Table Of ContentBraun / Kossbiel / Reber
Grundfragen der betrieblichen Personalpolitik
Grundfragen
der betrieblichen
Personalpolitik
Festschrift zum 65. Geburtstag von
August Marx
lIerausgegeben von
Walter Braun, Hugo Kossbiel und Gerhard Reber
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
ISBN 978-3-663-02051-6 ISBN 978-3-663-02050-9 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-663-02050-9
Copvright bll Springer FacJJmedien Wiesbadcm 1972
UrsprODglich erscbienen bei BetriebswirtschaftlicheT Verlag Dr. Th. Gabler • Wiesbaden 1972
Softcover reprint of the hardcover Ist edition 1972
Geleitwort
"Die Triiger von Personalplanung und Personalpolitik konnen nur dann die
ihnen gesteUten Aufgaben optimal erfiillen, wenn sie iiber die personale
Leistung und deren Beziehung zum Menschen hinreichend Klarheit haben
und von der sittlichen Bedeutung ihrer Aufgaben selbst getragen werden. Sie
miissen den Mitarbeiter in seiner Stellung als Subjekt und letztes Ziel der
Wirtschaft erfassen. Die Arbeit dient dem Mitarbeiter nicht nur als Erwerbs
quelle, er strebt nach menschlicher Daseinserfiillung. Es ist eine oft fest
zustellende Tatsache, daB dieser immaterielle Sinn der beruflichen Tiitigkeit
in vielen Aufgabenbereichen der industriellen Wirtschaft nicht mehr - oder
doch zu wenig - erkannt wird. Eine menschlich unterbaute Verhaltensweise
und Einstellung sind zu fordern."
Diese Siitze aus dem Hauptwerk von Prof. Dr. August Marx "Personal
planung in der modernen Wettbewerbswirtschaft" charakterisieren das
Hauptproblem unserer hocharbeitsteiligen Wirtschaft und weisen den ein
zuschlagenden Weg. Denjenigen, die dazu entschlossen sind, unsere freiheit
liche Wirtschaftsordnung zu erhalten und zu sichern, verbleibt nicht mehr
viel Zeit. Die Kritiker sind zahlreich, und in ihren Programmen machen sie
deutlich, daB sie eine Systemveriinderung wollen.
Unsere freiheitliche Wirtschaftsordnung kann nur dann von Bestand sein,
wenn die Arbeitnehmer in dieses System voll integriert sind. Wichtige Vor
aussetzungen dafUr sind ein gerechter VerteilungsprozeB und die Moglichkeit
und Fiihigkeit des einzelnen, die komplizierten Wirkungszusammenhiinge zu
erkennen.
In der Aufbauphase der Nachkriegszeit wurden die menschlichen Probleme
vielfach iiberlagert oder zuriickgedriingt durch das vitale Verlangen, Ver
lorenes wiederzugewinnen. Die die Wohlstandsgesellschaft tragende Voll
beschiiftigung ermutigte die Arbeitnehmer, Individualrechte auch am Ar
beitsplatz geltend zu machen bzw. okonomische Chane en eben dort zu nutzen,
wo sie real geboten waren. Das ziemlich starre System der kollektiven und
vor aHem iiberbetrieblichen Lohn- und Arbeitsregelungen wurde fast iiberaH
durchbrochen. MeBbar wurden diese Bemiihungen in der steigenden Diffe
renz zwischen Effektiv- und Tarifarbeitsbedingungen. Sowohl Unternehmer
als auch Gewerkschaften waren hierauf nicht vorbereitet.
Was die Wissenschaften anzubieten hatten, waren Losungen fiir Teilpro
bleme. Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre spezialisierten sich
seit langem je fUr sich in zunehmendem MaBe; interdiszipliniire Zusammen
arbeit war und blieb selten. Hinzu kam eine Abkehr von der Praxis zu-
gunsten einer Hinwendung zur "reinen Theorie". Viele Universitiitsabsol
venten erlebten die betriebliche Wirklichkeit zum erstenmal nach ihrem
Studium und wuBten zuniichst mit ihren Theorien nicht viel anzufangen. Die
Reduktion der Alltagsprobleme auf das okonomische Prinzip erwies sich am
Ende als unwirtschaftlich und keineswegs attraktiv fUr eine junge Genera
tion, die sich mit viel Idealismus vorgenommen hatte, an der Verbesserung
dieser Welt mitzuarbeiten.
FUr die Betriebswirtschaftslehre, deren eigentliches Ziel es sein muB, ver
antwortungsbewuBte Betriebswirte fUr die Betriebe unserer Wirtschaft aus
zubilden, darf in der Zukunft der Bereich Personalwirtschaft kein Rand
problem mehr sein. Die Existenz nur ganz weniger LehrstUhle fUr dieses
Gebiet steht in einem krassen MiBverhiiltnis zur praktischen Relevanz dieser
Probleme. Es mUssen nicht nur mehr LehrstUhle dieser Art geschaffen
werden, sondern es muB vor aHem auch die interdiszipliniire Zusammen
arbeit organisiert und gefordert werden zwischen den Disziplinen, die sich
mit dem Menschen im Betrieb beschiiftigen.
