Table Of ContentBEITRAGE
ZUR
LANDES- UND VOLKESK.UNDE
ELSASS-LOTHRINGEN
V. HEFT
*
DIL DLinSCU-FRANZOblSCliL bPKAClIGKLNZE
IM KLSASS
Dr. CONSTANT THIS
MIT ElNliR KARTt UND ACHT ZINKÄTZC.NÜEN
STRASSBURG
J. H. £d. Heitz (Hcit2 & Mündel)
j888
DigitizedbyGoogle
: :
Im Verlage der unterzeiclmeteu Verlagshandiung
erscheint unter dem Titel
BEITRÄGE
ZUR
LANDES- UND VOLKESKÜNDE
VON
BLSASS-LOTHRINfiBN
in zwangloser Folge Abliandliiiigen und Mittheilungen
aus dem Gebiete der Gescliiehte und Litteratur-
gescliiclite von Elsass und Lothringen, Beiträge zur
Kunde der natürlichen geographischen Beschaffen-
heit des Landes, seiner Bevölkerung und seiner
Bevölkerungsverhältnisse in der Gegenwart und in
der Vergangenheit, seiner Aiterthümer^ seiner
Künste und kunstgewerblichen Ei-zeugnisse; es sollen
daneben selten gewordene litterarisehe Denkmäler
durch Neudruck aUgemeiner zugänglieli gemacht,
und durch Veröffentlichung von Erhebungen über
Volksart und Volksleben, über Sitte und Brauch
der Stände, über Aljerglauben und UeberlieferLiiigt^n,
über Singen und Sagen der Landesgenossen deutsclier
und loiuaniseher Zunge das Interesse an der elsass-
lothrin^isehen Volkskunde Ix^rürdert \V(;rdeü. Auer-
bietungen von, in den Hahnicn gegenwärtiger Samm-
lung sich fügenden, Beitrüge werden den Unter-
zeichneten jederzeit willkommen sein.
Die ersten Hefte enthalten folgende Arbeiten
Heft L: Die deutsch-französische Sprach-
grenze in Lothringen von üonst.
This. 8'. 34 S. mit einer Karte
(1: mOOO). Jk 1 50
sieJ^ dritte Seite des VinscJUagSm
Digitizedby
DIE I)EUTSGH-FRiiNZ(£SlSGHE
SPRACHGRENZE
IM ELSASS
tiebst einer Karte uml acht Zinkätztmgen
VON
D»* CONSTANT THIS.
STRASSBÜRCV
J. H. ED. HEITZ (HEITZ & MÜiNliEL)
188B.
DigitizedbyGoogle
DigitizedbyGoogle
Vorbemerkmigeii.
VorliegendeArbeit bildet dieForlsetzung dervomVerfiisser
begonnenenDarstellungderdeutsch-französischenSprachgrenze.^
Sie giebt die Resultate einer zum Zwecke der Feststellung der
Sprachgrenze in Unter- und Ober-Elsass in den Monaten Au-
^ml^ September und Oktober 1887 unteitioromenen Reise.
Bei den in der «deutsch-franzosischen Sprachgrenze in
Lothringen » erwälintcn ein.schlüj^igen Arbeiten* war übersehen
svorden ein Aufsatz von II. Kiepert, Die Spracbjfrenze in
Elsns^j-I.othringen, mit •incr Karle.' Kippoit bat zum Teil aiit
Fusswanderunv^en, meist aber auf (Iruiid der 187^2 dun.li die
reicbsländischen Behörden veranstalteten Erhebungen jene
1 Die deutsch-französische Sprachgrense in Lothringen, nebst
einerKarte,1887. (Beiträge curLandes-undVolkeskundevonBlsass-
Lothringen. HeftI.>
2 p. 5 und G. Nabert's, « Uebci* Sprachgrenzen insonderheit die
detitsch-franzüsischen in den Jahren 1844 1847», ist erschienen als
Beilage zum Jahresbericht der höheren Bürgerschale zu Hannover,
1856.
8 Zeitschrift der Gesellschaft fftr Erdkunde zu Berlin. IX.-Band,
1874, p. 307ff.
Sprachgrenze festgeBtellt. Wirwerden später sehen, in welchen
Punkten vorliegende Arbeit von den Kiepert*8chen Resultaten
abweicht.
Auch jetzt noch bleibt für den Verfasser bei der Bestim-
mung der Sprachj/renzo die Fra^re massgebend, wie weit fran-
zösisches Patois inderFamilie i^csinociien wird. Als französisch,
der NationaUtat nach, müssen jedoch auch solche Orte ange-
sehen werden, in denen meist kein Patois mehr gehört wird,
weil es durch Handel und Industrie albnftblich vor der franzö-
sischen Verkehrssprache zurfickgewichen ist, die das einzig
brauchbare Verständigungsmittel darstellte fßr Gemeinden mit
stark von einander abweichenden lothringischen Patois, mit
denen ^=ie m intensiveren Verkehr traten. I)ies ist, z. B., der
Fall bei Schirmeck und Vorbruck, die in re^em Verkehr mit
Saales, St-Di^ imd anderen südwestlich gelegenen Orlen sich
befinden, wo eine Spielart des Lothringischen geredet wird,die
den Bewohnern von Sefairmeck und Vorbruck nicht leicht ver-
stindlich sein konnte.
