Table Of ContentHEIDELBERGER JAHRBUCHER
HEIDELBERGER
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JAHRBUCHER
XVIII
Herausgegeben von der
Un iversitdts -Gesellschaft
Heidelberg
SPRINGER-VERLAG
BERLIN HEIDELBERG NEW YORK
1974
Redaktionsausschuft :
G. Christian Amstutz, Walter Koschorreck, Helmut Neubauer, Paul Philippi,
Heinrich Schipperges, Heinz A. Staab, Gustav Wagner
Schriftleitung: Professor Dr. H. Schipperges
1nstitut fiir Geschichte der Medizin, 69 Heidelberg 1, 1m Neuenheimer Feld 305
Die Heidelberger Jahrbiicher erschienen seit 1809 unter den folgenden Titeln:
Heidelbergische Jahrbiicher der Literatur. Jg.I-I0. 1808-1817
Heidelberger Jahrbiicher der Literatur. Jg. 11-65. 1818-1872
Neue Heidelberger Jahrbiicher. Jg. 1-21. 1891-1919
Neue Heidelberger Jahrbiicher. Neue Folge. 1924-1941. 1950-1955/56
Heidelberger Jahrbiicher. I If. 1957 If.
Die Verleger waren bis 1814 Mohr & Zimmer, his 1820 Mohr & Winter,
1821-1828 Oswald, 1829-1839 Winter, 1840-1872 Mohr, 1891-1956 Koester,
seit 1957 Springer, aile in Heidelberg
Der Umschlag wurde von Hermann Zapf, Frankfurt a. M., entworfen. Er verwendete hierfiir
die von ihm geschalfene Schrift "Michelangelo"
1SBN-13: 978-3-540-06811-2 e-1SBN-13: 978-3-642-65894-5
DOl: 10.1007/978-3-642-65894-5
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fiir gewerbliche Zwecke ist gemag § 54 UrhG eine Vergiitung an den Verlag zu zahlen, deren
Hehe mit dem Verlag zu vereinbaren ist. © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1974.
Library of Congress Catalog Card Number 58-36513.
INHALTSVERZEICHNIS
ERICH DINKLER, Deutsche Ausgrabungen im Sudanischen Niltal 1967-1969
HANS-REINER SIMON, Ein in Heidelberg wiederentdecktes bienenkundliches
Werk aus der Bibliothek Schopenhauers 22
JOACHIM TELLE, Kilian, Ottheinrich und Paracelsus 37
PAUL PHILIPPI, Staatliche Einheit und gesellschaftliche Pluralitat In der Reli-
gionsgesetzgebung des Furstentums Siebenburgen 50
WOLFRAM SCHMITT, Die Epilepsie in der Theorie der alteren Medizin 66
HERMANN STUTTE, August Homburgers Bedeutung in der Geschichte der Kinder-
psychiatrie 83
WALTER RITTER VON BAEYER, August Homburger - Arzttum und soziale
Verantwortung 89
MANFRED MULLER-KuPPERS, Zur Lage der Kinder- und Jugendpsychiatrie
heute 94
JAKOB AMSTUTZ, Montaignes Begriff der Gesundheit 101
HERMANN ROHRS, Die Internationale Gesamtschule Heidelberg als Friedens-
schule 123
GEORG POENSGEN, Das Heidelberger SchioB 138
Bibliographie
Schriftenverzeichnis der Heidelberger Dozenten. Veroffentlichungen aus dem
Jahr 1973 165
Theologische Fakultat 167 - Juristische Fakultat 174 - Fakult1it fur natur
wissenschaftliche Medizin 181 - Fakultat fur theoretische Medizin 187 -
Fakultat fur klinische Medizin I 198 - Fakultat fUr klinische Medizin II 215
Philosophisch-historische Fakultat 223 - Fakultat fur Orientalistik und
Altertumswissenschaft 228 - Neuphilologische Fakultat 231 - Wirtschafts
und sozialwissenschaftliche Fakultat 237 - Fakultat fur Mathematik 242 -
Fakultat fur Chemie 243 - Fakultat fur Physik und Astronomie 248 -
Fakultat fur Biologie 255 - Fakultat fur Geowissenschaften 260 - Fakultat
fur klinische Medizin Mannheim 264 - Zentrale Einrichtungen 272 - Mit