Viele betriebliche Aufgaben werden in der Zukunft vermehrt durch Einsatz
moderner Technik erledigt werden konnen. Die Losung personalpolitischer
Aufgaben wird dagegen immer schwieriger werden. Mit Recht verlangt der
arbeitende Mensch nach mehr subjektiver Mitbestimmung. Und dieses Ver
langen wird noch steigen mit zunehmendem Bildungsgrad. Dieser wiederum
ist die wichtigste Voraussetzung zur Sicherung einer freiheitlichen GeseH
schaftsordnung.
Die Antwort der Betriebswirtschaftslehre auf diese Herausforderung unserer
Zeit muB sein, qualifizierte Betriebswirte auszubilden, die in der Lage und
bereit sind, hochste Verantwortung zu Ubernehmen fUr die in den Betrieben
arbeitenden Menschen. Insofern kann Betriebswirtschaftslehre als Wissen
schaft niemals wertfrei sein. Sie mUf3 die ethischen Werte unserer Gesell
schaft, wie Demokratie, Freiheit, Verantwortung, FleiB, Zuverliissigkeit,
Treue, in ihr System und in ihre Arbeit einbeziehen.
Dieser Aufgabe hat sich August Marx stets zugewandt. Trotz zahlreicher
Anfeindungen ging er unbeirrt seinen Weg. Immer sah er im Betrieb eine
Stiitte menschlicher DaseinserfUllung und in der Wirtschaft eine dienende
Funktion gegenUber dem Menschen. Ihm sind die Beitriige dieses Buches
gewidmet.
Den Autoren dieses Bandes danke ich fUr ihre Abhandlungen zu Grund
fragen der Personalpolitik.
Prof. Dr. Walter Braun
Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein
Vorwort
Die Forderung nach gesellschaftlicher Verantwortung des Forschers wird in
den letzten Jahren mit immer groBerem Nachdruck gestellt. Dieses Postulat
- meist auf die Wahl unter Forschungsalternativen und die Veroffentlichung
von Forschungsresultaten bezogen - kann auch in der Weise wirken, daB
innerhalb eines Wissenschaftszweigs bisher "vergessene" oder vernachHissigte
Uebiete neu bzw. versUirkt in Angriff genommen werden.
Ganz im Sinn der geforderten Verantwortlichkeit hat August Marx schon
friihzeitig erkannt, daB technokratisches Denken allein die Probleme in
sozialen Systemen nicht zu lOsen vermag, und sich bemiiht, das Problem
bewuBtsein fiir die psychischen und sozialen Belange der Arbeitskrafte zu
scharfen, Diskussionen anzuregen und zu befruchten. Wenn heute betrieb
liche Personalprobleme zum selbstverstandlichen Bestandteil der betriebs
wirtschaftlichen Forschung geworden sind, so ist dies in hohem MaB auf
seinen EinfluB zuriickzufiihren.
Die Beitrage des vorliegenden Bandes - zum groBen Teil Anfang 1971 ab
geschlossen - greifen Themen auf, zu denen August Marx in einer Reihe von
Veroffentlichungen selbst Stellung genommen hat. Die Arbeiten zum General
thema "Grundfragen der Personalpolitik" sind unter Verzicht auf systema
tische Gesichtspunkte in lockerer Folge angeordnet.
Fragen mehr wissenschaftstheoretischer und -systematischer Art, die sich
auf das Fachgebiet Personalwirtschaftslehre beziehen, werden in den Bei
tragen "Das Personalwesen in der sozialwissenschaftlichen Konzeption der
Betriebswirtschaftslehre - mit Blick auf die ,Vermogensbildung in Arbeit
nehmerhand'" (Kolbinger) und "Zur Moglichkeit wertfreien Verhaltens -
Erkenntnistheoretische Grundfragen der Personalpolitik" (Reber) behandelt.
1m Vordergrund stehen Probleme der Einordnung des "Personalwesens" in
eine ganzheitlich sozialwissenschaftliche Konzeption der Betriebswirtschafts
lehre sowie kritische Vberlegungen zur Werturteilsproblematik in sozial
wissenschaftlichen Aussagensystemen.
Die Bedeutung psychologischer Erkenntnisse fUr die betriebliche Personal
politik wird in den Beitriigen "Anspruchsniveautheoretische Grundlagen der
betrieblichen Personalpolitik" (Ackermann) und "Tiefenpsychologische An
leihen zum Verstiindnis von Fiihrungsproblemen als Grundlage der Personal
politik - 1rrationalitiit im FiihrungsprozeB" (v. Hofmann) herausgearbeitet.
Dabei werden Erkenntnisse der psychologischen Forschung zu zwei fast
gegensiitzlichen Erkenntniszielen herangezogen: der Fundierung rationalen
Fiihrungsverhaltens einerseits und dem Verstiindnis irrationalen Fiihrungs
verhaltens andererseits.
