeit, Auch Massenmedien und Unternehmen
mationsvisualisierungen beschäftigt sie sich mit
Videos von sich selbst zu verändern. Laut kommunizieren heute verstärkt mit Bil-
beim informellen Lernen der Relevanz von Bild-
mit neuen Medien. Snapchat verschicken seine Nutzer aktuell dern, weil Bilder am ehesten unsere Auf- kommunikation im Alltag.
10 Milliarden Videos pro Tag. Das soziale merksamkeit erregen. Das galt zwar schon
inhalte werden immer
Netzwerk Facebook hat laut der Statistik- in analogen Zeiten, in Internet-Medien gilt
visueller
Plattform statista.com weltweit 1,7 Milliar- es aber noch viel mehr. Viele Menschen in-
den aktive Nutzer, die – so kann man be- Dass die Inhalte des „Web“, wie es heute in formieren sich heute über das Weltgesche-
obachten – hauptsächlich Fotos, Videos, Kurzform bezeichnet wird, immer visueller schnell, es ist einfach, das kann jeder“, er- hen ohnehin häufiger über das Web als
Karikaturen und Internet-Memes (wieder- werden und die Menge an veröffentlichten klärt sie den Drang des modernen Men- über die klassischen Medien Zeitung, Radio
kehrende bekannte Fotos von Film-Protago- und verschickten Bildern stetig steigt, be- schen, mit Bildern zu kommunizieren. Mo- oder Fernsehen und sehen da in erster
nisten oder Tieren mit wechselndem Text stätigt auch Maria Schreiber. Sie hat an der biltelefone, Smartphones und Tablets mit Linie Videos, Fotos und Videos mit einer
im Bild) posten und verlinken. Instagram, Universität Wien Kommunikationswissen- eingebauter Kamera und Internetzugang textlichen Zusammenfassung des Gespro-
ein kostenloser Online-Dienst zum Teilen schaft und Soziologie studiert und forscht sind heute weit verbreitet und machen es chenen (was praktisch ist, wenn das Tele-
von Fotos und Videos, ist zu einer giganti- im Bereich visuelle Kommunikation, Medi- möglich, ein Foto zu schießen und es sofort fon gerade stumm geschaltet sein muss).
schen Pinnwand geworden, mit der man atisierung und Medienpraxis im Alltag. zu versenden. „Bilder ermöglichen außer- Ein Tweet führe zu 35 Prozent mehr
anderen zeigen kann, was einem gefällt. „Die Technik steht zur Verfügung, es geht dem eine verdichtete Kommunikation“, Re tweets, wenn es ein Bild beinhalte,
sagt Maria Schreiber. Will man einem Kom- schrieb die britische Sozialwissenschafterin
munikationspartner erklären, wo man sich Farida Vis, Direktorin des Visual Social
BiLderLaWiNe SoziaLe MedieN gerade befindet, was man gerade macht, Media Lab der University of Sheffield, im
wie man sich fühlt oder was einem gefällt, Juni 2014 in einem Artikel für das World
ist das mit Text weitaus komplexer und auf- Economic Forum. Und Profis wissen,
65.000 wändiger. Macht man stattdessen ein Foto welche Bilder am meisten Aufmerksamkeit
*2006 werden täglich rund neue Videos
vom schönen Sandstrand, dem schlafenden erregen. Das gilt leider auch für Terroris-
hochgeladen und 100 Millionen Clips angesehen.
Baby, dem Essen, der zerbrochenen Vase ten, weshalb die deutsche Schriftstellerin
oder der Katze auf dem Laptop, wird per Julie Zeh in einem Essay im Magazin Stern
2016 sind es mehr als eine Milliarde nutzende. er / Privat Kscnhoicphfdter umckit gienl ieeifneretm. EBinil dw eicinheti ggearn Azesp Geket- schrieb: Schaut weg!
