Table Of ContentLübbe Digital
Vollständige E-Book Ausgabe
des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes
Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
Copyright © 2012 by Baumhaus Verlag in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG,
Köln
Text- und Bildredaktion: Sigrid Vieth
Umschlaggestaltung: Siebel Druck & Grafik, Lindlar
Einband- / Umschlagmotiv: Joëlle Tourlonias
Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-8387-1640-4
Sie finden uns im Internet unter
www.luebbe.de
www.baumhaus-verlag.de
Bitte beachten Sie auch:www.lesejury.de
IInnhhaalltt
Aller Anfang ist … schön?
Erdhügel und Hexenwarzen
Von nichts kommt nichts
Aus Kalles Tagebuch
Große Kessel und kleine Lügen
Ein rosa Krokodil und viele Wünsche
Wörter und andere komische Sachen
Der rauschende Bach von Hennerswalde …
Mamas und ihre Berufe
Kleiner Ausritt zur Mittagszeit
Aus Kalles Tagebuch
Ufo am Himmel
Mama Oktavia kriegt Ärger
Aus Kalles Tagebuch
Katzenstreit am Abend
Aus Kalles Tagebuch
Geburtstagsmorgen mit Freuden und Sorgen
Ein viel zu großes Paket
Wer will schon einen Drachen?
Aus Kalles Tagebuch
Gäste im Anmarsch!
Begrüßung mit Katze
Gartenkunst und Partyspiele
Aus Kalles Tagebuch
Schwein gehabt!
Aus Kalles Tagebuch
Für immer in Hennerswalde?
Anhang: Oktavias geheimer Heilmachzauber
AAlllleerr AAnnffaanngg iisstt ...... sscchhöönn??
Liona Lix ist neun Jahre alt (beinahe zehn!) und geht in die vierte Klasse
der Grundschule Hennerswalde. Zurzeit jedenfalls. Vorher ging sie in die
vierte Klasse der Grundschule Neustadt, davor in die dritte Klasse der
Grundschule Käthenbruch, davor in die dritte Klasse der Grundschule
Eppsingen, und davor …
Aber das wollt ihr gar nicht alles wissen! Wichtig ist nur, dass Liona
eben jetzt in die Grundschule Hennerswalde geht. Und das hoffentlich
noch ganz, ganz lange. Es ist nämlich nicht sehr einfach, andauernd die
SchulezuwechselnundneueFreundezufindenundsichimmerwiederzu
verlaufen, weil man sich in dem neuen Ort noch nicht so gut auskennt.
Und es ist noch weniger einfach, sich dauernd glaubhafte Gründe ein-
fallen zu lassen, warum man so oft umgezogen ist. Auch wenn Liona und
ihre Mama inzwischen schon echte Profis im Erfinden von Ausreden ge-
wordensind.(DieseArtÜbungkannübrigensimmermalnützlichseinim
Leben.)
Einmal haben Liona und ihre Mama zum Beispiel gesagt, dass Lionas
Mama Oktavia das Klima in ihrem alten Dorf nicht vertragen hat. (Das
ist eine ziemlich gute Ausrede. Viele Erwachsene vertragen irgendwo „das
Klima“ nicht.)
BeimvorletztenOrtswechselhabenLionaundMamaOktaviabeimEin-
zugerklärt,dassihnendasHausabgebranntistundsiehierinderneuen
Stadt endlich ein gutes, gleichwertiges Haus gefunden haben. (Ok-
tavia hat dann schnell dafür gesorgt, dass das alte Haus tatsächlich
ein bisschen abgebrannt ist – aber wirklich nur ein bisschen, keine
Sorge! Und das auch erst, nachdem Liona und Oktavia alle ihre
SachenausdemHausgeräumthatten.DochdasistspäterzumGlück
nie jemandem aufgefallen.)
Bis Oktavia und Liona dann das letzte Mal umziehen mussten.
Aus dem gleichen unangenehmen Grund wie alle Male zuvor. Und
auch dieses Mal mussten sich Liona und ihre Mama für ihren neuen
Wohnsitz eine gute Ausrede einfallen lassen. Aber weil Oktavia
gerade schlechte Laune gehabt hatte, hatte sie sich keine große Mühe
gemacht. Kater Kalle hatte nämlich zum ersten Mal damit gedroht,
in Umzugsstreik zu treten – weil ihm die dauernden Ortswechsel all-
mählich auf die Barthaare gehen. (Katzen mögen keine großen Ver-
änderungen.) Was Oktavia verständlicherweise nicht erfreut hat.
