Table Of ContentFORSCH U NGS BE R ICHTE
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
Herousgegeben durch dos Kultusministerium
Nr.805
Forschungsinstitut fur Internationale Technische Zusammenarbeit an der
Rheinisch -WestfCilischen Technischen Hochschule Aachen
(F. I. Z.)
Hans Seligo
Der zweite Portugiesische Sechsiahresplan
Als Manuskript gedruckt
SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH
ISBN 978-3-663-03396-7 ISBN 978-3-663-04585-4 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-04585-4
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0 r w 0 r t
PORTUGAL, das Land im SUdwesten der Pyrenaenhalbinsel, bietet mit seinen
Uberseeischen Besitzungen dem deutschen Unternehmer interessante Perspek
tiven.
Da es zu den Aufgaben des Forschungsinstituts fUr Internationale Tech
nische Zusammenarbeit an der Rheinisch-Westfalischen Technischen Hoch
schule Aachen gehort, die am AuBenhandel interessierten Kreise mit den
Entwicklungslander vertraut zu machen und dadurch 2ur Mit
Probleme~der
arbeit an ihrer Lasung anzuregen, wurde die Empfehlung des Auswartigen
Amtes aufgegriffen, den zweiten Sechsjahresplan Portugals mit seinen
Zielsetzungen und Methoden der deutschen Offentlichkeit zuganglich zu
machen.
Es ist verstandlich, daB die folgende Arbeit,die auf den ca.2500 Seiten
des portugiesischen Originaltextes basiert, nur die wichtigsten Punkte
und Beispiele enthalten kann. Der AuBenstehende soll besonders mit den
geanderten Zielen der portugiesischen Handelspolitik bekannt gemacht
und darauf hingewiesen werden, welche FUlle von Problemen berUcksichtigt
werde.n muB, wenn eine fruchtbringende wirtschaftliche und technische Zu
sammenarbeit erzielt werden soll. Die portugiesische Regierung ist Uber
zeugt, daB sie mit ihrer jetzt vor-liegenden Planung auf dem richtigen
Wege ist, das Land aus dem Entwicklungsstadium herauszufUhren und an die
Stelle aller fortschrittlichen Industrielander zu stellen. Die vorliegen
de Erlauterung zeigt vor allem, welche Moglichkeiten sich dem deutschen
Unternehmer fUr eine aktive Beteiligung im Rahmen der portugiesischen
Wirtschaft eroffnen.
Es muB dem Leser Uberlassen bleiben, aus der vorliegenden Studie die
richtigen SchlUsse fUr sein spezielles Interessen- und Arbeitsgebiet zu
ziehen. Das F.I.Z. ist bereit, auf Anfrage nanere AuskUnfte zu erteilen
oder Unterlagen fUr Ausschreibungen bzw. auch Lastenhefte zu vermitteln.
D.H. SCHWENCKE
Leiter des Forschungsinstituts
Sei te 3
I n hal t s v e r z e i c h n i s
Vorwort. • • . • • S. 3
A. Einleitung •. · • S. 7
B. Die wirtschaftlichen Verhaltnisse in Portugal · S. 13
I. Die Verarbeitende Industrie . · . . s. 13
1. Allgemeine Charakteristik der Verarbeitenden Industrie S. 13
2. Veraltete Ausrtistung und Uberproduktion in der
Industrie ••••••• . . . . s. 18
3. Der Facharbeitermangel in der Verarbeitenden Industrie S. 22
4. Die starke Abhangigkeit von auslandischen Lieferanten S. 22
5. Beschaftigung und Lebensstandard • • S. 28
6. Handelsbilanz ••••.••.••• • • • S. 28
7. Die Weiterentwicklung der Grundindustrie •. • • S. 34
8. Andere verarbeitende Industriezweige •• • • S. 36
9. Reorganisation von Industriewerken . . ..... s. 40
II. Betrachtungen zum ersten Sechsjahresplan •.•....•. S. 41
s.
C. Das Forderungsprogramm der portugiesischen Regierung •.••• 49
I. Der zweite Sechsjahresplan 1959-1964
s.
("II.Plano de Fomento") • • . • • • . • . • • . •• 49
s.
1. Das Wesen des zweiten Sechsjahresplanes. • • •. 49
2. Das Projekt der wirtschaftlichen Entwicklung
s.
von 1959-1964. • . • • . . 54
3. Uberseeische Provinzen · . s. 65
II. Gesetzliche Grundlagen •. . . . . . s. 74
III. Die Finanzierung •. S. 85
IV. Auslandsbeteiligung S. 91
V. Die portugiesische Industrie und die europaische Wirt
schaftsgemeinschaft • . s. 97
VI. Der Tejo-Plan •........•...• s. 102
1. "Wettbewerb ftir den Bau und Ausbeutung der Brticke tiber
den Tejo bei Lissabon" .' • • • • . • . • S. 102
.
