Table Of ContentUlrike Franke (Hrsg.)
Aggressive und
hyperaktive Kinder
in der Therapie
Unter Mitarbeit von
A. Augustin· H. G. Eisert· H. Horn· A. M. Jernberg
F. Kemper· U. Lehmkuhl· A. Rothenberger
A. von Schwerin
Mit 23 Abbildungen
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo
ULRIKE FRANKE, Logopadin
Phoniatrisch-Logoptidisches Zentrum
der Stiftung Rehabilitation
Postfach 101409
6900 Heidelberg 1
ISBN-13:978-3-540-18417-1 e-ISBN-13:978-3-642-73035-1
DOl: 10.1007/978-3-642-73035-1
eIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Aggressive und hyperaktive Kinder in der Therapie /
hrsg. von Ulrike Franke. Unter Mitarb. von A. Augustin ... -
Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo: Springer, 1988
ISBN-13:978-3-540-18417-1
NE: Franke, Ulrike [Hrsg.J; Augustin, Anneliese [Mitverf.]
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2126/3130-543210
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
ULRIKE FRANKE. Mit 1 Abbildung 1
Klassifikation und neurobiologischer Hintergrund
des hyperkinetischen Syndroms (HKS)
ARIBERT ROTHENBERGER. Mit 9 Abbildungen 5
1 Einleitung ............... 5
2 Begriffsentwicklung und Klassifikation 5
2.1 Das Konzept der minimalen zerebralen Dysfunktion 6
2.2 Hyperaktivitat im Mittelpunkt . . . . . . . . . 7
2.3 Aufmerksamkeitsstorungen als Kernsymptom . 10
3 Neurobiologischer Hintergrund 12
3.1 Genetische Aspekte .... 12
3.2 Feinneurologische Zeichen 13
3.3 Elektroenzephalogramm . . 15
3.4 Evozierte Potentiale .... 17
3.5 Hirndurchblutung und Hirnstoffwechsel 20
3.6 Medikamentenwirkl:.ng wie und wo? 21
4 SchluBbetrachtung 23
Literatur ..... 25
Das hyperaktive Kind in der logopadischen Praxis
ADELHEID VON SCHWERIN. Mit 3 Abbildungen 27
1 Der Anspruch . 27
2 Die Kompetenz 27
3 Die Anamnese . 28
4 Beispiel Michael 30
4.1 Die Untersuchung 30
4.2 Die folgende Elternberatung . 33
4.3 Therapieansatz 34
5 Der Raum ........ . 34
6 Das Licht ......... . 35
7 Therapeutisches Vorgehen . 35
VI Inhaltsverzeichnis
7.1 DasIch. 35
7.2 Das Du . 36
7.3 Das Wir 36
8 Das Material 36
9 Der Oberrasehungseffekt 36
10 Behandlung ....... 37
11 Voraussetzungen zur Durehfiihrung der Therapie 37
12 Durehfiihrung der Therapie 38
12.1 Der Blickkontakt 38
12.2 Einige Anregungen 38
12.3 Erziehung .... 40
13 Zusammenfassung 40
Literatur . . . . . 40
Ergotherapie bei hyperaktiven Kindem
ANNELIESE AUGUSTIN. Mit 1 Abbildung . 43
1 Prinzipien der sensomotorisehen Behandlung 43
1.1 Einzeltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 44
1.2 Gruppentherapie . . . . . . . . . . . . . . . 45
2 Hyperaktivitatssyndrom aus der Sieht der Ergotherapie 47
3 Die Oberpriifung der sensomotorisehen Funktionen 52
4 Die Behandlung der sensomotorisehen StOrungen
beim hyperaktiven Kind . . . . 53
4.1 Fallbeispiel: Kind A., weiblieh . 64
4.2 Fallbeispiel: Kind B., mannlieh 67
Literatur . . . . . . . . . . . . 69
Kognitiv-verhaltenstherapeutisehe Interventionen
bei hyperaktiv-aggressiven Kindem
HANS G. EISERT. Mit 2 Abbildungen ............. 71
1 Hyperaktive Kinder und ihre behandlungsbediirftigen
Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 71
2 Hyperaktivitat als dysregulatorisehe StOrung - eine
handlungsanleitende psyehologische Modellvorstellung 74
3 Die kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention 76
3.1 Die multimodale Behandlung 76
3.2 Zur Arbeit mit den Eltem . . . . . . . . . . 76
3.3 Der "Forderunterrieht" ........... 77
3.4 Aggressives Verhalten als Folge fehlerhafter
Informationsverarbeitung - wie man mit Wut
und Arger besser umgehen kann . . . . . . . . 79
Inhal tsverzeichnis VII
4 AbschlieBende Bemerkungen 80
Literatur .......... . 81
Uberlegungen zur Therapie hyperaktiver und
aggressiver Kinder
ULRIKE LEHMKUHL. Mit 1 Abbildung ..... 83
1 Einleitung................ 83
2 Individualpsychologische Gedanken zum Thema
"Sorgenkinder" 84
