Table Of Content© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
Ergebnisse pathologischer Untersuchungen
bei Bibern {Castor fiber L)
VON T. STEINECK & J. SIEBER
Abstract gen (z. B. Schadstoffrückstandsbestimmung,
Populationsgenetik) und begannen in die-
Results of pathological investigations sem Jahr mit dem Sammeln von Proben für
in beavers {Castor fiber L) eine parasitologische Studie.
Pathologic investigations in 60 beavers
(Castor fiber L.) found dead in different re- Ergebnisse und Diskussion
gions of Austria and in Bavaria, Germany,
Im Zeitraum 1990 bis Juni 2003 wurden
yielded traumatism by traffic to be most fre-
an 60 Bibern, die aus freier Wildbahn
quent (46,7 %) followed by infectious disea-
stammten, pathologische Untersuchungen
ses (23,3 %), amongst them single cases of
zur Feststellung der Todesursache durchge-
salmonellosis, yersiniosis and listeriosis.
führt. Die Herkunft der Tiere umfasste
Key words: beaver, Castor fiber, causes schwerpunktmäßig den Bereich der Flüsse
of mortality March und Donau (Nationalpark Donauau-
en) und den Bereich des Marchfeldkanals
Zusammenfassung (jeweils Niederösterreich) sowie der Isarau-
en (Freising, Bayern). Einzelne Biber ge-
Pathologische Untersuchungen an 60 langten aus den Gebieten der niederöster- Abb. 1: Todesursachen bei Bibern (n = 60).
D Trauma (Kfz)
tot aufgefundenen Bibern aus den österrei- reichischen Flüsse Schwechat, Fischa, Lie-
• Bißtrauma
chischen Bundesländern Wien, Nieder- sing, dem oberösterreichischen Fluss Alm, m Infektion
österreich, Oberösterreich, Salzburg, Steier- der Salzach (Salzburg), der Lafnitz (Steier- H Organkrankheit
• sonstiges
mark und aus den Isarauen (Deutschland) mark) und Feuchtgebieten in der Stadt B ungeklärt
ergaben als häufigste Todesursache ver- Wien zur Sektion. Bei vier Tieren war die
kehrsbedingte Traumen (46,7 %), gefolgt Herkunft nicht bekannt.
von Infektionskrankheiten (23,3 %), von
Es konnten 31 männliche und 26 weib-
denen je ein Fall von Salmonellose, Yersi-
liche Biber untersucht werden, bei drei Ein-
niose und Listeriose hervorzuheben sind.
sendungen war aufgrund von Tierfraß oder
fortgeschrittener Verwesung das Geschlecht
Einleitung nicht mehr bestimmbar.
Als die österreichische Biberwiederan- Die in Abb. 1 zusammengestellten Dia-
siedlung langsam Fuß fasste, und die anfangs gnosen zeigen ein deutliches Überwiegen
sehr kleine Gründerpopulation anwuchs, gab von traumatisch bedingten Todesursachen,
es auch vermehrt Totfunde, die von der Be- die hauptsächlich auf eine Kollision mit ei-
völkerung gemeldet wurden. Wenn möglich, nem Straßenfahrzeug zurückzuführen sind.
wurden diese von uns geborgen und einer Auch eine unmittelbar entlang des Augebie-
wissenschaftlichen Verwertung zugeführt. tes des Flusses March verlaufende, sehr stark
Wir bestimmten Alter (juvenil, subadult, befahrene Bahnlinie stellt eine Gefahr für Bi-
adult), Geschlecht, Art (Castor fiber oder C. ber dar, die Körper der hier zu Tode gekom-
canadensis), erhoben die Todesursache und menen Biber wiesen besonders ausgedehnte
entnahmen Gewebeproben (Muskulatur, Le- und destruierende Verletzungen auf. ROSELL Denisia 9, zugleich
Kataloge der OÖ. Landesmuseen
ber, Niere) für weiterführende Untersuchun- et al. (1996) untersuchten die Todesursachen
Neue Serie 2 (2003), 131-133
131
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
An zweiter Stelle der Todesursachen
(Abb. 1) stehen bakteriell bedingte Infek-
tionskrankheiten, von denen ein Fall von
Salmonellose (Lafnitz), ein Fall von Yersi-
niose (Marchauen) und ein Fall von Liste-
riose (Herkunft des Tteres leider nicht mehr
feststellbar) besonders hervorzuheben sind.
