Table Of ContentLEOTROTZKI
1879-1940
In den Augen von Zeitgenossen
J U N I U·-, S
Leo Trotzki - In den Augen von Zeitgenossen
INHALT
Einleitung 7
Auf dem Weg zur Politik 13
Max Eastman · Alexandra Lwowna Sokolowskaja
Zwischen den Fraktionen 21
Nadjeshda Krupskaja · Wladimir 1. Lenin · Julius Martow ·
Natalja Sedowa · Nikolai Walentinow · Pavel Axelrod · Schwertschkow ·
Julius Deutsch · Vlastimil Tusar
Im Ersten Weltkrieg 36
Leonhard Ragaz · Fritz Brupbacher · Alfred Rosmer
Rückkehr nach Rußland - Die Oktoberrevolution 46
Emile Vandervelde · Hendrik de Man · Wladimir Woytinsky · Wladimir
Antonow-Owssejenko · Angelica Balabanoff · Anatoli Lunatscharski
Brest-Litowsk 63
Richard von Kühlmann · Max Hoffmann · Ottokar Czernin ·
Bruce Lockhart
Der Kriegskommissar 70
Louis de Robien · Joseph Noulens · Louise Bryant · Angelica Balabanotf ·
Larissa Reissner · George Popotf · Alfred Rosmer · Fritz Brupbacher ·
Rosa Meyer-Levine · Karl Retzlaw
Fraktionskämpfe 94
Karl Radek · Wladimir 1. Lenin · Max Eastman · Angelica Balabanoff ·
Georgi Tschitscherin · Natalja Sedowa · Adolf A Jotfe · William Reswick ·
Victor Serge
Prinkipo 116
Pierre Frank · Jean van Heijenoort · Gerard Rosenthal · Pierre Naville ·
Max Eastman
Kopenhagen 131
Rudolf Adrian Dietrich · Georg Jungclas
Frankreich 136
Fritz Sternberg · Andre Malraux
Noiwegen 148
Trygve Lie · Fred Zeller
Mexiko 161
Charles Comell · Victor Serge · Jean van Heijenoort · Andre Breton
Joseph Hansen · Natalja Sedowa
Gran Corrido de Leon Trotski 184
Ein Brief von Natalja Sedowa-Trotzki 185
Quellen-und Bildnachweis 187
Einleitung
Historische Feiertage haben nicht nur Bedeutung für Geschichtsforscher, wissen
schaftliche Spezialisten und Nostalgie-Schwärmer. Wie sich eine gesellschaftliche
Öffentlichkeit und ihre politischen Strömungen zu Jahrestagen verhalten, ob sie sie
ignorieren oder feiern, was sie aus ihren Anlässen verlautbaren, das sagt mindestens
ebensoviel über sie selbst wie über das historische Ereignis oder das Werk des Jubi
lars aus.
Auf dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 enthüllt Chruschtschow offiziell einen Teil
der Verbrechen Stalins, und damit beginnt eine Welle der Rehabilitierung von Opfern
des Stalin-Regimes in der Sowjetunion. Als Trotzkis Witwe Natalja Sedowa öffent
lich die sowjetische Führung auffordert, auch ihrem ermordeten Mann historische
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, da bedeutet das mehr als ein bloßes Verlangen
nach persönlicher Genugtuung und Korrektur längst verstaubter Akten. Eine Re
konstruktion der historischen Wahrheit über Trotzki ist die Voraussetzung dafür,
daß aus seinem Werk echte Lehren für die Gegenwart gezogen werden können. Seine
Rehabilitierung in der Sowjetunion wäre Anzeichen für einen politischen Wandlungs
prozeß. Ihre Einforderung ist Teil eines Programms, das auf die Verwirklichung der
Meinungs-, Organisations-, Presse- und Versammlungsfreiheit in den Staaten zielt,
die sich sozialistisch nennen und in Wirklichkeit von Bürokratien beherrscht werden.