Mit Fragen der betrieblichen Entlohnung befassen sich die Beitrage "Die
betriebliche Lohnfindung" (Braun), "Die Effektivitat von Lohnanreizsyste
men" (Furstenberg) und "Innerbetriebliche Anpassung an Lohnerhohungen"
(Schneider). Auf dem Hintergrund des arbeitswissenschaftlichen Instrumen
tariums zur Lohnfindung werden psychologische, soziologische und betriebs
wirtschaftliche Aspekte des Entlohnungsproblems diskutiert. Die dabei an
gesprochene personalplanerische Komponente wird im Beitrag "Kontroll
spanne und FUhrungskrafteplanung" (Kossbiel) mit veranderter Fragestellung
wieder aufgegriffen.
GewissermaBen weitergefiihrt wird die Erorterung uber die betriebliche
Entlohnung in dem Beitrag "Probleme der betrieblichen Altersversorgung"
(Mahr), der sich mit der vergangenen und der erwarteten zukiinftigen Ent
wicklung sowie den organisatorischen Moglichkeiten der Alterssicherung von
Arbeitnehmern beschaftigt. Der abschlieBende Beitrag "Berufliche Mobilitat"
(Stingl) bringt die Argumente des Arbeitsmarkt- und Berufsforschers zur
Geltung und Macht die Notwendigkeit deutlich, personalwirtschaftliche Frage
stellungen in den groBeren, gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang ein
zuordnen.
Die Autoren dieses Sammelbandes stehen in sehr unterschiedlicher person
licher Beziehung zu August Marx. Allen gemeinsam ist der Wunsch, mit ihren
Beitragen einen Forscher und Lehrer zu ehren, dessen Bestreben es immer
gewesen ist, das betriebliche Geschehen menschlicher zu gestalten.
Die Herausgeber
Inhaltsverzeichnis
Seite
Die betriebliehe Lohnfindung 19
Von Prof. Dr. Walter Braun, Kiel
Innerbetriebliehe Anpassung an Lohnerhohungen 67
Von Prof. Dr. Dieter Schneider, Frankfurt a. M.
Problemstellung 69
A. EinfluJ3groBen betrieblicher Anpassungsprozesse an LohnerhOhungen 69
I. Ziel und Zielabweichung 70
II. Handlungsmoglichkeiten 71
m.
GroBe und unmittelbare Folgen der Dateniinderung 72
IV. Kosten der Anpassung . . . . . . . 72
V. Anpassungszeit und Planungszeitraum 73
B. Anpassung an LohnerhOhungen im Bereich der Leistungserstellung 75
I. Die Anpassung an Lohnerhohungen nach der mikrookonomischen
Theorie und ihre Wirklichkeitsniihe. . . . . . . . 75
II. LohnerhOhung und Leistungsverhalten der Arbeiter 77
m. Die Moglichkeiten zur Faktorsubstitution . . . . . 78
a) Faktorbezogene Anpassungsarten . . . . . . . 78
b) ProzeBbezogene Anpassungsarten ohne Investition 79
c) ProzeBbezogene Anpassungsarten mit Investition 82
c. Folgerungen fiir die Untemehmenspolitik 83
I. Eingeplante LohnerhOhungen. . 83
II. 'Oberraschende LohnerhOhungen 84
D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . 85
Seite
Kontrollspanne und Fiihrungskriifteplanung 87
Von Prof. Dr. Hugo Kossbiel, Hamburg
A. Problemstellung und Abgrenzung . . . 89
B. Zur Frage der Festlegung von Kontrollspannen 91
I. Begriff und Bedeutung der Kontrollspanne 91
II. Die Bestimmung der Kontrollspanne . . . 93
1. Die "klassischen" Kontrollspannen-Regeln 93
2. Neuere Ansatze zur Bestimmung der Kontrollspannen . 95
a) Bestimmungsfaktoren der Kontrollspannen 95
b) Ermittlung geeigneter Kontrollspannen . . 97
(1) Das Lockheed-Verfahren zur Ermittlung geeigneter
Kontrollspannen ................ 97
(2) Der Ansatz von Hanssmann zur Ermittlung optimaler
Kontrollspannen ............ . . 98
c. Die Kontrollspanne als Instrument der Fuhrungskrafteplanung 101
I. Ein Modell zur Fiihrungskrafteplanung mit einer begrenzten
Zahl zulassiger Organisationsstrukturen . . . . . . . . . . . 101
II. Ein Modell zur Fiihrungskrafteplanung mit einer offenen Zahl
zulassiger Organisationsstrukturen . . . . . . . . . . . .. 103
III. Vergleich der beiden Modellansatze anhand eines Zahlenbeispiels 106
Die Effektivitiit von Lohnanreizsystemen . . . . . . . . . . . . . . 113
Von Prof. Dr. Friedrich Furstenberg, LinzlDonau
A. Das soziale Leitbild der Lohnanreize . 115
B. Die Wirkungsweise von Lohnanreizen 117
C. Lohnanreizsysteme im fortschreitenden RationalisierungsprozeB 120
D. Lohnanreizsysteme und das Problem der Lohngerechtigkeit. . . 123