der Universitat verbundene Einrichtungen 273
Erganzungen und Berichtigungen zum Schriftenverzeichnis in den J ahren 1972
und 1973 276
Alphabetisches Namenregister zur Dozentenbibliographie 279
Inhaltsverzeichnis der Bande I!1957-XVIII!1974 286
MITARBEITER DIESES BANDES
Prof. D. theol. D. D. ERICH DINKLER, ord. Prof. fUr Neutestamentliche Theologie
und Christliche Archaologie
Heidelberg, Wilckensstr. 5
HANS-REINER SIMON, Diplom-Dokumentar
Heidelberg, Berliner Str. 15
Dr. phil. JOACHIM TELLE
Heidelberg, Obere Rombach 3
Professor Dr. theol. PAUL PHILIPPI, ord. Prof. fUr praktische Theologie
Numoch b. Heidelberg, Jahnstr. 5
Priv.-Doz. Dr. phil. Dr. med. WOLFRAM SCHMITT
Numoch b. Heidelberg, Hofacker 14
Professor Dr. HERMANN STUTTE, ord. Prof. fUr Psychiatrie
Marburg/Lahn, Hans-Sachs-Str. 6
Professor Dr. WALTER RITTER VON BAEYER, ord. Prof. fUr Psychiatrie u. Neurologie
Heidelberg, Bergstr. 58
Professor Dr. MANFRED MULLER-KuPPERS, ord. Prof. fUr Kinder- und Jugend
psychiatrie
NeckargemUnd, Merianstr. 30
Professor Dr. JAKOB AMSTUTZ
College of Arts, Department of Philosophy, University of Guelph,
Guelph, Ontario, Kanada
Professor Dr. phil. HERMANN ROHRS, ord. Prof. fUr Erziehungswissenschaft
Wilhelmsfeld, Bergstr. 58
t
Professor Dr. GEORG POENSGEN
HILTRAUD ZELL, Dipl.-Bibliothekarin an der Universitats-Bibliothek Heidelberg
Heidelberg-Wieblingen, Greifstr. 6
DEUTSCHE AUSGRABUNGEN 1M SUDAN1SCHEN N1LTAL
1967-1969
Von Erich Dinkler
Der Vortrag ::. beabsichtigt, iiber einige weniger bekannte Arbeiten des Deutschen
Archaologischen Instituts in Nubien zwischen 1960 und 1970 zu berichten. Der An
lag dieser Unternehmungen lag in der Tatsache, dag die agyptische Regierung in den
SOer J ahren beschlossen hatte, dem 1902 eingeweihten, knapp 2 km langen und 45 m
hohen Staudamm, den die Englander errichtet hatten, einen zweiten grogeren und
hoheren vorzulegen, wodurch sich die Stauung des Nilwassers in den Winter
monaten bis in den Sudan hinein auswirken wiirde, und zwar bis an die siidliche
Grenze des 2. Kataraktes und des Batn e! Hajar. Dieser neue gigantische Staudamm
sollte im Lauf der 60er Jahre zur Folge haben, dag in den betroffenen Gebieten
Siidagyptens und Nordsudans zahllose Dorfer evakuiert werden mug ten und alle
Denkmaler unter dem gestauten Nilwasser verschwinden, sofern sie nicht vorher ge
rettet wurden. Die erste Aufgabe war eine innenpolitische, die zweite wurde auf
Ersuchen Kgyptens und des Sudan von der UNESCO aufgegriffen, die 1960 mit der
Saving Nubia Campaign begann.
1964 hatten die Herren F. W. Deichmann sowie Theodor Kraus (Rom) eine Nubien
reise in das von der Nilstauung betroffene Gebiet organisiert, an der ich teilnehmen
konnte. Sie bezog sich besonders auf die christlichen Denkmaler, die dem Nilstau zum
Opfer fallen wiirden. Die Reise wurde mit zwei kleinen Motorbooten von Assuan bis
Wadi HaIfa durchgefiihrt - anschliegend wurde die Exkursion noch mit einem Land
rover iiber den 2. Katarakt hinaus bis Akasha und mit der Eisenbahn bis nach Khar
toum ausgedehnt. Zie! war, u. U. eine Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an
den Grabungen im sudanischen Niltal vorzubereiten.