Trotzkis 100. Geburtstag am 7. November 1979 wird nicht vielen Anlaß bieten,
eingehendere Würdigungen vorzunehmen, sich näher mit seinem Werk und seiner
Person zu beschäftigen oder gar kritisch daran anzuknüpfen. In der Sowjetunion,
den Ländern ihrer Einflußzone und in China sind seine Schriften immer noch verboten,
gilt der neben Lenin bedeutendste Führer der Oktoberrevolution immer noch als
Unperson. Allerdings wird in eurokommunistischen Parteien mittlerweile der Ruflaut,
ihn und andere Opfer des Stalinismus wie Bucharin zu rehabilitieren und als Teil
der kommunistischen Tradition anzusehen. Für die offizielle Sozialdemokratie ist
bei ihrem langen Weg der Anpassung an die Normen bürgerlicher Politik die Be
schäftigung mit theoretischen und historischen Problemen, soweit sie nicht in Festsaal
Gratulationscouren zu gießen sind, ohnehin zum Luxus einiger Partei-Akademiker
geworden, der mit der Praxis, dem Technokratismus der Realpolitiker, wenig zu tun
hat - ganz abgesehen davon, daß sie mit den Konzepten dieses Mannes, der wie sie
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aus der II. Internationale hervorgegangen ist und vor 1914 für ihre Zeitschriften
(u.a. auch den Vonvärts) geschrieben hat, nichts mehr anzufangen weiß. Und in der
bürgerlichen Öffentlichkeit führt die Auseinandersetzung mit der Geschichte der
sozialistischen Bewegung und ihren Persönlichkeiten in einigen Schulstunden und
Fernsehsendungen bestenfalls zu dem Nachweis, daß deren Programm längst erfüllt
oder hoffnungslos utopisch ist.
Die Bedeutung und Lebendigkeit des Schaffens einer Person für die Nachwelt
ist nicht zuletzt daran erkennbar, daß eine Beschäftigung mit ihr unter dem Eindruck
neuer Erfahrungen immer neue Seiten aufblicken läßt und unser heutiges Leben
bereichern kann. In diesem Sinne ist hundert Jahre nach der Geburt und vierzig Jahre
nach dem Tod Trotzkis eine Analyse und Bilanz seines politischen Werkes nicht nur
nicht abgeschlossen, sie ist eine gewinnbringende Angelegenheit. Dieses Buch soll eine
andere Seite Trotzkis beleuchten, seine Persönlichkeit, wie sie auf Zeitgenossen gewirkt
und sich in charakteristischen Episoden seines Lebens offenbart hat.
In den politischen Auseinandersetzungen seiner und der nachfolgenden Zeit ist
von Gegnern, aber auch von Anhängern Trotzkis zwischen seinen persönlichen
Charakteristika und seiner Politik kaum eine Trennung gemacht worden. Eine der
grundlegenden Devisen herkömmlicher Politik und Rhetorik lautet, in dem Augen
blick, wo politisch-sachliche Argumente fehlen oder nicht mehr ausreichen, zum
Angriff auf die Person zu schreiten. Dieses Mittel ist in der Kampagne der zwanziger
und dreißiger Jahre in der Sowjetunion systematisch verwandt worden und wird heute
noch von den an Moskau, Peking und Tirana orientierten Kräften benutzt. Trotzki
gilt als Agent ausländischer Geheimdienste, als Organisator eines Mordkomplotts,
als notorischer Lügner, dem seine Politik von Beginn an nur Mittel zur Befriedigung
seiner maßlosen Geltungssucht gewesen ist. Aber auch Betrachter, die nicht von
stalinistischer Seite kommen, haben in die Beurteilung seiner Politik seine persönlichen
Charakteristika miteinßießen lassen oder sie gar an ihre Stelle gesetzt: bestimmten
anarchistischen und sozialdemokratischen Kreisen gilt er als ein „verhinderter Stalin",
der seine gegen die bürokratische Diktatur gerichteten Thesen nur deshalb entwickelt,
weil er bei der Machtverteilung zu kurz gekommen ist; anderen, vor allem unter
Sozialdemokraten und Liberalen lebendigen Vorstellungen, gelten seine politischen
Analysen nur als Widerschein seines weltfremd-idealistischen, in theoretischen Ab
straktionen befangenen Wesens, das den Zugang zur rauhen Wirklichkeit nicht findet.
