Table Of ContentJaro Ehlers, Ulrich Mathias Gerr, Eike Köhler,
Steffen Stolzenberger, Martin Vialon (Hrsg.)
Kritik und Versöhnung
Beiträge im Handgemenge
Kritischer Theorie
BIS-Verlag der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Titelbild: Lou Kordts
Oldenburg, 2016
Verlag / Druck / Vertrieb
BIS-Verlag
der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Postfach 2541
26015 Oldenburg
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bis-verlag.de
ISBN 978-3-8142-2326-1
Allen, die wagen, den einzigen Weg zu gehen, der allein der
Philosophie noch offen steht.
Inhalt
Einleitung
von Jaro Ehlers, Ulrich Mathias Gerr, Eike Köhler,
Steffen Stolzenberger 11
Theodor W. Adorno: „Kritik und Versöhnung“ als
Aufgabe ohne Ende.
Vorbemerkungen zum Oldenburger Tagungsband
von Martin Vialon 27
Beiträge
Ansgar Martins
Adorno und die Kabbala. Über metaphysische Erfahrung
als Vorschein von Versöhnung 55
Stefan Grosz
Siegergeschichte. Zur Genese von Benjamins
emphatischer Historismuskritik 71
Oliver Vornfeld
Das „ganz Andere“ denken? Zur Kritik der voreiligen
Definition und Proklamation der Versöhnung.
Philosophische und theologische Wege des Negativen bei
Theodor W. Adorno und dem frühen Karl Barth 87
Johannes Bruns
Der Gegenstand des kritischen Bewusstseins 105
Maximilian Hauer
Erpresste Versöhnung.
Zu Schellings Kritik an Fichtes Versuch die Natur zu annihilieren. 119
Julian Jopp
Tatsächlich ... Liebe? Überlegungen zu spätkapitalistischer
Zwischenmenschlichkeit 135
Alexey Weißmüller
Die Geburt des Nichtidentischen aus dem Geiste der
Totalität.
Adornos Rückgriff auf Hegels Differenzschrift 151
Sabine Hollewedde
Unversöhnliche Kritik der Versöhnung 163
Raban Witt
Kritische Verzweiflung und begriffsloses Tun 187
Jan Rickermann
Carl Schmitt: Am Abgrund versöhnt in die Krise 199
Felix Lang
Zart wäre einzig das Gröbste – Die Abwesenheit des Leibes
in Foucaults Schriften über Biopolitik 215
Marcus Döller
Kunst als Widerspruch gegen die Widersprüche 225
Alexandra Colligs
Ästhetik als Kritik 239
Paul Stephan
Nietzsches Kritik an der Versöhnung als Versöhnung
mit dem Schlechten? Oder: Wahnsinn oder Kommunismus 253
Ulrich Mathias Gerr
‚(K)ein Klang der Familie.‘ Versöhnungsideologie in Geschichte
und Form des Berliner Techno. 275
Patrick Viol
Es gibt nichts Harmloses mehr. Warum der Begriff der
Versöhnung von der Kritik die Denunziation des
Schuldzusammenhangs verlangt. 293
Anna-Sophie Schönfelder & Matthias Spekker
Spurenlesen. Über die Formierung der Gesellschaftskritik im
Handgemenge bei Marx 317
Max Molly
Paradigmen der Ordnung? Ein Versuch über Bedingungen
und Grenzen von Versöhnung in der Kritischen Theorie 343
Anhang
Zu den Autoren 362
Über Glitches
von Lou Kordts 367
Photographien
von Nancy Heinl 371
Zu den Herausgebern 387
Einleitung
„Unversöhnlichem Denken ist die Hoffnung auf Versöhnung gesellt […].“
Theodor W. Adorno
Diese als Motto für den im Januar 2015 an der Carl von Ossietzky Universi-
tät Oldenburg veranstalteten Kongress Kritik und Versöhnung gewählten
Worte entstammen der Einleitung zu Theodor W. Adornos Werk Negative
Dialektik, das 2016 den 50. Geburtstag seines Erscheinens feiert. Angesichts
dieses Jubiläums ist zu erwarten, dass Konferenzen, Seminare und Sympo-
sien zu diesem Werk aus dem Boden sprießen, um sich des fortdauernden
Geltungsanspruchs Kritischer Theorie zu versichern. Der von uns im Namen
des Oldenburger Fachschaftsrats Philosophie initiierte Kongress, dessen in-
haltliche Ergebnisse nun in dem vorliegenden Band in Form von 18 Aufsät-
zen präsentiert werden, könnte sich demnach als erstes mit seiner Aktualität
rühmen. Es soll aber sogleich betont werden, dass diese Aktualität nicht An-
lass für den Kongress war. Schließlich ist Aktualität zunächst ein Kriterium,
das ohne eine damit verknüpfte systematisch-inhaltliche Absicht äußerlich
und leer bleibt.