2. Das Programm des Wettbewerbs · .<:>, • 103
3· Lastenheft . . . . . . . . . . . . · · · s. 109
4. Die Ausftihrung der Arbeiten. · · S. 11 1
.
s.
D. SchluBbetrachtungen · 114
. . . . . . . . . . . . . .
E. Anhang. · S . 121
.
F. Li tera turver:~eichnis. S. 143
Sei te 5
P 0 r t ~. gal s z wei t e r Sec h s j a h res p 1 a n
Programm und Selbstfinanzierung eines Entwicklungslandes
"Wir bedauern, daB wir nicht in der ersten Reihe der reichsten und am
weitesten entwickelten Lander stehen. Unser Platz wird nie dort sein,
und diejenigen, die mit einer solchen Moglichkeit spielen, verkennen
vollig die Gegebenheiten unseres Problems. Ohne ertragreichen Boden,
ohne groBe Bodenschatze, ohne reiche Kustengewasser sind hier in Por
tugal der Mensch und seine Arbeit noch der groBte Reichtum. Aber um
diese auf das gewtinschte Niveau zu heben, wird viel Muhe und Zeit notig
sein. Kapital und Technik erfindet man nicht: man fuhrt sie ein oder
man bildet sie. Ich fur meinen Teil ziehe es vor, langsam im Rahmen
eines bescheidenen Lebens voranzuschreiten, anstatt das Land einer nauen
Form auslandischer Kolonialisierung zu unterwerfen."
Doutor Ant6nio de Oliveira Salazar
Presidente do Conselho de Ministros
(Rede im S.Bento-Palast am 31.Mai 1958)
Seite 6
A. E i n 1 e i tun g
Portugal ist zwar ein kleines und - seiner eigenen Definition nach -
stark unterentwickeltes Land. Aber unter den sogenannten Entwicklungs
landern nimmt es eine durchaus einzigartige Stellung ein.
Einmal handelt es sich um ein in seiner Tradition, in seinem politischen
Bestand und seiner wirtschaftlichen Freiheit altes und unbertihrt geblie
benes europaisches Kulturland, das lange ein Zentrum des Welthandels
bildete, ja das jene ersten tiberseeischen Verbindungen und Handelsnie
derlassungen - zugleich kulturelle Mittelpunkte und militarische Sttitz
punkte - in anderen Erdteilen geschaffen hat, mit denen Europas Ausbrei
tung und die darauf beruhende moderne Weltwirtschaft ihren Anfang nah
men 1) .
Zum anderen tritt Portugal selbst als Forderer und Entwickler groBer
2
tiberseeischer Gebiete auf ). Bei aller Kritik an einigen Methoden kom
men die meisten Sachverstandigen heute doch zu der Auffassung, daB die
portugiesischen "Provincias do Ultramar" zumindest vom sozialen Gesichts
punkt aus gesehen geradezu vorbildlich entwickelt werden3). Wenn die
wirtschaftliche Forderung bisher dahinter zurtickblieb, so liegt das nicht
zuletzt an der zurtickhaltenden Politik Lissabons. Eine Politik,die nicht
auf die Uberseegebiete beschrankt ist, sondern auch im europaischen
Portugal (portugiesisch als "Metropole" bezeichnet) verfolgt wird.
1. Arnold J. TOYNBEE in "Die Welt des Westens", 1953, HiBt die Periode
der europaischen Weltherrschaft mit Vasco da Gamas erster Reise nach
Indien
beg~nnen.
2. Gebiete: qkm Bevolkerung (Zahlung von 1950)
Angola 1 246 700 4 145 266
MOyambique 783 030 5 738 911
Guine 36 125 510 777
Kapverd.Inseln 4 033 148 331
Sao Tome, Principe 964 60 160
Portugies.Indien 4 194 637 591
Timor 14 925 442 378
Macau 6 187 772
Gesamt: 2 089 977 11 871 186
3. Das State Secretariate of Agriculture, Washington, veroffentlichte
am 3.Marz 1959 (in den Tagen der groBen Aufstande im Kongo und in
Nyassaland) einen Eigenbericht aus Johannisburg, in dem es heiBt:
" .•. wahrenddessen sind in Angola und bisher keinerlei
Mo~ambique
Symptome politischer Unruhe zu bemerken, £ehr im Gegensatz zu den
Vorgangen in den tibrigen afrikanischen Gebieten. PortugaIs Bemtihung
um die Hebung des wirtschaftlichen und sozialen Wohlbefindens der
eingeborenen Bevolkerung erzielt offenbar bessere Erfolge als die
Politik der anderen europaischen Lander in ihren Besitzungen."