Als Reaktion auf die stalinistischen Verleumdungen und Verfolgungen ist es bei
manchen Verfechtern seines politischen Konzeptes dann auch zu einer persönlichen
Heroisierung Trotzkis gekommen.
Nun ist die Existenz eines Zusammenhangs zwischen Persönlichkeit und Politik
unbestreitbar. In einer Analyse interessiert nicht nur eine bestimmte Politik, sondern
auch, wie und warum ihre Vertreter dazu kommen, sie zu formulieren oder auszufüh
ren. Eine Person kann nicht nur nach ihren politischen Vorstellungen beurteilt werden,
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weil sie sich in ihnen nicht erschöpft. Und ihre politische Wirksamkeit hängt meist
überwiegend von der Stellung ab, die sie in einem bestimmten gesellschaftlich-organi
satorischen Rahmen einnimmt, und für die ihre persönlichen Qualitäten ebenso ent
scheidend sind wie ihre politischen Vorstellungen.
Trotzki selbst hat sich mehrfach über diesen Zusammenhang von Politik und Person
geäußert. Er hat etwa die Meinung vertreten, die Oktoberrevolution 1917 hätte ohne
Lenin nicht stattfinden können, weil er in der gegebenen Situation der einzige war,
der die Möglichkeit hatte, die Opposition der bolschewistischen Führung gegen die
Kursnahme auf die sozialistische Revolution zu überwinden *. Er ist dabei davon
ausgegangen, daß in historischen Knotenpunkten der Schlüssel zum weiteren Verlauf
der Geschichte in der Hand eines revolutionären Subjekts, einer Klasse, einer Partei,
liegt; daß im Extremfall alles von dem Verhalten einer bestimmten Person abhängig
ist, weil nur sie auf Grund ihrer durch persönliche und politische Qualitäten in der
Vergangenheit erworbenen Position und ihres Prestiges in der Lage ist, einen ent
scheidenden Impuls zu geben und Widerstände in den eigenen Reihen zu überwinden.
Diese Schlüsselrolle, die Trotzki dem Individuum in bestimmten historischen Situa
tionen zumißt, findet ihr Gegenstück in seiner These, wonach politische Konzeptionen
auch bei größten Fähigkeiten ihrer Vertreter zum Scheitern verurteilt sind, wenn die
historische Situation ihnen entgegensteht.
Trotzki hat es als Programm für Revolutionäre formuliert, das, was seiner Ansicht
nach bei den Arbeitermassen durch den Klasseninstinkt ersetzt wird, für sich zu ver
wirklichen: ,,Eine bestimmte Weltanschauung in Fleisch und Blut zu verwandeln,
ihr alle Seiten seines Bewußtseins zu unterwerfen und die Welt der eigenen Gefühle
in Übereinstimmung mit ihr zu bringen( ... )". Er hat umgekehrt, von erklärender, nicht
programmatischer Sichtweise aus, formuliert, daß Revolutionäre „doch irgendwelche
ausgeprägte persönliche Besonderheit besitzen (müssen), welche es dem historischen
Prozeß ermöglicht, sie von anderen zu trennen und zu einer besonderen Gruppe zu
verbinden. Der gemeinsame Verkehr, die theoretische Arbeit, der Kampf unter einem
bestimmten Banner, die kollektive Disziplin, die Stählung im Feuer der Gefahren
bilden allmählich den revolutionären Typus heraus. Man kann mit vollem Recht von
einem psychologischen Typus des Bolschewik im Gegensatz etwa zu dem Menschewik
sprechen. Bei genügender Erfahrung konnte das Auge - mit einem kleinen Prozentsatz
von Irrtümern - sogar nach dem Äußeren einen Bolschewik von einem Menschewik
unterscheiden."** Der von Trotzki beobachtete Zusammenhang zwischen persön
lichen Eigenheiten und politischer Stellungnahme ist tatsächlich bei allen tiefergehen
den politischen Bewegungen vorhanden. Unter Einbezug einer genügend großen Zahl
* Leo Trotzki: Tagebuch im Exil. München 1962, S. 53 (Eintragung vom 25.3.1935)
** Leo Trotzki: Mein Leben. Versuch einer Autobiographie (1929). Frankfurt/M 1974, S. 432
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von Abweichungen haben offensichtlich Menschen, die eine gemeinsame politische
Richtung mit einigem Ernst vertreten, d.h. die sich ihrer Politik gegenüber nicht wie
ein Manager zu seiner Handelsware verhalten, bestimmte sich ähnelnde Charakter
eigenschaften. Sofern sie sich in einer vergleichbaren sozialen Lage befinden und
entsprechende Umstände eintreten - diese Bedingung ist entscheidend für eine soziale,
nicht psychologisierende Interpretation der Geschichte -, scheint ihre Eigenart sie
dazu zu prädestinieren, sich einer bestimmten politischen Richtung anzuschließen.