Oktavia hatte also wegen Kalles Rumgezicke nur kurzerhand und
ohne viel Fantasie behauptet, dass sie einfach einen größeren Garten
gewollt habe. Und wieder hatten sie Glück, denn die Einwohner von
Hennerswalde glaubten auch dies. (Ihr seht also, beim Erfinden von
Ausreden braucht man sich meistens nicht mal allzu große Mühe zu
geben.)
Und einen großen Garten, den haben Liona und ihre Mama Ok-
taviaundKaterKallenunwirklich.EinensogroßenGarten,wieman
ihn sich nur wünschen kann!
MitriesigenBäumen,diesichbestimmtgroßartigzumBaumhaus-
bauen eignen. Mit einem kleinen Bach ganz hinten am Zaun. Mit
bunten Obstbäumen und prächtigen Blumenbeeten. Und mit einem
kleinen Goldfischteich, vor dem Kater Kalle jetzt jeden Morgen zwei
StundenlangsitztundmitstarremBlickdieFischefixiert.Ähm,nein,
Entschuldigung, wo er mit den Fischenmeditiert.
UndsogareineSchaukelhatderGarten.Mitlangen,langenSeilen,
die an einem dicken Ast einer alten Eiche hängen.
Die Schaukel gefällt Liona besonders gut. Hier sitzt sie am Nach-
mittagnachderSchuleunddenkteinbisschennachrechts.(Dortsteht
ein Apfelbaum, den man fast mit der Zehenspitze anstupsen kann,
wenn man besonders doll schaukelt.) Dann denkt Liona ein bisschen
nach links. (Wo eine weite Rasenfläche ist, auf der man toll spielen
und toben könnte. Zumindest, wenn man jemanden zum Spielen und
Toben hätte.) Und dann denkt Liona noch so ein wenig rundherum
und nach oben und nach unten und überhaupt.
Und dann fällt meistens Duffy aus den Wolken. Das ist ein Glück,
denn sonst wäre Liona den restlichen Nachmittag auch noch allein
gewesen.
„Au!!Wau!“,sagtDuffy,alsermitseinemweißen,wolligenHintern
etwas unsanft auf dem Gras landet.
Da muss Liona schon das erste Mal lachen. Duffy ist so lieb und
lustig, dass er Liona immer zum Lachen bringt.
Natürlich hat Duffy sich nicht wirklich wehgetan. Er ist das Her-
untersegeln auf die Erde ja gewohnt. Er ist sogar richtig froh, wieder
auf festem Boden zu stehen. Es ist manchmal etwas langweilig, den
ganzen Tag lang nicht da zu sein.
Aber jetzt ister da. Und kann mit Liona spielen.
„Wau-wau-wuff!“,machtDuffyfreudigundbautsichvorLionaauf.
„Wau-wuff-wuff-wau!“
LionaspringtvonderSchaukel,knietsichnebenDuffyhinundbe-
grüßt ihren Hund. Sie krault ihm das schneeweiße, lockige Fell und
klopft ihn und lacht, als Duffy vor Freude fast in ihr Gesicht springt.
„Nicht lecken!“, kichert Liona. „Das kitzelt!“
Doch Duffy hat schon ihre halbe Stirn und das linke Ohr gründlich
abgeschleckt. Mädchenohren duften einfach zu verlockend!
Ja, Duffy ist der liebste und bravste und süßeste Hund, den man
sich nur vorstellen kann! Er ist genau so ein Hund, wie Liona ihn
schon immer haben wollte. Wie hexenblöd von Mama, dass sie Liona
keinen richtigen Hund erlaubt!
„EinHundverträgtsichnichtmitKalle“,sagtMamaimmerwieder,
„das weißt du doch, Lionalu!“
Aber pah, das ist natürlich voll verdreht und stimmt deswegen
überhaupt gar nicht. Denn so ein netter und lieber und süßer Hund,
wie zum Beispiel Duffy, würde sich mit jedem – sogar mit dem knur-
rigen Kalle – ganz wunderbar vertragen. Kalle, DER ist es, der sich
nicht verträgt. Mit keinem. Doofer Kalle!
