Table Of ContentHelga Weippert
Die Prosareden des Jeremiabuches
Helga Weippert
Die Prosareden
des Jeremiabuches
w
DE
Walter de Gruyter • Berlin • New York
1973
Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft
Herausgegeben von Georg Fohrer
132
©
ISBN 3 11 003867 6
Library of Congress Catalog Card Number: 72—76045
1973
by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung—J. Guttentag,
Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30
Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe,
der Übersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien,
auch auszugsweise, vorbehalten.
Printed in Germany
Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co.
Meiner Mutter
Vorwort
Im Sommer 1967 schlug mir Herr Professor Stoebe eine Unter-
suchung der Prosareden des Jeremiabuches vor. In zahlreichen Briefen
und Gesprächen begleitete und unterstützte er die Arbeit auf ihrem
langen Weg, bis sie im Wintersemester 1970/71 von der Theologischen
Fakultät in Basel als Dissertation angenommen wurde. Eine weitere
Förderung aus Basel erhielt die Arbeit in Form eines Druckkosten-
zuschusses aus dem Dissertationenfonds der Universität. Herr Pro-
fessor Fohrer befürwortete die Aufnahme der Untersuchung in die
Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, und
mein Mann half schließlich bei der Herstellung des Druckmanuskriptes.
Allen, ganz besonders aber Herrn Professor Stoebe, sei an dieser Stelle
für ihre Hilfe herzlich gedankt.
Tübingen, im Februar 1973
Inhaltsverzeichnis
Vorwort VII
Einleitung 1
1. Problemgeschichte 1
2. Methode 21
I. Exegetische Überlegungen 26
1. Jer 7 1-15 26
2. Jer 181-12 48
3. Jer 211-7 67
4. Jer 348-22 86
II. Untersuchungen zum Sprachgebrauch der Prosareden 107
1. Formelhafte Wendungen in Jer 27 10.14-16 107
a) N31 N + 1 pV (+ WS) 110
b) nnaan + xaj N /ab + vhw Iis
2. Formelhafte Wendungen in Jer 3515 121
a) H 123
b) SV + + nOJ H + ]t« 127
c) QH3» + DTOJ 129
d) 31® + -|TTÖ + aö"1 H + "?•?»» 137
3. Formelhafte Wendungen in Jer 3417-20 148
a) Die Geschichte des Motivs 3 "in, 35H und 13T 149
b) Die Trias 3111, 357*1 und *13"T und ihr spezifischer Kontext 180
4. Formalhafte Wendungen in Jer 18 7-10 191
a) tw + pi + tnn + 13N H + nja + »na 193
b) nsn + naiu (mW) 203
B. Formelhafte Wendungen in Jer 32 29b-32 209
a) onus a-'nVii 215
b) 0»3 H 222
Schlußbemerkungen 228
Bibliographie 236
Bibelstellenregister 248
Einleitung
1. PROBLEMGESCHICHTE
Unter formal-stilistischem Aspekt enthält das Jeremiabuch
disparates Material, das man im ganzen in drei Gruppen einteilen
kann: metrisch geformte Prophetenworte1, in Prosa gehaltene Reden
und biographische Berichte über das Wirken Jeremias. Poetische
Worte und Prosareden sind nach der heutigen Textgestalt dadurch
miteinander verbunden, daß sie beide vorgeben, auf Jeremía selbst
zurückzugehen. Die biographischen Berichte dagegen treten nicht
mit dem Anspruch auf, von Jeremia zu stammen. Sie reden vom
Propheten meist in der 3. Person Singular und setzen somit von vorn-
herein einen nicht mit Jeremia identischen Verfasser voraus. Die
Reden sind aber nicht nur mit den poetischen Worten, sondern auch
mit den Fremdberichten verklammert. Beide sind in ähnlichem
Prosastil gehalten und berühren sich zum Teil auch in der Termino-
logie2. Sie heben sich dadurch von den poetischen Worten ab, deren
Formalkennzeichen metrische Form und gehobene Sprache sind.
Mit dieser doppelten Relation der Prosareden3 ist das wohl um-
strittenste Problem der Forschung am Jeremiabuch gekennzeichnet:
1 Die sogenannten »Konfessionen« (Jer 11 18-23 15 15-21 17 12-18 18 18-23 20 10-13) sind
dabei eingeschlossen.
2 H. G. May, JBL 61 (1942), 139—155; F. Augustin, ZAW 67 (1955), 50—56; J. Mui-
lenburg, Festschrift G. H. Davies, 1970, 237; E. W. Nicholson, Preaching to the
Exiles, 1970, 36ff., identifizieren den bzw. die Verfasser der Reden mit dem bzw.
denen der Berichte. H. G. May denkt dabei an einen Verfasser der nachexilischen
Zeit, F. Augustin und J. Muilenburg führen beide Komplexe auf Baruch zurück,
während E. W. Nicholson den Ursprung der Reden und Berichte in der Predigt und
Unterweisung der Deuteronomisten in der exilischen Synagoge zu finden glaubt.