täglicher Videokonsum: mehrere hundert eib der bildlastigen Kommunikation ist für
hr Bildinformationen
Millionen stunden gesamtdauer1 Sc Maria Schreiber auch die Schaffung und
er; Pflege der Peergroup. Wir verstehen uns lesen
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eisc unmittelbar mit Menschen, mit denen wir Doch was bedeutet die Bildlastigkeit für
pro tag werden aktuell 10 Milliarden Videos ea R einen ähnlichen Geschmack teilen. Und die Wahrnehmung, die Vermittlung von In-
dr
von snapchat verschickt.2 An über Bilder kann man leichter vermitteln, halten und das Lernen? „Menschen nehmen
K
U welche Stile und welche Ästhetik man be- einen Text leichter auf, wenn er mit Bildern
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*ein Jahr nach Gründung Quelle: 1YouTube 2Snapchat os: Eva © vorIznu ight.r er aktuellen Forschung geht Maria oandgeer reaincdheerret nis tE“,l eemrkelnätret nE vkao Mmabyinr,i ewrti ssuennd-
ot Schreiber der Frage nach, wie Menschen schaftliche Mitarbeiterin am Zentrum
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upgrade 4/2016 upgrade 4/2016
12 Wir sind iM Bilde 13
für Kognition, Information und Manage- eine tiefere Auseinandersetzung mit dem als ein Roman oder ein journalistischer „Menschen
ment der Donau-Universität Krems. Ein Inhalt – egal ob visuell oder durch einen Artikel, gebe es auch sehr unterschiedliche
Bild könne Emotionen besser ausdrücken Begleittext – anregen. Modalitäten von Bildern. Welche Informa- nehmen einen
und verkleinere den Interpretationsspiel- tion man aus einem Bild ziehe, hänge von
raum eines Textes. Aber können Bilder der Modalität ab. Text leichter auf,
unterschiedliche
auch Informationen vermitteln, und das Im Internetzeitalter hätten wir jedoch
Bildmodalitäten
gerhard PauL möglichst eindeutig? Das sei eine Frage des quasi verlernt, diese unterschiedlichen For- wenn er mit BarBara
Lernens, sagt Eva Mayr. So, wie wir lernen, Dass Menschen von Bildern, welcher Art men zu erkennen. Bei analogen Medien
STaFFord
Prof. Dr. Gerhard Paul
Texte zu lesen und zu verstehen, eignen auch immer, angezogen werden, sei nichts könne man ein Bild langsam, aufmerksam Bildern oder
studierte Sozialwissen- Prof. Dr.in Barbara Maria
wir uns auch an, wie man Bildinformatio- Neues, betont die in Österreich geborene und aktiv anschauen, während neue, digi-
schaften und Geschichte Stafford hat Philosophie,
nen liest. Das gehöre heute zur Sozialisati- und in den USA aufgewachsene Kunsthisto- tale Medien durch die schnelle Datenverar- anderen
an den Universitäten Vergleichende Literatur-
Bonn, Frankfurt a. M. und on dazu. Eva Mayr nennt ein Beispiel, das rikerin Barbara Stafford. Sie hat bis zum beitung alle Bilder flach und uniform ma- wissenschaft und
Hannover, er ist Professor das deutlich macht: „Wenn ich mir ein Jahr 2010 an der University of Chicago ge- chen. „Und ich denke, dass das sehr Elementen Kunstgeschichte in den
für Geschichte und ihre künstlerisches Bild anschaue und bereits forscht und gelehrt und ist Gastprofessorin beunruhigend ist, weil es die Komplexität USA studiert und unter-
Didaktik an der Universität Vorwissen über den Künstler oder die am Institut für Bildwissenschaften der Do- wegnimmt und die Menschen glauben, es kombiniert und richtet. Zuletzt bis zu ihrer
Flensburg. Er hat umfang- Künstlerin habe und andere Bilder von ihm nau-Universität Krems. 2015 wurde sie mit ist alles gleich“, befürchtet Barbara Staf- Emeritierung im Jahr 2010
reiche Werke zu Bildern lehrte und forschte sie an
oder ihr kenne, werde ich in dem Bild mehr dem Preis der von der Donau-Universität ford. Sie meint, es müsste eigentlich jemand angereichert
und ihrer Geschichte der University of Chicago.