Sei te 7
Die Regierung halt eine schnelle, sprunghafte Entwicklung, die nur von
den Kraften des Kapitals und der Geldwirtschaft diktiert wird, in ihren
sozialen Auswirkungen und flir die Gesellschaftsordnung im allgemeinen,
hier wie dort flir zu risikoreich4). Deshalb hat sie immer wieder aus
landische Finanzierungs- und Ausbeutungsprojekte abgelehnt, obwohl sie
erkannte, daB daraus volkswirtschaftliche Verluste entstanden. Insbeson
dere in den Uberseegebieten glaubt Portugal seine zweifellose Sonder
stellung ruhiger Entwicklung inmitten eines in Unruhe und Aufstand gera
tenen Afrikas in erster Linie eben auf diese zogernde Politik zurlick
ftihren zu dtirfen5). Die Assimilierung der farbigen BevolkerUng6), deren
allmahliche Gewohnung an moderne Zivilisationsverhaltnisse, an europai
sche Verwaltungs-, Justiz- und Wirtschaftsmethoden erscheinen der portu
giesischen Regierung weit wichtiger als eine zu schnelle und rationelle
ErschlieBung der Rohstoffe und BOdenschatze7). Sie bleibt davon tiber
zeugt, daB das auslandische Unternehmertum mit seinem einseitigen, an
Portugals nationalen Belangen uninteressierten Gelddenken immer nur auf
Kosten des sozialen und politischen Friedens nach Portugal kommt.
Der Leitgedanke einer aus eigener Kraft finanzierten, gleichsam organi
schen Entwicklung, zugleich mit der Forderurtg des portugiesischen Unter
nehmertums, bleibt deshalb auch im zweiten Sechsjahresplan bestehen. Nach
den Erfahrungen mit dem vorangegangenen ersten Sechsjahresplan, dessen
Ziele nur unvollkommen erreicht wurden, kann Portugal aber diesen Grund
satz nicht mehr ganz aufrecht erhalten. Der neue Plan scheint die Mog
lichkeit einer Verbindung mit den groBen internationalen Kapitalinsti
tuten und den AnschluB an die ineinander verzahnte europaische Wirt
schaftsordnung anzustreben8). Nichtsdestoweniger ist 30 Jahre hindurch
4. Portugal verweist oft auf die schnelle, imposante Entwicklung Italiens
nach dem Krieg auf Kosten der sozialen Befriedigung und erblickt darin
geradezu ein warnendes Beispiel: Zwei Millionen Erwerbslose und eine
noch groBere Anzahl von teilweise Arbeitslosen mit ihrer sozialen
Erniedrigung und Beunruhigung.
5. "A Situa9ao Pol!tica", Relat6rio ILPlano de Fomento, IX.Ultramar,
Kap.I,1.
6. "Das Schicksal Afrikas", in "France", Paris, Marz 1959: "Die Portu
giesen mit ihrer Assimilierungspolitik behandeln Angola und
M6~ambi
que als echte Uberseeprovinzen, deren Verwaltung nur den Tlichtigsten
anvertraut wird, ohne Ansehen von Rasse und Geburt."
7. "A Situayao Politica", Relat6rio ILPlano de Fomento, IX.Ultramar,
Kap. 1,1 .
8. Aus einer Regierungsveroffentlichung yom Mai 1959 geht hervor, daB
der Staat 6,5 Mrd.Esc. der Initiativfinanzierung des zweiten Sechs
jahresplanes aus dem Ausland zu erhalten sucht.
Sei te 8
das Prinzip der portugiesischen Finanz-Autarkie erfolgreich durchgefuhrt
worden. Eine ganze Generation hat gelernt, durch Sparsamkeit, niedrigeL
Lebensstandard, geringe Lehne und soziale Ruhe (wenn auch mit einigen
Zwangsmitteln) zur eigenen Kapitalsbildung zu kommen. Damit ist man in
Portugal lediglich den Erkenntnissen der entscheidenden Wirtschaftsden
ker unserer Zeit gefolgt, bei John Maynard KEYNES9) angefangen bis zu
Ludwig ERHARD 1 0) , mit dem Erfolg eines in diesen drei Jahrzehnten stets
ausgeglichenen Staatshaushaltes, einer harten, konvertierbar gebliebenen
Wahrung und einem niemals vorher fur meglich gehaltenen Aufbluhen Portu
11
gals und seiner uberseeischen BesitzUngen ).