3 Historischer Rtickblick . . . . . . . . . . . . 87
4 Fallbeispiele... ............. 88
5 Das spezielle Problem der hyperaktiven und
aggressiven Kinder 92
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Moglichkeiten des Kinder- und Jugendlichenpsycho
therapeuten beim Umgallg mit dem hyperkinetischen
und aggressiven Kind
HILDEGARD HORN. Mit 1 Abbildung . . . . . . . . . . 97
1 Vorstellung der analytischen Kinderpsychotherapie 97
1.1 Annahmen tiber die Entstehungsbedingungen
,m
psychischer St6rung im Kindesalter . . . . . . . 97
l
1.2 Behandlungsstrategien bei unterschiedlichen Formen
psychischer St6rungen und Erkrankungen . . . 98
1.3 Rahmenbedingungen der analytischen Kinder-
psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
2 Hyperkinese und analytische Kinderpsychotherapie. 100
2.1 Hyperkinese und Ich-Entwicklung . . . . . . . . . 101
2.2 Die spezielle Bedeutung der Aggression in der
Entwicklung des hyperkinetischen und aggressiven
Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
2.3 Therapeutische Moglichkeiten bei frtiher Beziehungs-
storung und sekundarer Neurotisierung 104
3 Ein Fallbeispiel ..... 105
4 Zusammenfassung.... 107
Weiterflihrende Literatur 107
Theraplay flir das aggre~,sive Kind
ANN M. JERNBERG. Mit 5 Abbildungen 109
1 Was ist Theraplay? ..... 109
2 Anwendung von Theraplay 110
VIII Inhaltsverzeichnis
2.1 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . 110
2.2 Therapie ............... . 112
2.3 Wo kann Theraplay durchgefiihrt werden? 114
3 Zur Psychodynamik des aggressiven Kindes 115
3.1 Ursachen der Aggressivitat ..... . 115
3.2 Die Bediirfnisse des aggressiven Kindes 119
3.3 Therapie mit aggressiven Kindem 119
4 Ein Fallbeispiel 122
5 Zusammenfassung 123
Literatur .... 124
Personenzentrierte Psychotherapie bei aggressiven Kindem
FRANZ KEMPER. Mit 1 Abbildung . . . . . . . . . . . . . . 125
1 Das thematische Feld ................. 126
2 Theorie der personenzentrierten Kinderpsychotherapie 128
2.1 Psychotherapie geschieht in Beziehungen 128
2.2 Zur Theorie der Personlichkeit ..... 129
2.3 Zur Storungstheorie . . . . . . . . . . . 131
2.4 Die Therapietheorie im Dienste der Personlichkeits-
theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
3 Kurzauszug aus der Therapie mit Kurt 145
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Kommentierte Bibliographie 149
N amenverzeichnis . 151
Sachverzeichnis . . 153
Mitarbeiterverzeichnis
AUGUSTIN, ANNE LIESE KEMPER, FRANZ, Prof.
U niversitats-Kinderklinik Ed.-Jost-Str.17
1m Neuenheimer Feld 6700 Ludwigshafen/Rh.
6900 Heidelberg 1
LEHMKUHL, ULRIKE
EISERT, HANS G., Dr. phil.
PD Dr.med.
Zentralinstitut fUr
Blumenstr. 8
Seelische Gesundheit
6900 Heidelberg 1
1,5 Postfach
6800 Mannheim 1
ROTHENBERGER, ARIBERT, Prof.
Zentralinstitut fUr
HORN, HILDEGARD
Seelische Gesundheit
Franz-Liszt-Str.1
1,5 Postfach
6904 Eppelheim
6800 Mannheim 1
JERNBERG, ANN M.
Ph.B., Ph.D. VON SCHWERIN, ADELHEID
333 N. Michigan Ave Klingsorstr. 3/5
Chicago, IL 60601, USA 8000 Munchen 81
Einleitung
ULRIKE FRANKE
1946 geboren. Aphasietherapeutin, danach Ausbildung
zur Logopadin und Lehrlogopadin. Seit tiber 10 lahren
(Lehr-)Logopadin in einer Phoniatrisch-Logopadi
schen Ambulanz. Die Schwierigkeiten im Umgang mit
nicht-kooperativen Kindem fUhrten zu der Ausbildung
im Chicagoer Theraplay Institute und zur Ubersetzung
des Buchs »Theraplay« von A. Jernberg. Berufliche
Schwerpunkte sind Aphasietherapie und vor aHem die
Behandlung schwieriger Kinder, sowie Fortbildungsan
gebote in Theraplay fur Therapeuten und Nichtthera
peuten.
Kindliche Aggressivitat und Hyperaktivitat sind Yerhaltensweisen, die
nach Aussage von Wissenschaftlern zunehmen, und die Therapeuten und
Betroffene besonders schnell irritieren, hilflos machen und sie daher
ungliicklicherweise eher aggressiv und unruhig als gelassen und verstand
nisvoll handeln lassen.