sehen als jemand, für den es völlig neu ist.“ Krems getragenen internationalen MediaArt- eine Software entwickeln, die ein reichhal-
und der Bedeutung von Sie ist Gastprofessorin
Bildern für die Geschichte Blickbewegungsstudien hätten außerdem Histories-Konferenz ausgezeichnet. Barbara tigeres Erlebnis zurückbringt. ist.“ an der Donau-Universität
verfasst, wie zuletzt gezeigt, dass Personen aus Bildertypen, die Stafford erforscht visuelle Darstellungsfor- Krems. In ihrer Forschung
„Das visuelle Zeitalter“. sie gut kennen, Informationen herausholen men und Technologien von der Aufklärung widmet sie sich u. a. der
der einfluss der Eva Mayr
können, noch bevor sie sie tief wahrgenom- bis heute. Bilder, die nicht als Illustration Entwicklung der Bildkunst
men haben. dienen, sondern als Informationsmedium, Fotografie und der optischen
Wissenschaft.
Diese Erkenntnisse sind u. a. auch wich- seien wie ein Gedicht im Verhältnis zu einer Gerhard Paul, Professor für Geschichte und
tig für die Gestaltung von Museen, die im Erzählung. Das bedeutet, sie komprimieren ihre Didaktik an der Europa-Universität
Idealfall alle Sinne ansprechen. Visuelle komplexe Ideen und Welten in kurze Infor- Flensburg, hat sich mit der Herstellung, Ver-
Inhalte, so Mayr, hätten oft per se eine mation. Dabei sei es falsch, von Bildern zu wendung und Rezeption von Bildern in al-
höhere „attraction power“, also Anzie- sprechen, als ob sie etwas Einheitliches len Formen und Facetten seit der Erfindung
hungskraft, als Text allein, die Betrachten- wären, warnt Barbara Stafford. So, wie es der Fotografie, die 1839 von Louis Daguerre
den lernen inhaltlich aber nur dann, wenn bei Text verschiedene Modalitäten und Gen- erstmals vorgestellt wurde, beschäftigt.
sie auch eine „holding power“ haben, also res gebe, und ein Sonett etwas anderes sei Die Fotografie hat den „Bilderhunger“ Verweis auf Walter Benjamin. „Wir agieren
und die „Schaulust“ der Menschen extrem wie hybride Persönlichkeiten in diesen bei-
verstärkt. Mit ihr konnte man sich plötzlich den Räumen, aber wir sind nicht darauf
ein Bild von der Welt machen und die Ge- vorbereitet, den Bildraum analytisch zu
ANZEIGE schichte quasi festhalten. Die Technik der durchdringen“, so Paul. Der Bildraum habe
Anzeige_upgrade_linke Seite.qxp_Layout 1 23.09.16 13:40 Seite 1 Rasterung von Fotos ermöglichte ab den die Qualität einer „Zweiten Natur“, einer
1880er Jahren, Fotos auch in Zeitungen vom Menschen geschaffenen Sphäre, die
und anderen Publikationen zu drucken. ihn ähnlich wie die (erste) Natur umgibt.
u l/ Privat S jecnheosn vformüh towteunrd eRne icShesnksaantizolenrs foBtiossm, awrcike „pWräigr tm aberekr eunn sdeire sVee rZhwaletietne “,N mateurrk tn Gicehrth, asride
Pa
n; auf seinem Sterbebett, und für politische Paul an. Das Problem sei, dass wir immer
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gemeinsam ers Zwecke Propagandafotos und Bildmani- noch nur die klassischen Kulturtechniken
et
P. P pulationen eingesetzt. Die Fotografie hat lernen, aber nicht, wie man Bilder „liest“,
erlin, andere Bildmedien, wie die Malerei oder obwohl Bilder mehr und mehr unser Leben
u B die Illustration, beeinflusst. Verschiedene prägen. Schulen, Universitäten und andere
mehr erreichen ersität z Banilddemr evdeiresntä hrkatb. en sich außerdem unterein- BNialcdhuhnoglsbeeindraircfh. tungen hätten hier großen
niv
U Aber immerhin haben die Menschen
dt-
ol mittlerweile gelernt, dass ein Foto oder Vi-
b
m Bildraum jenseits
Join us - kowmwmewn. oSeihe- idnusk T.aetam der Fotos: Stafford © Hu I„rmaBui lmd20rsa“. u Jemanh“t rshtjaeunnvndsodeeneintr sL,t essdiaebegirs ta e Gubinimes rhehiegarerigdne sPntäa nu„dLl eimgibeirt- FdgBp oieuibltoldoti .eegn rrriDt ca hnefiwnote enci. mrh d imemlnee i rcd ahdilgtase istr ia snlege ienndf eämZnlse uciAshtsatn, l tfwueärnna dsgk eeönmsn vandoneerinr--
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upgrade 4/2016 H- upgrade 3/2016 upgrade 4/2016
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K!