1m Prinzip halt die Wirtschaftstheorie des "Estado Novo" aTl der freien
und kapitalistischen Entfaltung der portugiesischen Wirtschaft fest und
lehnt ausdrucklich jede Art von Verstaatlichung oder staatlicher Produk
tionswirtschaft abo Samtliche mit Staatsmitteln als "Sociedade Nacional"
entwickelten oder unterstutzten Gesellschaften sind rechtlich und wirt
schaftlich private Unternehmungen und dementsprechend organisatorisch
und kaufmannisch gegliedert. Die offentliche Hand ist dabei immer nur mit
einem Minderheitskapital beteiligt. Allerdings behalt die Regierung sich
kraft ihrer Gesetze und Konzessionsvertrage das "Interventionsrecht,,12)
durch den Wirtschaftsrat13) vor, was praktisch auf Lenkung und Uberwa-
9. J.M.KEYNES "General Theory" wird von den Verfassern des Sechsjahres
plans und dem Ministerprasidenten Dr.SALAZAR (Professor an der Uni
versitat Coimbra, Lehrstuhl fur Wirtschaftstheorie und Wirtschafts
recht) haufig angefuhrt. KEYNES verteidigt darin, ungeachtet seiner
liberalen Einstellung, Regierungsautoritat und "Dirigismus", wenn
die Wirtschaft dadurch gefordert werden kann. Insbesondere beruft
sich SALAZAR gern auf folgende Definition des englischen Theoreti
kers: "Ich habe durchaus nicht den Wunsch, daB der Staat selber Auf
gaben ubernimmt, die von privater Initiative bereits wahrgenommen
werden und durch sie weit wirkungsvoller durchgefuhrt werden kennen,
als der Staat es vermag. Aber der Staat sollte sich solcher Aufga
ben annehmen, die, wenn er sich ihrer nicht annahme, uberhaupt nie
mals durchgefuhrt werden wurden. Eine derartige Aufgabe besteht bei
spielsweise in der Regulierung der Investitionen, die Direktiven not
wendig machen, damit einerseits Arbeitslosigkeit, andererseits In
flation verhindert werden."
10. Der Wirtschaftsminister des Bundesrepublik Deutschland hat haufig
darauf hingewiesen, daB Spar en eines der wesentlichen Mittel aller
echten Kapitalsbildung sei.
11. Noch im Jahre 1926 schienen die portugiesischen Kolonien ein so
aussichtsloses, geldverschlingendes Unternehmen, daB der parlamen
tarische Vorschlag ernsthaft erwogen wurde, sie zu verkaufen.
12. Das direkte oder indirekte Interventionsrecht ist in "Estudos Gerais",
I A,4 beschrieben und im Gesetzentwurf fur den II.Plano de Fomento,
Proposta de Lei, Base IX, niedergelegt (s.S.80).
13. Die Wirksamkeit des Wirtschaftsrates ist in "Proposta de Lei" (vom
11.April 1958), Base III-VI-IX, festgelegt.
Sei te 9
chung hinauslauft, zumal dieser das letzte und absolute Entscheidungs
recht hat. Moralisch wird das "Eingriffsrecht" mit der Verantwortungs
verpflichtung des Staates fur offentliche Mittel begrundet. Dafur uber
nimmt die Regierung fur diese Gesellschaften auch die Garantie fur die
Kapi talsverzinsung (meist Obligationen zu feststehenden Kursen) und f-ur
die notwendig werdenden KaPitalserhOhungen14)
Der vorliegende Plan muB nun ein kritisches Entwicklungsstadium uber
brucken, in dem Portugals Volkswirtschaft die rein landwirtschaftliche
Basis verlaSt und eine ausreichende industrielle Erwerbsbasis noch nicht
erreicht hat. Hieraus ergeben sich auch heftige Angriffe gegen den Wirt
schafts-Dirigismus des Staates, sogar aus den Reihen der Mitarbeiter des
Ministerprasidenten. Es wird befurchtet, daB durch den gewaltigen Auf
schwung Portugals die Staatsfuhrung zu optimistisch geworden sei und
ihre selbstfinanzierten Entwicklungsplane viel zu hoch gesteckt habe.
Ferner erwachsen Zweifel, ob die Umwandlung der Wirtschaftsstruktur
Portugals so abgeschlossen von der ganzen ubrigen Entwicklung Westeuro
pas vorgenommen werden durfte, um eine weitgehend autarke Gutererzeugungs
wirtschaft zu erzwingen, und ob das Problem des niedrigen Lebensstan
dards durch eine kostspielige, hochgeschraubte Industrialisierung, auf
Kosten der Landwirtschaft als hauptsachlicher Ernahrungsbasis, gelost
werden kann. Eine fehlgelenkte Investitionspolitik muBte sich in der
Tat bei dem auBerordentlichen Einsatz aller eigenen Kapitalsquellen -
und einiger auslandischen dazu - bei der behordlich gelenkten Planwirt
schaft katastrophal auswirken.