Umgekehrt prägt diese wiederum ihre Persönlichkeit und entwickelt ihre Anlagen in
eine ähnliche Richtung.
Wenn dieser Zusammenhang zwischen Politik und Persönlichkeit bei ganzen poli
tischen Strömungen besteht, bei denen die Abweichungen doch immerhin erheblich
sind - denn nicht nur sehr verschiedene Charaktereigenschaften, auch ganz unter
schiedliche Motivationen können bei gemeinsamen politischen Stellungnahmen vor
handen sein-, so ist er bei einer einzelnen Person noch deutlicher. So sehr die Men
schen sich in ihrer Umwelt wandeln: hat sich erst einmal ein bestimmter Charakter
herausgebildet, dann sind die Variationsmöglichkeiten begrenzt. Daß ein gewisser
1879 im Gouvernement Tiflis geborener Josef Dschugaschwili in den zwanziger und
dreißiger Jahren unter dem Namen Stalin zum personifizierten Motor des Bürokra
tisierungsprozesses und zum Führer eines terroristisch-bürokratischen Systems ge
worden ist, war gewiß nicht vom Schicksal vorgezeichnet. Aber daß ein Stalin, ein
Mann mit seinen Charaktereigenschaften, diese Rolle ausgefüllt hat und kein Trotzki
und kein Bucharin, das ist kaum ein Zufall zu nennen.
Es hat bestimmte Perioden und Entscheidungen in Trotzkis Leben gegeben, in
denen besonders offenliegt, wie seine persönlichen Charaktereigenschaften mit dem
politischen Programm verbunden sind: seine von Bolschewismus und Menschewismus
unabhängige Stellung zwischen 1904 und 1917; seine Stellungnahme für die Links
opposition 1923; seine Zurückhaltung in entscheidenden Phasen des Fraktionskampfes
in den zwanziger Jahren; seine Position, angesichts des Stalinschen Linksschwenks
Ende der zwanziger Jahre nicht wie viele seiner politischen Freunde aufzustecken. Es
hat andere Phasen gegeben, in denen die Wandlung, die seine Persönlichkeit unter
dem Eindruck veränderter objektiver Bedingungen nimmt, besonders deutlich wird:
etwa in den Revolutionsmonaten vor dem Oktober 1917 und in den Jahren des Bür
gerkrieges. Die in das vorliegende Buch aufgenommenen Erinnerungen von Zeit
genossen geben die Wirkung wieder, die Trotzki auf Menschen verschiedenen Charak
ters und verschiedener politischer Überzeugung, die ihn in sehr unterschiedlichen
Lebenssituationen persönlich kennengelernt haben, gehabt hat. Sie beschreiben sein
Verhalten im politischen und nichtpolitischen Alltag, seine Beziehungen zu anderen
Menschen, seine Lebensumstände, seine Charaktereigenschaften. Das Persönlichkeits
bild, das sie von Trotzki geben, soll zugleich den Zusammenhang zwischen Politik
und Person skizzieren - einzelne Autoren ziehen diese Verbindung selbst, aus anderen
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Texten ist sie, auch ohne daß sie explizit kenntlich gemacht ist, unschwer zu erkennen.