intervieW 15
_Schwerpunkt_Bild & Medium
die Macht
des Bildes
Das Bild und seine Wirkung auf den Betrachter – das ist
das Forschungs metier von Oliver Grau. Der Bildwissenschafter
über den historischen Wandel der Illusion, Medienkunst –
und die beste Szene in Steven Spielbergs „Der Weiße Hai“.
Interview: Robert Czepel
upgrade: Angenommen, ein Mensch aus Die Bilder der Gegenwart wären ein Schock?
der Renaissance-Zeit könnte in die Gegen- Grau: Ja, ein Schock, der erst verarbeitet
wart reisen: Wie würde er oder sie auf die werden muss. Das ist durch die gesamte
heute alltägliche Bilderflut reagieren? Bildgeschichte hindurch zu beobachten:
Oliver Grau: Das ist natürlich schwer zu Immersionsmedien werden nach einer ge-
beantworten, aus historischen Quellen wissen Zeit schal, die Leute gewöhnen sich
weiß man jedenfalls: Die bildlichen Dar- daran. Und dann erst werden diese Medien
stellungen wurden von ihren damaligen bereit für den kulturellen Gebrauch: Zu
Betrachtern als sehr suggestiv wahrge- Beginn diente zum Beispiel der Film der
nommen. Das gilt für das Trinitätsfresko reinen Illusion, der Autorenfilm kam erst
W e n n BIl d e r T ä uSc h e n
von Masaccio ebenso wie für die Fresken später, als man sich an das Medium ge-
der römischen Barockkirchen. Im 16. Jahr- wöhnt hatte.
hundert hat man begehbare Bildräume,
Sacri Monti, entlang von Pilgerwegen in Was meinen Sie mit „Immersion“?
king gegen king:
den Alpen errichtet – es gibt Berichte dar- Grau: Damit meine ich den Versuch, Be-
Auf ihrer Nordamerika-Reise 1939 treffen König George VI.
über, dass die Pilger auf die Knie oder so- trachter in einen vollumfassenden Bild-
und seWiniel lGiaemm Layholinn M, „Qacukeeennz iEe lKizianbge.t Dh“,a sa udfa dbeeni eknatnstaadnidscehneen F Porteom wiuerrdmei n ister SA 3.0 gar in Ohnmacht fielen, weil sie dachten, raum in Zeit- und Raumkontinuität zu be-
Y- sie würden sich im richtigen Jerusalem be- fördern – am besten, indem man hierfür
später aujef deoincehm d aWraauhsl pwlaekgaret tduessc hPireermt. iZerieml idneirs tNerosr vdearmweernikdae-tR, Keiösne iwg aGr e org VI. o, CC B finden und nicht nur im simulierten Jeru- alle Sinne anspricht. Mit Immersion kann
die Stärkung der Monarchie im Dominion Kanada, was der Intention nk salem. Insofern würde ich meinen: Die man eigentlich keine Kunst machen, das ist
e
Mackenzie Kings offenbar zuwiderlief. Teter Wirkung unserer heutigen Bilder wäre eine psychophysische Entgrenzung, das
es noch wesentlich stärker für Menschen aus Gefühl der totalen Illusion. Die Immersion
m
o: Ja der Vergangenheit – für einen gewissen ist nur so lange wirksam, wie sie für den
ot Zeitraum. Betrachter neu ist. Die Panoramen des
F
upgrade 4/2016
16 intervieW 17
19. Jahrhunderts sind für uns auch interes- das ich auf einer einjährigen Weltreise nach Stichwort: Digitalisierung und Kunst. Wie Univ.-Prof. Dr. habil. Dr. h. c.
sant, ihre Immersion wirkt jedoch natürlich meinem Zivildienst hatte: Damals machte hat der technologische Fortschritt die Arbeit Oliver Grau, MAE ist
In haber des Lehrstuhls für
auf uns weniger als die neueste Technik ich Station in der Südsee, wo ich mit den der Museen und Archive verändert?