Die Maxime, ‚up to date‘ zu sein, schwöre Philosophie auf die in der unbe-
gründeten und doch nicht grundlosen Omnipräsenz des Kompetenzbegriffs
angezeigten Gleichgültigkeit gegenüber Inhalten ein. Im Resultat würde man
eher von einer Adorno-Lektüre abgehalten. Wir denken aber, dass Adorno
nach wie vor beim Wort genommen werden sollte, da er die Entleerung aka-
demischer Bildung präzise analysierte und ihr begründet etwas entgegen
hielt: Kann man auch nicht die gesellschaftlichen Ursachen für die Krise der
Universität ohne weiteres, d. h. bloß innerhalb der Universität beseitigen, so
lässt sich doch durch eine kritische, inhaltliche Intervention dem Funktions-
zusammenhang der Universität etwas entgegen halten. Insofern ist es eine
zentrale Intention unseres Kongresses Kritik und Versöhnung gewesen, durch
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eine inhaltliche Veranstaltung ein Exempel für eine wahrhaftige Mitgestal-
tung der Universität durch Studierende zu statuieren. Es sollte Raum für ei-
nen inhaltlichen Austausch geschaffen werden, der seinen Anfang bei Ge-
danken von Studierenden nimmt und an dem sich – ungeachtet von
Statuszugehörigkeiten – alle Angehörigen der Universität gleichermaßen be-
teiligen können.
Die Idee entstand im April 2014. Wir fuhren mit mehreren KommilitonInnen
der Philosophie auf eine Exkursion zum Internationalen Hegel Kongress
nach Wien. Inspiriert durch Vorzüge wie Mängel dieser Veranstaltung be-
schlossen wir, einen eigenen Kongress auszurichten. Es sollten neun Monate
verstreichen bis der Kongress Kritik und Versöhnung mit dem ersten Vortrag
eröffnet wurde.
Stand der Begriff Kritik für das Kongressthema schnell fest, kam der Begriff
Versöhnung erst nach reiflichem Überlegen hinzu. Und dies zugegebenerma-
ßen zunächst aus dem funktionalen Anliegen heraus, einen Begriff in das
Projekt hinein zu holen, der die Möglichkeit schafft, den Kongress im Sinne
der Kritischen Theorie interdisziplinär und damit für viele Nachwuchswis-
senschaftler ansprechend zu gestalten. Dies untergräbt sicherlich das roman-
tische Bild, in dem sich junge Nachwuchsphilosophen im Anschluss an in-
tensive Kamindiskussionen in Wien – auch wenn wir wirklich am Kamin
saßen – zum Verhältnis von Kritik und Versöhnung dazu entschließen, unge-
klärte begriffliche Konflikte zum Anlass eines philosophischen Kongresses
zu machen. Aber ein jeder unterliegt nun mal unweigerlich der halbgebilde-
ten Versuchung, eine antizipierte Resonanz zum Auswahlkriterium eines
Kongressthemas zu machen. In Anbetracht der intendierten Kritik an univer-
sitärer Forschungs- und Lehrpraxis erweist sich dies aber auch als allemal
gebotener denn die Anpassung des Kongressthemas an jene wissenschaftli-
chen Trends, die durch Drittmittelaussichten oder DFG-Richtlinien forciert
werden – es gibt durchaus Freiräume für Studierende!
Das Begriffspaar Kritik und Versöhnung stellte sich in der Folge tatsächlich
als Magnet heraus. So erreichten uns insgesamt mehr als 50 Abstracts von
Studierenden und Doktoranden, darunter zwei aus dem europäischen Aus-
land, die auf dem Kongress sprechen wollten. Noch bevor uns das erste Pa-
pier erreichte, erhielten wir eine E-Mail von Klaus-Michael Kodalle, emeri-
tierter Philosophieprofessor an der Universität Jena, mit dem wir uns bald in
einem längeren Telefongespräch austauschten. Er erklärte sich bereit, den
Kongress mit einem Eröffnungsvortrag einzuleiten. Kodalle setzte sich be-
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Description:Philosophische und theologische Wege des Negativen bei. Theodor W. Adorno und in Foucaults Schriften über Biopolitik. 215 Worte entstammen der Einleitung zu Theodor W. Adornos Werk Negative. Dialektik oder in dem Wort Gottfried Kellers ausgedrückt: „Die Wahrheit wird uns nicht davon