Zunachst zur geographischen und historischen Orientierung (Plan 1): Unser Bericht
betrifft Nubien; damit ist ein Land bezeichnet, das sich zwischen dem 1. Katarakt bei
Assuan und dem 6. Katarakt siidlich von Meroe erstreckt (die Siidgrenze ist nicht
klar bestimmbar). Es handelt sich urn etwa den Raum, der im hebraischen Alten
Testament mit Kush und in der griechischen Septuaginta mit AlHwnia bezeichnet
wird. Das Land Kush und Nubien umgibt in den Quellen immer etwas Geheimnis
volles, wei I es sich ja urn das uniibersichtliche Gebiet siidlich der Siidgrenze des Im
perium Romanum handelt, die bei Syene-Assuan verlief. Zur Geschichte dieses Rau
mes mag folgendes hier geniigen:
:~ Festvortrag zur Jahresfeier der Universitats-Gesellschaft Heidelberg am 5. Dezember 1973.
1
T
Karle t: Uberalcl1lskarto
.... OYPTEN
SUDAN
KOROOFAN
Plan 1. Obersichtskarte
Nach dem Untergang des meroitischen Reiches gegen 320 n. Chr. 1) entstanden auf
seinem Gebiet zu einer nicht eindeutig von uns fixierbaren Zeit drei nubische Konig
reiche 2). Einzelheiten der Entstehungsgeschichte sind unsicher. Vom Jahre 297 wird
uns iiberliefert, dag Kaiser Diokletian die Nobatae in Unternubien ansiedelte, urn
die Siidgrenze Agyptens, also das Gebiet siidlich der Nilinseln Elephantine und Phi
lae und der Stadt Syene (heute Assuan), gegen die Oberfalle der rauberischen Blem
myer zu schiitzen. Die drei nubischen Konigreiche, die ab 4./5. Jahrhundert n. Chr.
greifbar sind, scheinen im grog en und ganzen der ethnischen Verteilung dieser Zeit
zu entsprechen: Das Gebiet der Nobatae in Unternubien ist das Konigreich Nobatia
1) F. HINTZE, Studien zur meroitischen Chronologie, Abh. Deutsche Akad. der Wissen
schaften (Berlin 1959) 2,31.
2) U. MONNERET DE VILLARD, Storia della Nubia Cristiana (Rom 1938); J. KRAUS, Die
AnHinge des Christen turns in Nubien (1931); Ders., Neues z. Geschichte des christl. Nubien,
in: Neue Zeitschr. f. Missionswissenschaft 24 (1968) 241 if.; G. LANCZKOWSKI, Aethiopia, in:
Jb. f. Antike u. Christenturn 1 (1958) 148 if.; A. J. ARKELL, A History of the Sudan (London
1966) 174 if.
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mit der Hauptstadt zunachst Qustul, und bald darauf seit dem 5. Jahrhundert Faras.
Die Qustul-Zeit ist wahrscheinlich mit der sog. "X-Gruppenkultur" im Niltal iden
tisch. Das Gebiet der Roten Noba ist das Konigreich Makuria mit der Hauptstadt
(Alt-)Dongola; das Gebiet der Schwarzen Noba ist das Konigreich Alodia oder Alwa
mit der Hauptstadt Soba - etwa 5 km aufwarts des Blauen Nils bei Khartoum ge
legen. Zur Vereinigung des nordlichen und mittleren Reiches kommt es im 7./8. Jh.
Von der Geschichte dieser drei Reiche wissen wir wenig. Die Nachrichten sind mehr
beilaufig in spateren Berichten arabischer Schriftsteller und Historiker erwahnt 3). Als
syrische Quelle ist die Kirchengeschichte des Johannes von Ephesus (ca. 580) wichtig
und problematisch zugleich, da sie oft abgeschrieben und auch variiert wurde. Dem
Bericht des Johannes zufolge sollen rivalisierende Missionare des Kaisers Justinian
und der Kaiserin Theodora urn 540 nach Nubien entsandt worden sein, die fUr das
dyophysitisch-orthodoxe bzw. das monophysitisch-koptische Christentum und Be
kenntnis warben. Ob es wirklich zu einer Doppel-Konfessionalitat, einem Neben
oder Gegeneinander von Monophysitismus und orthodoxem Dyophysitismus kam,
wird aufgrund der neueren archaologischen und epigraphischen Funde von Martin
Krause und W. H. C. Frend - vermutlich mit Recht - angezweifelt 4). Die Moglich
keit ist nach neuesten Funden nicht auszuschliegen, dag Uber das Rote Meer und
Aksum sowie Meroe schon im 4./5. Jahrhundert das Christentum an den oberen Nil
kam 5).