Was die natOrliche Sprachgrenze im Elsass anbetrifft, so
liegt hier eine schroffere Sprachscheide vor als in Lolhrinj^en.
Eine scharfe Sprachgrenze bilden die höchsten Erhebungen der
Vogesen für die Thäler der Fecht, der Thür und der Doller,
wo das Gebirge, nach Westen und Osten steil abfallend, nach
keiner Seite ein Vordringen b^ünstigte. Vom Donon bis zum
Mflnsterthale gewährte dieBodenbescbaffenheitdemromanischen
Elemente die Möglichkeit weiter abwärts vorzudringen, aber
meist nur in die hohen Gehirgsthäler. Wo die Thäler sich
erweitern, hatte das allemannische Element sich festgesetzt und
blieb erhallen. So finden wir Romanen in dem oberen Weiss-
thale und in dem Bechinethale, in den engen Thälern auf dem
linken Ufer der Leber, in dem oberen Thale desGiessenbaches
und in dessen engen Nebenthftlern, und endlich im oberen
Breuschthale mit seinen Nebenthälem.
Während, wie dies natürlich ist, dieAllemannen nicht die
engen Thäler hmaufgezogen sind, breiteten sich die Romanen,
DigitizedbyGoogle
—
7
^welche in Lothrinc^ auf einem Hochplateau wohnten, nach
Osten aus und stiegen weiter in die unbewohnten^ oder doch
nur schwach bevölkerten engen Vogesenthäler hinab.
In das Breuschihal sind, zum Beispiel^ die Romanen von
zwei Punkten aus vorgedrungen, von Raon-sur-Plaine-Grand-
tontaine und von St-Di6-Saales her. Beide Gruppen von Ein-
wanderern, deren Patois sich in gewissen Hauptmerkmalen
unterschied, trafen in der Nabe von Rothau zusammen. Diese
Ansicht bestätigt uns die kürsUch erschienene treffliche Arbeit
onA.Horning, «DieostfranzösischenGrenidialektezwischen
Metz und Belfert, mit einer Karte aus welcher wir kiar
ersehen, dass mit iRothau südwärts eine neue Dialektgruppe
beginnt. Auch die Bewohner jener Gegenden sind sich dieses
Unterschiedes bewusst.
In dem zwischen Lützelhausen und Schirmeck liegenden
Teile des Breuschthales ist eine naturUche Sprachgrenze nicht
zu erkennen. Hier wohnen im ThaleAllemannen undRomanen
nebeneinander. Die Beschaffenheit des Terrains erklärt diese
Erscheinung nicht. Da kommt denn wohl ein geschichtliches
Moment in Erwägung. Sollten dahin nicht lothringische Kolo-
nisten verpflanzt worden sein? Die Ortsnamen lehren uns,dass
hier ursprünglich eine allemannische Bevölkerung sass. Sehen
wir uns aber den Menschenschlag an, und hören wir dessen
Sprache, so haben wir meist Lothringer vom echten type
vosgien vor uns. Dass von Netzenbach-Wisch ab die Leute
sich selbst auch Lothringer nennen und eine bestimmte Ab-
neigung gegen den Elsässer bekunden, dürfte nur in letzter
Linie in Betracht gezoj^^en werden, um so mehr als hierandere
Üew^gründe, z. B. adminisfrativer Art, im Spiele sind.
Was endlich den südlichen Teil des Elsasses betrifft, den
Teil von den Vogesen bis zur Schweizer Grenze, so ist die
natürlicheSprachgrenze hier der ähnlich, die wirin Lothringen
gefunden haben. Die Grenze bilden zum Teil waldbedeckte
1 Französische Stadien. Y Band.
DigitizedbyGoogle
- —
8
Höhen, zum Teil (zwischen Men^latt und iMetterlnusen) grosse
\Väldi'i' mit darin liefjfendenWeihern, blase Höhen hiliicn auch
rneisl die \Vas.serscheide für die nach Weslen dem lVauzösii>ch
sprechenden und nach Osten dein deutsch spreclienden Gebiete
zuflieäsenden Gewässer.
Für Feststellung der Nalionalitäten^'renze veidient ancaein
antleiL'S Moment n<-ch berücksichtigt zu werden, das hier nur
berührt werden kann.
Die folgenden Bemerkungen über dea Bau des Bauern*
hauses erhel>en keinen Anspruch auf eine erschöpfende Dar-
stellung des Ge^'^enstandes; sie dienen vielleicht dazu, zu wei-
teren Studien über das Haus anzuregen.
DieBauartdesBauernhausesindemvonmirdurchwanderten
Gebiete ist vorwi^nd die fränkische,i AUemannische Häuser,
d. h. Häuser mit der Wohnung über dem Stalle, findet man
nur da, wo jetzt noch Allemannen sitzen oder doch ursprüng-
lich Sassen. DiesesfrankischeHauszeigtmannigfacheSpielarten.