Manchmal nennt Mama ihre Tochter Lionalu. Das ist ein Kose-
name und er klingt ganz weich, wenn Mama ihn ausspricht. Und de-
shalb weiß Liona, dass Mama das ebenfalls ein wenig bedauert, dass
LionakeinenrichtigenHundhabenkann.DennwennMamaböseauf
sie ist – was zum Glück nicht sehr oft vorkommt –, sagt Mama nie
Lionalu.DannsagtMamanurganzstreng„LionaLix!Räumhierauf,
aber fix!“ oder so was Ähnliches.
Liona hat ihre Mama so lieb wie sonst nichts auf der Welt. (Sogar
noch ein kleines Stück lieber als Duffy, ehrlich!) Aber Mamas Tochter
zu sein ist gelegentlich nicht einfach. Jedenfalls nicht, solange Mama
den Beruf hat, den sie hat.
Oh, wie gern wäre Liona ein richtig normales Mädchen. Mit einer
richtig normalen Mama. Ja, Liona will genauso stinknormal sein wie
alleanderenKinder.Nein,amliebstennochnormaler!Daskannman
ja wohl verstehen!
Doch das geht mit Mama leider nicht. Mama hat viel zu große
Füße, ein heiseres Lachen, das andere Kinder weglaufen lässt und
– was vielleicht das Auffälligste ist: Sie hat eine Warze am linken
Nasenflügel! Zwar eine kleine nur, aber ganz klar eine Warze.
Warzen haben nur Hexen. Das weiß jedes Baby. Aber von ihrer
Warze will sich Mama trotzdem nicht trennen. Dabei wäre das
heutzutage doch babyeierleicht, die ruckzuck wegoperieren zu lassen,
unddannkönntekeinMenschmehrsehen,dassdajemalseineWarze
war. Doch so sehr Liona auch immer wieder bettelt, Mama lässt sich
nicht erweichen. Ach, warum kann Mama nicht Ärztin sein oder
Kassiererin im Supermarkt oder meinetwegen auch Lehrerin oder
Hausfrau, wie andere Mütter auch? Richtig doof ist das!
Liona sitzt im Schneidersitz im Gras und krault Duffy, der dabei
genießerisch brummelt. Es ist ein leises, süßes Hundebrummeln.
Eines der schönsten Geräusche, die es gibt. Liona krault Duffy hinter
seinenkleinenOhrenundamBauchundhintenamRückenundden-
kt über Hennerswalde nach. Und dabei kriegt sie ein ganz warmes
Gefühl im Bauch.
Denn alles hat richtig gut angefangen. Nicht nur das neue Haus
und der neue Garten sind toll. Nein, auch die neue Klasse, in die
Liona seit zwei Wochen geht, scheint nett zu sein. (Na ja, bis auf
ein paar Ausnahmen. Aber ein paar blöde Kinder gibt es ja in jeder
Klasse.)
ConstanzehatihrgleichamzweitenTagFotosvonihremMeersch-
weinchen mitgebracht, damit Liona die bewundern kann. Und Mar-
ilotta hat Liona in den Pausen die ganze Schule gezeigt und ihr
sogar am Ende der ersten Woche von ihrem leckeren Schokohörnchen
abgegeben. Und Anton hat Liona gefragt, ob sie mit Fußball spielen
will. (Eigentlich ist Liona nicht besonders wild auf Fußball, aber sie
mag Anton. Und deshalb spielt Liona nun in der großen Pause mit
Anton und vielen anderen Mädchen und Jungen Fußball.)
Nur ein Junge war ziemlich unfreundlich und hat Liona in der
PauseeinBeingestelltundgemeingelacht,alsLionaindiePfützege-
flogenistunddanachmatschbesprenkeltimUnterrichtsitzenmusste.
Nikoheißtder–undLionahatdasGefühl,dassdieanderendenauch
nicht besonders mögen.
Ja, im Großen und Ganzen sieht es so aus … (Und da macht es
noch mal ganz hoffnungsvoll PIEKS in Lionas Magen!!) … als könnte
es dieses Mal gut gehen! Als könnten Liona und ihre Mama hier in
Hennerswalde bleiben! Vielleicht sogar für immer?
Liona macht ein entschlossenes Gesicht. Und ob sie das werden!
Dafür wird Liona schon sorgen!