Als Erreger der Salmonellose konnte Salmo-
nella enieriadis differenziert werden, ein auch
für den Menschen pathogener Keim. Wäh-
rend ROSELL et al. (2001) in einem screening
von Biberkotproben in Norwegen keine Sal-
monellen isolieren konnten, führt CHERB-
ANEV (1981) einen Ausbruch von Salmonel-
lose (S. enteritidis) bei in einer Farm gehalte-
von Bibern in Norwegen und fanden dagegen
Abb. 2: Todesursachen bei Bibern nach nen Bibern in der ehemaligen UdSSR an.
Geschlecht (%). Todesfälle bei Bibern durch Straßenverkehr Über das Auftreten von Yersiniose (Yersinia
nur gelegentlich, was aber auf eine geringere
enterocoliaca) bei aus dem Elbegebiet in die
Verkehrsdichte in den Biberhabitaten Nor-
Niederlande importierten Bibern berichten
wegens zurückzuführen sein könnte. NOLET et al. (1997). Auch dieser Erreger ist
für den Menschen pathogen.
Verkehrsbedingten Traumen fielen
männliche Biber deutlich häufiger zum Op- Für das Vorkommen von Listeriose (Er-
fer als weibliche (Abb. 2). Betrachtet man reger Listeria sp.) bei Bibern konnte in der
die Ergebnisse nach der Herkunft der Kada- Literatur kein Hinweis gefunden werden.
ver, so waren verkehrsbedingte Traumen vor
Infektionen traten bei männlichen und
allem im Gebiet der Marchauen (Bahn,
weiblichen Bibern etwa gleich häufig auf
Bundesstraße) und der sehr verkehrsreichen
(Abb. 2) und waren bei den Tieren aus den
Isarauen zu verzeichnen (Abb. 3).
Isarauen, dem Nationalpark Donauauen
Bissverletzungen, die zum Tode führten, und bei den unter „Einzelfälle" zusammen-
wurden bei sechs Bibern (10 %) nachgewie- gefassten Bibern häufiger vertreten als in
sen, drei dieser Tiere waren juvenil. Hier den Marchauen und am Marchfeldkanal
konnte kein Unterschied im Auftreten bei (Abb. 3).
den Geschlechtern festgestellt werden. Auf-
Unter „Organkrankheit" sind Todesfälle
fallend ist jedoch das Fehlen von Bisstrau- durch z. B. Lungenödem, Tubulonephrose,
men im Untersuchungsgut aus dem Raum Katarrhalpneumonie zu verstehen. Sie wur-
Freising und bei der Gruppe „Einzelfälle" den bei weiblichen Bibern häufiger diagno-
(Abb. 3), obwohl immerhin insgesamt 27 stiziert und waren herkunftsmäßig nur in der
Abb. 3: Todesursachen bei Bibern nach
Herkunft (%). Tierkörper aus diesen Gebieten stammten. Gruppe „Einzelfälle" feststellbar.
Die in der Abb. 1 unter „sonstiges" zu-
sammengefassten Todesfälle sind auf Ertrin-
70
ken, Schussverletzung und Stress zurückzu-
60 führen.
60 4- Fast die Hälfte der toten Biber (Abb. 4)
40 - wurde im Frühjahr (März bis Mai) gefunden,
die wenigsten im Herbst (September bis No-
30 -
vember). Im Frühjahr waren auch die mei-
20 - sten verkehrsbedingten Ausfälle zu ver-
10 - zeichnen.