Die engeren Zusammenhange zwischen Konstantinopel und Nubien schein en infolge
der Eroberung Agyptens durch die Araber 640 praktisch abgebrochen zu sein. Es kam
zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Nubiern und den von Agypten
ofter nach SUden ins nubische Reich vorstogenden Arabern, denen aber auch Vor
stoge der Nubier, z. B. 745 bis nahe Kairo, folgen konnten. Jedoch erst im 14. Jahr
hundert wurde Dongola von den Arabern erobert, und es blieb nur noch das christ
liche Konigreich Alwa mit Sob a als Hauptstadt bestehen. Erst 1504 wurde auch diese
letzte christliche Bastion im Niltal durch die Fung-Dynastie erobert. Sob a liegt seit
her versandet unter dem Ufersand des Blauen Nil.
1. Dem Bericht voran mochte ich einen Hinweis auf zwei Grabungssratten im agyp
tischen Nubien stell en, die zu besuchen wir 1964 Gelegenheit hatten. Abb. 1 zeigt den
Burgberg von Qasr Ibrim am ostlichen Nilufer. Es handelt sich urn das antike Primis
der Romer, die hier bereits eine das Tal beherrschende Bergfestung hatten und aus
deren Zeit auch die freigelegte Kanzel am SUdwestrand des Plateaus stammt. Am
Burgtor sowie innerhalb der Mauern wurden etliche Spolien mit agyptischen Male
reien gefunden.
Eine der wenigen noch im Grundrig und ganzen Unterbau gut erhaltenen Kathe
dralen in Nubien ist die in Qasr Ibrim, errichtet im 6./7. Jahrhundert (Abb. 2). Sie
ist mit Quadersteinen erbaut. Das Hauptschiff ist mit Saulen abgesetzt, die offenbar
fUr diese Kirche gearbeitet waren und das schone koptische und nubische Kreuz in
3) Die Herausgabe der orientalischen Quellen zur Geschichtc Nubiens ist flir 1975 durch
ein gemeinsames Projekt der Heidelberger und der Polnischen Akademie der Wissenschaften
geplant. Zur Geschichte des christlichen Nubien jetzt K. MICHALOWSKI, Faras (1974) 17/30.
4) M. KRAUSE, in: Kunst und Geschichte Nubiens, hrsg. von E. DINKLER (1970) 71/86;
W. H. C. FREND, The Rise of the Monophysite Movement (Cambridge 1972).
5) Vgl. ATHANASIUS, Apologia ad Constantinum, Migne PG 25, 636 f. und dazu A. DIHLE,
Umstrittene Daten (1965) 51 If.
3
Abb.1. Qasr Ibrim, von Norden (Marz 1964)
Abb.2. Qasr Ibrim, Bischofskirche, Blick in die Apsis
Malteserform tragen. Die geostete Kirche, deren Bema und Synthronon gut erhalten
sind, war flinfschiffig und mu~ einst ein Prachtbau gewesen sein. Spuren von Malerei
wurden hier nicht gefunden, wohl aber in einer jlingeren Kirche in der Nachbarschaft
der Kathedrale. Wie im vergangenen J ahr wird auch 1974 hier ~Ton den Englandern,
der traditionsbewu~ten Egypt Exploration Society, weitergegraben, obgleich der Berg
inzwischen vom Wasser umsplilt ist. Die letzten Jahre hatten wiederholt wertvolle
Funde in und au~erhalb der Kathedrale erbracht: Zahlreiche meroitische, griechische,
koptische, altnubische, arabische und auch tlirkische Handschriften sind an dieser Stelle
des Niltals gefunden worden. Der Reichtum ist nur so zu erklaren, da~ bis in das
15. Jahrhundert hinein die zur Kathedrale gehorende Bibliothek intakt war.
Von hier ging (1964) die Fahrt weiter nach Sliden, wo wir damals noch Abu Sim
bel mit den beiden Felsentempeln von Ramses II. (XIX. Dynastie, 1291-1225) am
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