Bildwissenschaften an der
der virtuellen Realität. Einwohnern einige Zeit gelebt habe. Ich Grau: Wir haben in den letzten 15 Jahren
Donau-Universität Krems, des
habe auf ihre Kinder aufgepasst, mit ihnen das international größte Dokumentations- ersten im deutschsprachigen
Die Bildgeschichte ist ein fortlaufendes gefischt und gekocht. In dieser Kultur gab archiv der digitalen Kunst aufgebaut – im Raum, und Leiter des dorti-
Wechselspiel von technischer Illusion und es überhaupt keine Bilder, kein Fernsehen, Gegensatz zu klassischen Bildarchiven, wie gen Departments für Bild-
wissenschaften. Über 300
ihrer sinnlichen Abnützung? kein Video. Alles, was sie hatten, waren ein man sie aus der Malerei kennt, ist unser
Vorträge auf Einladung,
Grau: Genau, sehen Sie sich nur an, was paar vergilbte Bilder aus der Kolonialzeit, Modell interaktiv: Die Künstler können
Auszeichnungen und Pub-
heute im Bereich des 3D-Fernsehens und sonst nichts. Als ich zurück nach Europa ihre Materialien hochladen und stehen in likationen. Sein Buch zur
-Kinos oder der Computerspiele passiert: kam, gingen die ersten Diskussionen über Kontakt zueinander. Also Web 2.0, ein Entwicklung von Medien-
Da gibt es den dauernden Willen, ja fast den Cyberspace los. Diesen Gegensatz fand lebendiges, wachsendes Archiv. Darüber kunst und Immerson „Virtual
Art: From Illusion to Immer-
schon eine Sucht, eine immer noch perfek- ich faszinierend. hinaus haben wir einen sogenannten
sion“, MIT-Press 2003, ist
tere Illusion herzustellen. Brücken-Thesaurus entwickelt, der die
inter national die meistzitierte
Laut Walter Benjamin hat die Malerei Medienkunst mit der Kunstgeschichte ver- kunsthistorische Monographie
Wo führt das hin – zum implantierten Chip durch die Fotografie und die technische bindet. Auch hier sind Künstler und Wis- seit 2000. Von 1998 – 2005
wie im Science-Fiction-Streifen „Total Re- Vervielfältigung von Kunstwerken ihre senschafter an der Weiterentwicklung des lehrte und forschte Grau an
der Humboldt Universität
call“? Aura eingebüßt. Sehen Sie das auch so? Wie Systems beteiligt.
Berlin und war als Professor
Grau: Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt. steht es um die Wirkmacht der Malerei?
an verschiedenen inter-
In den 90er Jahren gab es zum Beispiel die Grau: Es gibt auch Leute, die sagen: Die Angenommen, ein Museum überspielt ein nationalen Universitäten
Idee, Bilder direkt auf die Netzhaut zu Aura der Mona Lisa hat durch die unzäh- Super-8-Video ins digitale Format – und tätig. 2015 wurde er in die
strahlen. Jetzt hat Facebook den Plan ent- ligen Kopien sogar gewonnen. Sie wurde zeigt den Film dann in einer Ausstellung: Academia Europaea berufen.
„Es gibt auch
wickelt, nach stehenden Bildern und Vi- förmlich aufgeladen durch die Bildpro- Ist das noch das Original oder schon ein
deos zur Plattform der virtuellen Realität zu paganda, die damit getrieben wird. Ich Replikat?