Wir finden Gebäude, die ganz aus Holz, und solche, die aus
Steinen gebaut sind Häuser, wo die lange Seite gegen den
;
Hof, die Giebelseite gegen die Dorfslrasse, aber auch solche,
wo die lan^ic Seite gegen die Dorrstrasse gerichtet ist. Fej-ner
.seilen w'iv Hauser, wo W»)hn- un<l Wirtschaftsgebäude iiiiIii
unter »'int'in Dache, inid solche, w<» beide unter einem Dache
vereinigt sind. Im eisterea Falle i?:t das WirLschattsgehäude
entweder an das Wohnbaus angebaut, oder es steht imrechten
Winkel zum VVohnhause, welcties alsdann die Giebelseite des
Hauses immer nach der Strasse gerichtet hat.
Ganz von Holz sind im allgemeinen dieGebäude vonOber-
Sulzhach (Kreis Thann) bis zur Schweizer Gi'enze. Die Gefache
derBalken sind mit zaunai*tigemFlechlwerk ausgefüllt, welches
1 Ueber die Kamen der doutscheu Häuser vgl. Meitzen, Das
deutsche Haus ia seinenYolkstümliehen Formen.
DigitizedbyGoogle
— -
9
mit Lehm überworfen ist. Seltener ist das VVohngebäude aus
Steineo aufgebaut (s. B. in Otiendorf, Luflendorf, Winkel).
MaD hält den Holse-Lehmbau für wärmer.
Eine Mischung von Holz- und Steinbau^ wobei letztem
Bauart vorwiegt, treffen wir an von Ober-Sulzbach bis ins
Münyterlhal, wo auch öfteis alleiiiannisclieHäuser vorivommen.
NurSteinbau haben wir vom Weissthalebisin dasßreuschthal.
Wir finden überalldieübliche DreiteilungdesWohnhauses.
Treten wir in das Haus,sogelangen wir suuächst auf den
Hausflur a, durch die Thüre rechts in die Wohnstube h. Ein
oder zwei Fenster |»ehn nach der Liiiigseite, eines nach der
Giebelseitc. AuderKüchenwand l)eliM(let sich derOfen, welcher
von df'r Küche aus geheizt wird. Von der Wohnstube i'übrt
eine Thüre nach der Kammer c, die meist Schlafstätte und
durch eine Thüre mit der Küche d verbunden ist. Die der
Hausthfire gegenüberliegendeThüre führt in die Küche d. Von
dem Hausflure und von der Küche führt links je eine ThQre
in dieVorratskammer e. VomHausflure führt linkseineTreppe
in das obere Stockwerk.
Umgekelül kann auch die Wohnstulie .-sich iiiiks und die
Vorratskammer rechts befinden. Bei Häusern mit derGiebelseite
gegen die Strasse liegt natürlich die Wohnstube immer nach
dem der Dorfstrasse zugewendeten Giebel.
Bei kleineren Häusern bilden b und c meist einen Wohn-
raum, und öfters sind auch Flur und Küche nicht getrennt.
DigitizedbyGoogle
— —
10
DasWohnhau.^ luldol •Utweiler ein Gel-inKl*' für sich, oder
es befindet sich unter einem Dache mit Slallunj,^ und Scheune,
ist aber alsdann durch eine Wand von letzteren getrennt.
Wo wir fastnurHolzbauantreffen, d.h. von derSchweizer
Grenze bis Ober-Sulzbach, ist das Wohnhaus vollständig von
dem Wirtschaftsgebäude geschieden. Das Wohnhaus ist mit
seiner Giebelseite gegen die Strasse g^riditet. Stallung und
Scheune stehen im rechten Winkel dazu oder sind an das
Wohnhaus angebaut, wobei die Stallungen der Wohnung*
zunächst liegen. Im letzteren Falle ist dasganze Haus oft mit
der Langseite gegen die Dorfstrasse gerichtet, z. B. in Olfen-
dorf, Winkel. Aufdieser ganzen Strecke sehen wir noch sehr
viele Fenster mit Butzenscheiben.
Von Ober-Sulzbach bis insMünsterthal sindWohnung und
Wirtschaftsgebäude meist unter einem Dache, und zwar in der
Reihenfolge Wohnung, Stalluni^^ Scheune. Noch ist die Giebel-
seite des Hauses gegen die Dorfstrasse gerichtet, aber auch
schon öt'tcrs die Langseite.
Vorn VVeissthale ab bis in dasBreuschthal sind die Häuser
aus Stein gebaut, und Wohn- und Wirtschaftsgebäude befinden
sich unter einem Dache, aber in der Reihenfolge Wohnung,
Scheune, Stallung. An den Stall schliesst sich oft noch ein
Schuppen an zur Unterbringung des Holzes und derWagen im
Winter. Die Giebelseite ist nicht mehr gegen die Dorfstrasse
gerichtet. Es fällt der Vorratsraum e meist weg; im übrigen
bleibtdieEinrichtungderWohnung,wiesieobenbeschriebenist*
=DievordereAns=ichteinesBauer=nhausesist:il=sWohnung,
B Scheune, C Stallung, D Schuppen.
r1
B
n
TT' C B A
DigitizedbyGoogle