Indessen steht der Estado Novo und mit ihm das ganze Land vorlaufig auf
gesunden Fussen. Nicht nur die Staatsfinanzen, sondern auch die Privat
wirtschaft, die Banken, der Handel und die Gutererzeugung haben sich
relativ erstaunlich gut entwi~kelt15). Auch die Krafte der Intelligenz
und das oft als ungenugend gerugte VerantwortungsbewuBtsein der Portu
giesen sind in dieser neuen Generation entfaltet worden. Diese Impon
derabilien werden von der Regierung hoch gewertet und den sachlichen
Bedenken und pessimistischen Rechenexempeln entgegengesetzt. Die For
derungs- und Entwicklungspolitik der Staatslenkung hat bisher recht be
halten. Vom Ausland werden die unwagbaren Krafte, die den Portugiesen
eigentumlich sind, meist ubersehen; sie sind auch in ihrem Gewicht
schwer einzuschatzen.
14. "Proposta de Lei", Base V-4.
15. "Proposta de Lei", No.e/VII - 2 (Ruckblick).
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Tatsachlich ist Portugal ein flir die westliche Welt wichtiges Land ge
blieben. Nach einer langen Periode des politischen und damit wirtschaft
lichen Niederganges ist es seit drei Jahrzehnten dabei, sich zu erholen
und in ein geordnetes, modernes Produktionsland zu verwandeln. Auf
Grund seiner 500 Jahre langen Kolonialerfahrung und der Erfolge im Zu
sammenleben mit anderen, in ihrer Zivilisation sehr unterschiedlichen
Volkern glaubt Portugal an seine besondere Mission in tropischen und
8ubtropischen EntwicklungSlandern16). Die den Portugiesen vollig natlir
liche, vorurteilslose, menschliche Gleichstellung aller Rassen, Farben
und Klassen sowie die eigene starke Blutmischung sind Momente, die auch
in den Entwicklungsplanen des ttberseereiches als Aktivposten eingesetzt
worden sind.
Portugal ist einer der Grlinderstaaten des Atlantikpaktes, Mitglied der
UNO, der OEEC und anderer internationaler Organisationen. Es besitzt
eine moderne Wehrmacht und leistet mit zwei NATO-Divisionen, Kriegs
schiffen im Verbande der Atlantik-Patrouillen und Dlisenjagern seinen
Beitrag zur militarischen Infrastruktur des Westens. Militarische Ge
sichtspunkte spielen deshalb in dem eine Rolle. Die Han
For~erungsplan
delsflotte mit zum liberwiegenden Teil modernen Schiff en soIl nun auf
1 Mill. t gebracht werden und schlieBt groBe Passagierdampfer und Tan
ker ein. Desgleichen gehen groBe Auftrage zur VergroBerung und Moderni
sierung der bereits umfangreichen Hochseefischereiflotten (Diesel-Motor
Ausrlistung) vom Sechsjahresplan aus. Die liberseeischen Besitzungen
(Imperio) sind reich an Rohstoffen und Bodenschatzen und mit einigen
hervorragenden Hafen11) und Bahnlinien18) sowie einem guten Verwaltungs
netz ausgerlistet.
16. Verfassung der portugiesischen Republik von 1933, Kap.VII,A~tikel
133:"Es gehort zum Wesen der portugiesischen Nation, ihre histori
sche Mission der Kolonisierung in den von ihr entdeckten Landern
unter ihrer Souveranitat zu erflillen ••• ".
11· Lourenco Marques gilt als der beste Hafen ganz Ostafrikas und Luanda
als der modernste Umschlagsplatz der Westkliste.
18. Von Beira in Mo~ambique, dem wichtigsten Erzverladehafen Ostafrikas,
geht die Stichbahn tief in das Minengebiet von Rhodesien hinein.
Lobito-Benuela sind der Ausgangspunkt der liber 2 000 km langen Erz
transportbahn aus dem Katangagebiet (Elisabethville) zur Westkliste
(Uran flir USA). Ursprlinglich englischer Privatbesitz, werden di~se
Bahnen und Hafen heute von Portugal kontrolliert. Angola und M09am
bique sind auf diese Weise miteinander und mit dem ganzen Bahnsystem
Slidafrikas verbunden.
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