An Eingeweideparasiten konnten be-
Marchauen (n=6) MarchfeldkanallnsU) NP Donauauen (n=16) Freisfng (n=6) Einzelfalle (=>21)
reits bei der Sektion bei zwei Tieren massen-
|oTrauma (Kfz) • BiBtrauma ffllnfektion sOrgankrankheit osonstiges sungeklärt |
haft Nematoden (Travassosius sp.) und bei
132
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at
drei Kadavern Egel (Stichorchis subtriquetus)
gefunden werden. Diese Helminthen wur-
den auch in Biberpopulationen in Tsche-
chien (KOUBKOVA et al. 2002), der UdSSR
(SOLOV'-EV et al. 1983, KOZHUKHOV 1976,
MARKOV et al. 1977, YUSHKOV 1974) und
Norwegen (BAKKE 1978) diagnostiziert, teil-
weise mit sehr hoher Prävalenz (SOLOV'-EV
et al. 1983).
Im Anschluss an die Sektionen wurde
routinemäßig nur eine Kotanreicherung zum
Nachweis von parasitären Vermehrungspro-
dukten durchgeführt, die bis auf die 2 Fälle
mit bereits nativ sichtbaren Nematodenbe-
fall ein negatives Ergebnis hatte. Bei den ab
Abb. 4: Jahreszeitliches Auftreten der
2003 sezierten Bibern sind von Seiten des
ROSELL F., ROSEF O. & H. PARKER (2001): Investiga- Todesfälle (n).
Forschungsinstitutes für Wildtierkunde und
tions of waterborne pathogens in Eurasian
Ökologie detaillierte parasitologische Unter- beaver (Castor fiber) from Telemark County,
suchungen der Verdauungstrakte geplant. Southeast Norway. — Acta Veterinaria Scan-
dinavia 42 (4): 479-482.
SOLOV'-EV V.A., SHEVCHUK N. & V.V. SHUMAKHER (1983):
Literatur
On the role of parasites in the population of
Castor fiber in the European north-eastern
BAKKE T.A. (1978): Intestinal parasites found in a
USSR. — Vliyanie-antropogennykh-fak-
Norwegian beaver. — Fauna, Oslo 31: 128-
torov-na-strukturu-i-funktsionirovanie-
130.
ekosystem, 95-104.
CHERBANEV V.A. (1981): Review of research on sal-
YUSHKOV V.F. (1974): The incidence of helminth in-
monellosis in the beaver. Castor fiber. —
fection in Castor fiber in the basins of the
Nauchnye-Trudy.-Voronezhskii-
rivers Vychegda and sysola. — Biologich-
Sel'skokhozyaistvennyi-lnstitut 114: 21-31.
eskie issledovanie na Severo Vostoke
KOUBKOVA B., BARUS V. S P. KOUBEK (2002): Sti- Eveopeiskoi chasti SSSR, 175-179.
chorchis subtriquetus (Digenea: Cladorchi-
dae) - back to the fauna of the Czech Re-
public after 200 years. — Helmithologia 39:
155-158.
KOZHUKHOV M.V. (1976): The Question of Sti-
chorchis subtriquetus (RUD., 1874) infection
in beavers of the Upper Pechora population.
Anschrift der Verfasserinnen
— Trudy-Pechoro-llychskogo-Gosudarstven-
nogo-Zaporednika 13, 191-193. Dr. Theodora STEINECK
Forschungsinstitut für Wildtierkunde
MARKOV G.S., MOLOKOVSKIKH M.G. & V.G. ALEKHIN
und Ökologie der Veterinärmedizinischen
(1977): The effect of natural and man-creat-
Universität Wien
ed factors on the rate of trematode infec-
tion in Castor fiber. — Fauna,-sistematika,- Savoyenstraße 1
biologiya,-i-ekologiya-gel'mintov-i-ikh-pro- A-1160 Wien
mezhutochnykh-khozyaev. Respublikanskii Austria
Sbornik, 45-88. e-mail: [email protected]
NOLET B.A., BROEKHUIZEN S., DORRESTEIN G. M. & K.M.
RIENKS (1997): Infectious diseases as main Dr. Johanna SlEBER
causes of mortality to beavers Castor fiber Konrad Lorenz-Institut
after translocation to the Netherlands. — für Vergleichende Verhaltensforschung
Journal of Zoology 241: 35-42. Savoyenstraße la
A-l 160 Wien
ROSELI F., PARKER H. & N.B. KILE (1996): Causes of
mortality in beaver (Castor fiber and C. Austria
canadiensis). — Fauna, Oslo 49: 34-46. e-mail: [email protected]
133