Wenn damit der Sinn dieses Buches formuliert ist, so zugleich auch seine Grenze.
Ein Charakterbild Leo Trotzkis kann keine Analyse seiner Strategie sein, eine Beur
teilung seiner persönlichen Eigenschaften nicht an die Stelle einer Bewertung des von
ihm entwickelten politischen Konzeptes treten. Eine Person kann nicht nur und wahr
scheinlich noch nicht einmal vorrangig nach ihren politischen Theorien beurteilt wer
den. Ihre Portraitierung macht es zwingend erforderlich, die Motive und Ursachen
zu untersuchen, die sie zu einer bestimmten Meinung veranlassen, und ihr prakti
sches Verhalten einzubeziehen. Dies gilt insbesondere angesichts des Selbstanspruchs
der sozialistischen Bewegung, für die die Politik keine vom Alltag und Berufsleben ge
trennte Sphäre ist und die mit dem Anspruch einer Umwälzung sämtlicher Lebens
bereiche bei der Schaffung eines neuen Menschen auftritt. Aber was für die Beurtei
lung einer Person unerläßlich ist, das ist bei der Diskussion einer Theorie und eines
politischen Konzeptes nicht statthaft. Diese müssen zunächst einmal unabhängig von
ihren Trägern, von deren Motiven und ihrem praktischen Verhalten erörtert werden.
Sie dürfen nicht durch den Hinweis entwertet werden, daß ihre Verfechter ihnen in
ihrem persönlichen Leben nicht gerecht werden oder daß sie sie aus in ihrer Psycho
logie wurzelnden „naheliegenden" Gründen und Motiven formuliert haben. Denn der
Charakter einer Person hat eine psychologisch-mentalitätsmäßige, eine moralische und
eine gesellschaftlich-politische Dimension, und diese können in mehr oder minder
großen Widersprüchen zueinander stehen - und sie tun es bei den meisten Menschen.
Einen Tatbestand richtig zu analysieren und aus ihm folgernd ein Programm für das
praktische Verhalten aufzustellen, ist eine Fähigkeit; sich gemäß einer gewonnenen
Erkenntnis im praktischen Leben zu verhalten, eine andere; beide stehen nur bei den
wenigsten Menschen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander. Es ist durchaus
möglich, daß politische Konzeption und persönliche Charaktereigenschaften oder Ver
halten im Alltag in Widerspruch zueinander stehen. Aber zweifelhafte Motive oder
inkonsequentes Verhalten des Verfechters einer Politik geben noch kein Urteil über die
Politik selbst ab. Erst in einem zweiten Schritt, nach der von der Person absehenden
Diskussion einer politischen Linie, kann die Untersuchung ihrer Entstehung und des
Verhaltens ihrer Träger zu größerer Erhellung beitragen. Man wird sicher nicht nur
eine politische Bewegung, sondern auch eine Theorie selbst anders beurteilen, wenn
sämtliche ihrer Vertreter in ihrem praktischen Leben in eklatantem Widerspruch zu
ihr handeln, als wenn die Kluft relativ gering ist. Allerdings kann auch dann die Er
klärung der Entstehung einer Politik nicht an die Stelle ihrer Kritik treten.
Trotzkis Gegner haben die Trennung von Person und Politik kaum je vorgenom
men. Ganz im Gegenteil ist in der stalinistischen Kampagne die systematische Diskre
ditierung der Person zunehmend an die Stelle einer Erörterung seiner politischen Vor
schläge getreten. Wenngleich himmelweit von den Methoden dieser seiner Gegner
entfernt, hat allerdings auch Trotzki - und ebenso Lenin, wie nicht zuletzt aus seinen
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