Leute, die sagen:
werden. Da werden Milliardenbeträge in- selbst bin mir auch nicht sicher, ob Benja- Grau: Gute Frage, denn hier verschwimmt
vestiert. Wenn das verwirklicht wird, hat mins Theorie so einfach stimmt. Noch der Originalitätsbegriff, der an der Malerei
Die Aura der
das natürlich enorme Konsequenzen für schwieriger wird es in der Medienkunst: entwickelt wurde. Das Problem in diesem
unsere Gesellschaften. Stellen Sie sich vor: Denn hier gibt es durch die Software- Zusammenhang ist: Auch die Museen wur-
Mona Lisa hat
Milliarden Menschen, die mit „Goggles“, kopien eigentlich kein Original – dafür den ursprünglich entwickelt, um Bilder
also Spezialbrillen vor dem Computer sit- tritt vielleicht eine neue Aura hinzu: die und Skulpturen zu zeigen. Sie sind Kinder
durch die unzähligen
zen. Als Bildwissenschafter versuche ich Interaktion der Betrachter, die das Kunst- des 18. und 19. Jahrhunderts – also eines
natürlich die „Distanz“ als Voraussetzung werk erst miterschaffen – je mehr Frei- völlig anderen Medienzeitalters. Was wir
Kopien sogar
von Kunst und Erkenntnis zu schützen, auf- heitsgrade, desto größer die Gestaltungs- nun brauchen, ist ein neuer Typus des Mu-
zuklären – und darauf hinzuweisen, welche möglichkeiten. seums, der der Erhaltung von interaktiver
gewonnen …“
Interessen hinter solchen Entwicklungen Kunst, Bioart etc. gewachsen ist. Vielleicht
stehen. Die Möglichkeiten der digitalen Bildverar- braucht es sogar Netzwerke von Museen.
Oliver Grau
beitung eröffnen auch die Möglichkeit zur Einen weiteren Grund, warum die Medien-
Aber Sie sind nicht nur Bildwissenschafter, Manipulation. Sind wir heute stärker mani- kunst in die Museen muss, möchte ich noch
sondern auch ein Konsument von Bildern: pulativen Einflüssen ausgesetzt? anfügen: Klimawandel, Überwachung, die
Welches Bild, welche Illusion hat Sie im Grau: Ich bin mir da nicht so sicher. Wenn Virtualisierung der Finanzmärkte – das
Laufe Ihres Lebens überwältigt? ich mir zum Beispiel die Geschichte des sind Riesenthemen, die durch Malerei und
Grau: Das ist mir schon lange nicht mehr Panoramas ansehe: Panoramen haben Bildhauerei nicht mehr fassbar sind, die
passiert. Als ich neun oder zehn Jahre alt immer dazu gedient, die Menschen an aber durch zahlreiche Medienkunstwerke „Jurassic Park“.
war, habe ich den „Weißen Hai“ mit meinem ferne Orte zu versetzen, nach London und visualisiert werden. Hochillusionäre Bilder für die damalige
Vater im Autokino gesehen. Da gab es eine Paris, nach Spitzbergen, an den Vesuv. Und Grau: Zeit! Übrigens der Lieblingsfilm von
Szene, in der der Hai direkt aus dem Meer dann kamen relativ schnell die Schlachten- Zum Schluss bitte noch ein Wordrap zum meinem Sohn. Lief der auch in 3D?
auf den Betrachter zuspringt und mich panoramen auf: Die waren letztlich Bild- Thema Film. Erster Titel: „Metropolis“.
unweigerlich zurückwarf – das war so ein propaganda der sich konstituierenden Na- Grau: Klassiker, eine eindrucksvolle Dysto- „Matrix“.
er
Moment. tionen. Klar ist natürlich auch: Wenn eine h pie der 20er Jahre. Grau: Natürlich auch ein Illusionsfilm. Ich
Firma wie Facebook, die ja seit Jahren mit Reisc würde gerne noch einen anderen nennen:
War Steven Spielberg mitverantwortlich für der NSA zusammenarbeitet, eine globale drea „Vom Winde verweht“. Die animierten Schlachten in „Herr der
n
Ihre Berufswahl? Virtual Reality kontrolliert, ist dies höchst K A Grau: Wunderbarer Kitsch. Sklavenhalter- Ringe“ – die fand ich höchst beeindruckend.
U
Grau: Vielleicht, wer weiß? Was mich mit problematisch für unsere Demokratien und D gesellschaft. Hochillusionäre Bilder für die Einer der letzten Peaks der Illusionsge-
o:
Sicherheit geprägt hat, war ein Erlebnis, sollte daher reguliert werden. ot damalige Zeit. schichte.