Auf aggressive oder hyperaktive Kinder wurde im letzten Jahrhundert
mit wesentlich weniger Toleranz und Yerstandnis reagiert als heute. Meist
disziplinierte und strafte man sie streng. Aggressivitat galt als Affront
gegen die Autoritat der Erwachsenen und wurde als Ungehorsam gesehen,
den man nicht dulden durfte. Ahnlich war es mit der Hyperaktivitat, vor
der Kinder noch in unserem J ahrhundert durch den Zappelphilipp in
Hoffmanns (1977) Struwwelpeter eindrucklich gewarnt wurden. DaB Ag
gressivitat und Hyperaktivitat eine organische oder moglicherweise sogar
eine nachvollziehbare psychische Ursache haben konnte, auf die man nicht
mit Bestrafung , sondern mit Therapie reagieren muB, wurde noch kaum in
Betracht gezogen.
Seit den Anfangen der Psychoanalyse, und besonders seit Adler in den
20er und 30er Jahren die Psychologie als "Wissenschaft fur das Yolk"
verbreitete, und seit Aichhorn therapeutische Aspekte in die soziale
Betreuung von verwahrlosten Jugendlichen einbrachte, laBt die starre
Haltung gegen Aggressivitat und Hyperaktivitat langsam nacho Man hin-
2 U. FRANKE
terfragt die Griinde, aus denen heraus die Kinder agieren. Damit riickt das
BewuBtsein iiber die Wichtigkeit der sozialen Umgebung als Verursacher
und Veriinderer von Verhalten in den Vordergrund und lost die mehr
genetische oder piidagogische Sichtweise abo Damit wird dann letztendlich
der Einsatz therapeutischer MaBnahmen erkliirt und gerechtfertigt.
Die Widerspriichlichkeit der Forschung im Bereich der Aggressionsursa
chen, das Fehlen einer einheitlichen Aggressionstheorie und damit auch
einer konsistenten therapeutischen Verhaltensweise, machen es zu einem
interessanten Vorhaben, verschiedene therapeutische Ansiitze auf Ge
meinsamkeiten und Unterschiede hin zu untersuchen. Dies solI hier auf
der pragmatischen Ebene geschehen und zwar beim Betrachten der thera
peutischen Arbeit.
Aus dem groBen Angebot der Therapieformen wiihlte ich einige der
wichtigsten aus: die Psychoanalyse (H. Horn), die Individualpsychologie
(U. Lehmkuhl), die medikamentose Therapie (A. Rothenberger, der auch
die neurobiologischen Grundlagen beriicksichtigt), die klientenzentrierte
Spieltherapie (F. Kemper), die direktive Spieltherapie »Theraplay«
(A. Jernberg), die kognitive Verhaltenstherapie (H. G. Eisert), eine Wahr
nehmungstherapie (A. Augustin) und Ansiitze aus der Heilpiidagogikl
Logopiidie (A. V. Schwerin). Die jeweiligen Vertreter beschreiben - je
nach ihren Schwerpunkten Aggressivitiit oder Hyperaktivitiit oder beides -
ihr Bild eines so1chen Kindes und ihren jeweiligen Therapieansatz. Beide
gewinnen durch Falldarstellungen noch an Klarheit und Anschaulichkeit.
So beschriinken sich von Schwerin, Rothenberger, Augustin auf die Be
handlung der Hyperaktivitiit, wiihrend Lehmkuhl, Eisert, Horn dazu noch
die Aggressivitiit beriicksichtigen, Kemper und Jernberg beschiiftigen sich
hingegen ausschlieBlich mit der Therapie aggressiver Kinder.
Urn dem Leser eine anfiingliche Orientierung iiber die einzelnen Kapitel
des Buches zu ermoglichen, folgt eine Tabelle (s. S. 3), die kurz und knapp
(daher etwas vereinfacht) aufzeigt, we1chen therapeutischen Schwerpunkt
die Autoren haben, die Klassifikation ihres Erkliirungs- und Therapiean
satzes, ihr Erkliirungsansatz der AggressivitiitiHyperaktivitiit und ihr the
rapeutisches Ziel und Vorgehen.
Die Frage, was Hyperaktivitiit bei Kindem auslost, wird allgemein sehr
kontrovers diskutiert. Noch 1975 erschien in den USA ein Buch (Schrag u.
Divoky), in dem die Autoren Hyperaktivitiit als »Mythos« bezeichnen.
Weil Hyperaktivitiit so hiiufig zusammen mit dem Storungsbild der mini
malen zerebralen Dysfunktion (MCD) genannt wurde, siedelte man sie
fast selbstverstiindlich in dem Bereich der organischen Storungen an. Mit
der gleichen Vehemenz bemiihten sich andere Forscher, Hyperaktivitiit als
psychische Storung zu erkennen und zu definieren (z. B. Miller 1978). Eine
von Medizinern sehr kontrovers diskutierte Richtung ist die der diiiteti-