3 Nach dem Konsens von S. Mowinckel, Komposition, 1914, 31—45; Rudolph XVII;
J. Ph. Hyatt, VSH 1 (1951), 79—89, gehören zum Bestand des Redematerials, das
sie mit einem deuteronomistischen Autor in Verbindung bringen, Jer 71—8 3
111-14 (17) 181-12 (Hyatt zählt nur die Verse 7-12) 21 l-io 22 1-5 25l-lla(i4) 34 8-22
351-19. In der deuteronomistischen Herkunftsbestimmung von 27 1-22 29 1-23
32 lf. 6-16 34 1-7 44 1-14 blieb Mowinckel allein. Mowinckel und Hyatt nehmen außer-
dem noch 3 6-13 (18) 32 l6(24)-44 45 1-5 hinzu. Jer 16 1-13 (18) 17 19-27 rechnen Rudolph
und Hyatt zur Redequelle. Hyatt fetzt insgesamt den Umfang des Redestoffes am
weitesten an. Uber Mowinckel und Rudolph hinaus nennt er noch 115f. 18f. 5 18f.
8 19b 13 11 14llf. 15 1-4 172b. 3a 19 2b-9. llb-13 22 8f. 241-10 264-6 33i-13 3628-31
37 it. 38 2 . 28 39 lf. 4-13 40 1-6 42 7-22. Der Verfasser der Redeabschnitte soll ferner
22 24-27 29 10-20 441-30 überarbeitet haben.
Weippert, Prosareden 1
2 Einleitung
Kann man einfach dem den Texten immanenten Postulat folgen und
Jeremia als den Verfasser der Reden betrachten, oder muß man sie
in die Nähe der Fremdberichte rücken und einen für uns anonymen
Verfasser für sie annehmen ? Diese Alternative wird dadurch kom-
pliziert, daß die Autorschaft der Berichte über Jeremias Auftreten
keineswegs als geklärt gelten kann. Traditionell werden die Berichte
über Jeremia zwar Baruch zugeschrieben; doch hat neuerdings
H. Graf Reventlow wieder auf die Problematik dieser Hypothese
aufmerksam gemacht4, die in der Tat in den Texten des Jeremia-
buches keine ausreichende Stütze hat5. Rückt man daher die Prosa-
reden in die Nähe der biographischen Berichte, oder bestimmt sie
in ihrem Verhältnis zu diesen Erzählungen, so ergeben sich daraus
noch keine sicheren Schlüsse über die Herkunft und zeitliche An-
setzung der Prosareden. Auf einigermaßen sicherem Boden bewegt
man sich bei der Betrachtung der poetisch geformten Worte. Es
herrscht grundsätzlich Einmütigkeit darüber, daß in diesen Ab-
schnitten verba ipsissima des Propheten vorliegen, und lediglich der
Umfang des auf Jeremia zurückzuführenden Materials ist umstritten6.
4 H. Graf Reventlow, ZAW 81 (1969), 316—352.
5 Schon G. Jacoby, ThStKr 79 (1906), 26—28, bestreitet, daß aus Jer 36 und 45 Baruch
als Verfasser der Fremdberichte zu erschließen sei; denn Jer 36 etwa schildere De-
tails, bei denen Baruch keinesfalls Augenzeuge gewesen sein könne. Auch E. Nielsen,
Oral Tradition, 1954, 65—75, stellt die Autorschaft Baruchs für Kapitel 36 in Frage.
Er findet darin Anklänge an die deuteronomistische Erzählweise. Eine umfassende
und ins Detail gehende, hauptsächlich literarkritische Untersuchung der Fremd-
berichte hat neuerdings G. Wanke, Untersuchungen zur sogenannten Baruchschrift,
1971, vorgelegt. Er kommt zu dem Ergebnis, daß das in den Fremdberichten über-
lieferte Material von verschiedenen Händen stammen muß, und »daß von einer
'Baruchschrift' oder ähnlichem nicht mehr gesprochen werden kann« (op. cit. 147).
6 Umstritten ist vor allem die Authentizität der Fremdvölkerorakel (Jer 46—51) und
die Sammlung von Heilsworten in Jer 30f. N. Schmidt, Encyclopaedia Biblica, II
1901, 2382f. s. v. Jeremiah (Book), nennt J. G. Eichhorn als den ersten Vertreter
(1777) der These, daß die Fremdvölkerorakel nichtjeremianischen Ursprungs seien.
Im Gefolge Eichhorns sind zu nennen: Duhm XXI; N. Schmidt a.a.O. 2383;
Giesebrecht XXI. 225f. (er leitet nur 46 2-12 47 1-6 49 7-11 vom Propheten her);
S. Mowinckel, Komposition, 1914, 14; G. Hölscher, Die Profeten, 1914, 396; Volz
XLVI. 378—443, der im Verfasser der Orakel eine Art »Deuterojeremia« sieht (vgl.
dazu auch Mowinckel op. cit. 14); (E. Sellin-)G. Fohrer, Einleitung, 196510, 438. Für
den weitgehend jeremianischen Charakter der Kapitel trat H. Bardtke, ZAW 53
(1935), 209—239, ein. — Im Gefolge von B. Stade und R. Smend halten folgende
Autoren Jer 30f. für nichtjeremianisch: Duhm XXI; N. Schmidt a.a.O. 2384;
Mowinckel op. cit. 45—47; Hölscher op. cit. 395 und Anm. 7; H. Birkeland, Zum
hebräischen Traditionswesen, 1938, 50; S. Herrmann, Heilserwartungen, 1965,
215—220. Vgl. dagegen aber Volz XXXVI. — B. Stade, Geschichte des Volkes Is-
rael, I 1887, 646. 676; Biblische Theologie des Alten Testaments, I 1905, 252; Höl-
scher op. cit. 396—399; E. Gerstenberger, JBL 82 (1963), 393—408; A. H. J. Günne-