F
upgrade 4/2016 upgrade 4/2016
18 ÜBersicht 1199
Im fokus:
das Department für
Bildwissenschaften
Alleinstellungs-
Lehrstuhl:
merkmAle:
Prof. Dr. Dr. h.c. Oliver Grau, MAE
Archive of Digital Art (ADA), das weltweit
umfassendste und bedeutendste Doku men ta
tionsarchiv der zeitgenössischen Digitalen
Kunst (www.digitalartarchive.at)
Graphische Sammlung Stift Göttweig Online,
mit 32.000 Blättern Österreichs größte
Visionen
Privatsammlung historischer Druckgraphiken
(www.gssg.at )
und Aufgaben
Archiv und sammlung sind
Basis der Forschung (Auswahl):
Im Wandel der Bilder
MEDIENKUNSTFORSCHUNG
@ Digital Humanities in the 21st Century:
Erforschung von InterfaceErfindungen,
➜ Bilddisplays und Interaktionsstrategien
Bewahrung der Bildkritik:
auf Basis von Kunstwerken der wichtigsten
„Herr seiner Sinne blei ben“
500 Vertreter der Medienkunst (2008 – 2016)
Analyse der durch die
Neuen Medien aus gelösten FWFProjekt AT.MAR: Integration der
globalen Bildrevolution Medienkunst in die Kunstgeschichte durch
und ihrer Auswirkungen die Entwicklung eines „BrückenThesaurus“
auf unsere Kultur und durch Pionierforschung zu benutzer
orientierten „Web 2.0“Strategien für Bild und
Videoarchive (2013 – 2016)
➜
Besseres Verständnis der
Weltkonferenzreihe:
Gegenwart durch Aufarbei tung
„Media Art Histories“
von Bildarchiven Digitale
Der durch neue Medien ausgelösten globalen Bild revolution und ihren Aus- Er schlie ßung von Sammlun gen (www.mediaarthistory.org)
wirkungen auf unsere K ultur gilt Forschung und Lehre des Departments. Über durch neue Methoden und
die Kunstgeschichte hinaus werden Herstellung und Rezeption von Bildern Arbeitsinstrumente, Ent
analysiert, unter anderem durch Immersions- und Emotionsforschung. wicklung von Formaten für
g
„Wir wollen die Bildwissenschaft weiterentwickeln, Medienkunst vergleich- wei deren OnlineVermittlung
bar machen und damit ihren Platz in der Kunstgeschichte bestimmen“, sagt Gött und digitale Langzeiterhaltung; studiengänge:
Oliver Grau, der an der Donau-Universität Krems das weltweit umfassendste Stift Erforschung der Medienkunst ➜ Bildwissenschaft, MA
g und digitaler Kulturen
Dokumentationsarchiv der digitalen Medienkunst aufgebaut hat. un ➜ Media Arts Cultures – MediaAC
ml
Eine Frage beschäftigt ihn und seine Mitarbeiter besonders: Wie muss m ➜ (gefördert durch Erasmus Mundus)
das ideale Museum und Archiv zum Erhalt digitaler Kulturen beschaffen sein? he Sa ➜ Die Wirkung von Bildern ➜ Visuelle Kompetenzen
Auf dem Weg dorthin sind für Grau Ausstellungen und Medienkunstfestivals fisc (Immersion) verstehen Rezep ➜ Ausstellungsdesign und Management
ideale Orte der Reflexion der digitalen Kunst, denn sie zeigen die dominie- nd Gra tions forschung (u. a. Bild, ➜➜ DFoigtoitgarlaefise Sammlungsmanagement
rZeenitd seinn dT h–e vmoenn d deer rV Miretudaielinsikeurunnstg, dbiies ohfint gzlue iKchlizmeiatwiga gnrdoeßl eu Tnhde men unserer al Arts u Edmero Ktuionns,t I,m demr eProsipounl)a rim u Bnder eich ➜➜ DImaatag eS &tu dSiceisence
Überwachung. Digit Wissenschaftskultur bis hin zu ➜ MediaArtHistories
of den Sozialen Netzwerken
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Description:Fußball-Ergebnisse sind für den User auf . Vimeo (ein Anagram des Wortes movie und ein Wortspiel mit Deutsch mit zertifizierten Büchern, in de-.